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Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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sich in einen Ledersessel gegenüber und musterte mich schweigend. In ihrem Schoß ruhte eine dicke, schnurrende Katze.
    «So», sagte sie mit schmalem, wissendem Lächeln. Dies sollte wohl den Auftakt zu unserem Gespräch einläuten. Erwartete sie, dass ich jetzt auch etwas sagte?
    «So», erwiderte ich starrsinnig.
    «Die Geschehnisse haben eine sehr interessante Wendung genommen, nicht wahr?», fragte Eva und nickte so verständnisvoll, als ob sie sich in meine Situation hineinversetzen könnte. «Wie geht es dir jetzt damit?»
    «Ist das eine Fangfrage?», fragte ich. «Was glaubst du denn, wie ich mich fühle?»
    «Aha.» Eva lächelte weiter und machte sich Notizen. «Ich glaube, wir haben einiges zu bereden.»
    Sie klang wie eine Trainerin, die versuchte, ihre Schützlinge zu motivieren.
    «Ich will nach Hause», sagte ich laut, für den Fall, dass sie es dann besser begriff.
    «Mach dich nicht lächerlich.» Eva tippte mit ihrem Stift auf ihr Klemmbrett. «Du bist zu Hause.»
    «Wer bist du?», fragte ich wieder. «Warum bin ich hier und muss mit dir reden? Wenn man mich exkommunizieren will, dann bitte schön. Aber schnell.»
    «Exkommunizieren?», fragte sie und machte sich ordnungsgemäß Notizen. «Heute wird niemand mehr exkommuniziert. Ich bin hier, um dir zu helfen.»
    «Ach, tatsächlich?», fragte ich skeptisch. «Und wie genau?»
    «Das ergibt sich bei unseren Sitzungen», antwortete Eva, öffnete eine Schublade, die in dem weißen Holz des niedrigen Tisches regelrecht unsichtbar war, und reichte mir eine Schüssel mit buntgestreiften Bonbons. «Willst du einen?»
    «Hast du gerade Sitzungen gesagt?», fragte ich, ignorierte ihr Angebot und schob die Schüssel weg. «Muss ich etwa öfter zu dir kommen?»
    «O ja, jeden Tag», antwortete Eva. «Ich bin eine Art Mentorin für dich.»
    «Du bist Psychiaterin, stimmt’s?», fragte ich wütend. «Die himmlische Version eines Kopfdoktors.»
    «Ich bevorzuge Mentorin», antwortete Eva freundlich.
    Jetzt begriff ich: Man wusste nicht so recht, was man mit mir anfangen sollte. Einen Fall wie meinen hatte es noch nie gegeben, man konnte nicht auf Erfahrungen zurückgreifen. Und weil ich sozusagen eine Anomalie darstellte, hatten sie entschieden, mich in Therapie zu Eva zu schicken, die mir von Minute zu Minute mehr auf die Nerven ging. Sie weigerte sich, auch nur eine einzige Frage zu beantworten, erwartete aber, dass ich ihre beantwortete. Sie behauptete, dass es ihr Aufgabe sei, mich wieder einzugliedern , damit ich bald wieder in der Lage war, meine alten Verantwortlichkeiten zu übernehmen. Bei ihr klang das klar und einfach. Alles sollte wieder seinen gewohnten Gang gehen. Doch es gab da ein massives Problem: Ich wollte das gar nicht. Ich wollte auf die Erde zurückkehren, zu Xavier. Das war alles, was für mich zählte, mein einziges Ziel.
    «Ist es richtig, dass du mit einem Seraph und einem Erzengel zusammengelebt hast?», fragte Eva.
    «Tu doch nicht so, als wüsstest du das nicht», fauchte ich.
    Sie hob ihre bleistiftdünnen Augenbrauen. «Versuch bitte, die Frage zu beantworten.»
    «Ja», erwiderte ich sarkastisch. «Ich habe mit den beiden und auch mit meinem Mann zusammengelebt. Oder hast du den schon vergessen?»
    «Hmmm», sagte Eva in Gedanken und vertraute die Information ihrem verdienstvollen Klemmbrett an.
    «Kannst du das vielleicht mal lassen?», bat ich.
    «Ich notiere nur meine Beobachtungen», antwortete sie freundlich.
    Und so ging unser Gespräch weiter, drehte sich im Kreis – Eva, die nichts enthüllte, und ich, die immer wieder neue Wutanfälle bekam. Es kam mir vor, als wären Stunden vergangen, als sie mich endlich gehen ließ, mit der Ankündigung, mich morgen zu unserer nächsten Sitzung abzuholen. Wenn es im Himmel eine Klippe gegeben hätte, von der ich hätte springen können, hätte mich nichts davon abgehalten. Aber ich hatte mein ursprüngliches Wesen zurück und konnte gar nicht sterben. Genauso wenig wie schlafen, weshalb es buchstäblich keine Möglichkeit gab, zu entfliehen. Ich aß nichts. Ich tat nichts. Ich existierte einfach nur. Und als Engel im Himmel ohne jegliche Ablenkung konnte man ziemlich leicht den Verstand verlieren. Sinn unserer Existenz war es, zu dienen und das Königreich und die Schöpfung Unseres Vaters zu schützen. Da es ständig Menschen in Not gab, hatten wir immer sehr viel zu tun. Ich aber war von jeglichem Kontakt abgeschnitten, außer zu meiner Mentorin, bis ich wieder in der

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