Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
Vom Netzwerk:
Verfassung war zu arbeiten.
    Und so gab es nichts, mit dem ich die endlose Zeit ausfüllen konnte, die vor mir lag. Die Langeweile war unerträglich. Ich wollte schreien, rennen, weinen, kämpfen, aber nichts davon war möglich. Ich wollte aufhören zu existieren. Abgesehen von dem klaffenden Loch in meiner Brust, das sich schmerzhaft nach Xavier verzehrte, vermisste ich auch alles andere auf der Erde: den Duft nach Kaffee oder frischgemähtem Gras, das romantische Licht kurz vor Sonnenaufgang, die Berührung eines anderen Menschen oder das Gefühl von Wasser auf der Haut. Ich spürte andere Engel um mich herum, die ihrem Alltag nachgingen, aber keiner von ihnen kam zu mir und sprach mich an. Hatten sie Angst vor mir? Oder hatten sie strikte Anweisungen, nicht in meine Nähe zu kommen? Ich wusste, dass ich für sie eine tickende Zeitbombe war, die herumirrte, mit sich selbst sprach oder komplett in sich gekehrt war und an ihr vergangenes Leben dachte. Alle glaubten, dass ich zerbrach, und das stimmte auch. Aber es war mir egal. Es gab nichts und niemanden, der mir einen Grund gab, mich zusammenzureißen. So war ich also die Verrückte des Himmels. Über eins aber war ich mir im Klaren: Wenn Eva ihre Behandlung erfolgreich abschloss (und sie war ein ziemlich hartnäckiger Typ), würde an mir keine Spur Menschlichkeit mehr übrig sein. Im Kopf aber war ich noch immer das Mädchen aus Venus Cove, und ich war nicht bereit, dieses Mädchen gehen zu lassen.
    «Ich frage mich, ob Xavier inzwischen bei seinen Eltern war», sagte ich in einer meiner Sitzungen zu Eva. Ich hatte bald gelernt, aufs Geratewohl Fragen zu stellen, weil ich wusste, dass sie das aufregte.
    Sie hatte mir eine Frage gestellt, die ich gar nicht mitbekommen hatte. Ich hasste ihren gepflegten Anblick, das karamellfarbene Haar, das so glatt war wie Stroh und das sie im Nacken zu einem Knoten zusammengenommen hatte. Ihr weißer Anzug wirkte immer frisch gebügelt, und ihr Gesicht mit den mildtätigen Augen war makellos glatt. Eva war natürlich nicht ihr echter himmlischer Name, aber man wollte, dass ich sie so anredete, damit wir eine «Beziehung» aufbauten. In Menschenjahren wäre sie vielleicht vierzig gewesen und womöglich Schulleiterin, jedenfalls sah sie so aus.
    Ich betrachtete sie, wie sie da saß mit ihrer kühlen nordischen Schönheit. Eins musste ich ihr lassen: Sie schien auf alles eine Antwort parat zu haben. Selbst wenn ich dieselbe Frage zwanzig Mal stellen würde, würde ich noch die gleiche, ruhige, überlegte Antwort bekommen. Trotzdem brachte mich ihr schulmeisterliches Gehabe dazu, ihr nicht zu trauen. Ich glaubte nicht, dass sie wirklich auf meiner Seite stand, und mir missfielen ihre kleinen Augen, die niemals zwinkerten. Sie stand auf der Seite des Bundes, wohingegen ich das Chaos repräsentierte.
    «Deine Erinnerungen sind Wackersteine. Du musst sie gehen lassen.»
    «Ach, sei doch ruhig», sagte ich, woraufhin sie die Lippen schürzte und entschlossen irgendetwas in ihr kleines Buch schrieb. «Da war es ja sogar in der Hölle besser», sagte ich zu mir.
    «Was?», fragte Eva. «Was hast du gesagt?»
    «Ich habe gesagt, dass ich die Hölle vermisse», antwortete ich im Plauderton. «Da war zumindest ständig was los.»
    «Ich glaube, du weißt nicht, was du sagst.»
    «Ich glaube, du weißt nicht, wie sehr du mich langweilst», schoss ich zurück.
    «Es ist nicht langweilig, seinen Frieden zu finden», erklärte mir Eva. «Eins zu sein mit der kosmischen Energie, die größer ist als alles, was du begreifen kannst.»
    «Wie auch immer», murmelte ich. «Ich möchte jedenfalls nicht Teil deiner kosmischen Schlammgrube sein. Hast du Herr der Ringe gesehen? ‹Und so wähle ich ein sterbliches Leben.› »
    «Ach, du hast eine Wahl?», fragte Eva, änderte aber sofort ihre Taktik, als sie meinen todesverachtenden Blick bemerkte. «Manchmal musst du darauf vertrauen, dass andere wissen, was für dich das Beste ist. Wir versuchen dir zu helfen.»
    «Warum habe ich immer noch einen Körper?», fragte ich. «Und du auch? So habe ich den Himmel nicht in Erinnerung.»
    «Mit Rücksicht auf dich», antwortete Eva. «Wir versuchen, dich langsam wieder in dieses Leben zurückzuführen. Wir dachten, dass es schädlich sein könnte, dir jahrelang einen Körper zu geben und dann so plötzlich wieder wegzunehmen.»
    «Wie fürsorglich», sagte ich. «Bist du verheiratet?»
    Eva runzelte die Stirn und versuchte den Faden nicht zu verlieren, auch

Weitere Kostenlose Bücher