Heaven (German Edition)
hatte. «Wichtig ist, was du fühlst, Molly. Und im Moment geht es dir einfach nur schlecht.»
«Molly, hör nicht auf sie! Du bist eine Sünderin», sagte Wade. «Du bist schlecht, und nur ich kann dich erlösen!»
«Nur Christus allein kann sie erlösen. Sie und jeden anderen», schrie ich ihm entgegen. «Du hast einen massiven Gottes-Komplex, mein Freund.»
«Wer bist du, um über sie zu richten?», fragte Gabriel und sah Wade fest an. «Du bist genauso ein Sünder wie alle anderen.»
«Sie ist eine Frau.» Wade schüttelte den Kopf. «Und daher von Natur aus korrupt und lustbetont. Eva hat dafür gesorgt, dass der Mann die erste Sünde beging. Deshalb bin ich rechtschaffener, als sie es je sein kann.»
«Ach, tatsächlich?», schnaubte Ivy. «Was für eine interessante Interpretation!»
«Molly, du begehst einen großen Fehler», sagte Wade und ignorierte Ivy, als wäre sie gar nicht da. «Ich versuche dir zu helfen, weil ich dich liebe.»
«Du!» Gabriel wies mit dem Finger auf Wade. «Wenn ich dich noch einmal dabei erwische, wie du mit ihr sprichst, werde ich es sein, der dir antwortet. Kapiert?»
«Was glaubst du, wer du bist?» Wade hatte seine Selbstsicherheit wiedergefunden. Niemals würde er Molly kampflos einem Fremden überlassen.
Gabriel lächelte süffisant, und im nächsten Moment begannen die Lichter zu flackern und die Fensterläden zu klappern. Die Kirchentür schoss auf, und ein heftiger Wind kräuselte sich um ihn. «Du hast ja keine Ahnung.»
Wade wich panisch ein paar Schritte zurück, und seine kleine Gemeinde keuchte auf.
Gabriel griff nach der metallenen Spange, die Mollys Zopf festhielt, und zog sie heraus. Während er ihr Haar löste, bis es wieder wie ein Wasserfall aus Mahagoni hinabstürzte, rührte sie sich nicht.
«Du kommst am besten mit uns», sagte er mit fester Stimme.
Dann führten wir sie ohne ein weiteres Wort aus der Kirche.
«Wir wollten heiraten», sagte Molly hohl, als wir in Gabriels Auto saßen.
«Aber nicht aus Liebe», sagte Ivy. «Es ging nur um Macht.»
«Aber wieso gerate ich immer an die falschen Jungs? Was stimmt nicht mit mir?»
«Jeder von uns trifft falsche Entscheidungen», antwortete Gabriel.
Es war ungewöhnlich, dass er sich so selbstverständlich in diese Feststellung mit einschloss. Der alte Gabriel hätte verkündet, dass Irrtum in der Natur des Menschen liegt, jetzt aber bezog er sich selbst mit ein.
«Wirklich?» Molly putzte sich die Nase mit einem Taschentuch, das Xavier ihr gereicht hatte. «Ihr verurteilt mich also nicht?»
«Nein, das hat Wade getan», sagte Xavier. «Nicht wir.»
Sie schniefte und starrte aus dem Autofenster. «Ich komme mir vor wie eine Mega-Versagerin.»
«Das bist du keineswegs», antwortete Gabriel vom Fahrersitz aus. «Du bist nur jung und verwirrt. Das ist normal.»
«Wie lange hast du gebraucht, um so weise zu werden?»
Mein Bruder betrachtete sie im Rückspiegel. «Ungefähr zweitausend Jahre.»
Molly lächelte unter Tränen.
«Eines Tages wirst du deinen Platz in der Welt finden», sagte Gabriel, «und all dies wird nichts sein als eine vage Erinnerung.»
Ich fragte mich, ob er sich selbst in diese Aussicht mit einschloss. Würde auch er in der Zukunft für Molly nur eine verblasste Erinnerung sein? Mein Bruder war niemand, den man leicht vergaß, und wenn ich Mollys Blick richtig deutete, wusste das auch sie.
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25
Coming home
Nachdem wir Molly auf dem College abgesetzt und uns von ihr verabschiedet hatten, fuhren wir die Hauptstraße herunter, und bald schon hatten wir die glitzernden Lichter von Oxford hinter uns gelassen. Als uns nur noch Dunkelheit und der endlose Highway umgaben, begann ich mich zu fragen, wohin wir eigentlich fuhren.
«Und wohin sind wir jetzt schon wieder unterwegs?», stöhnte ich. Ich gab mir gar nicht erst Mühe, zu verbergen, wie sehr mich das Ganze ermüdete.
Als Gabriel meinen Blick im Rückspiegel einfing, war mir, als ob ich seine Gedanken lesen konnte.
«Vielleicht ist es Zeit, nach Hause zurückzukehren», sagte er da auch schon.
Venus Cove. Es gab nichts, was meine Stimmung in diesem Moment mehr gehoben hätte. Wie weit weg sich dieser Ort anfühlte, wie eine verblasste Erinnerung oder etwas, von dem ich nur in Geschichten gelesen hatte. Ich wusste, dass der Konflikt mit den Reitern noch nicht vorbei war, aber mein Gefühl sagte mir, dass wir auf heimischem Gebiet vielleicht sogar im Vorteil waren.
Noch bevor unsere kleine Stadt
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