Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
Vom Netzwerk:
belästigen.»
    «Wieso verstehst du nicht?» Xavier setzte sich abrupt und mit Panik im Blick auf. «Wir sind nicht in Sicherheit. Er ist hier.»
    «Ivy, wovon spricht er?» Ich sah meine Schwester an. Nichts von dem, was Xavier sagte, machte Sinn. «Was ist los mit ihm?»
    «Beruhige dich, Beth. Gib ihm eine Minute. Ich glaube, er ist nur verwirrt. Er war tot, schon vergessen?»
    Xavier versuchte aufzustehen, wobei sämtliche Farbe aus seinem Gesicht wich. Er schwankte gefährlich und musste das Bett umklammern, um nicht umzufallen.
    «Ganz ruhig», sagte Gabriel mit besorgtem Blick. «Kein Grund zur Eile.»
    Xavier sah uns alle vollkommen verwirrt an. Dann, ganz plötzlich, veränderte sich seine Mimik.
    «Ach, hat das Spaß gemacht. Wir müssen das unbedingt wiederholen.»
    Im ersten Moment begriff ich nicht, woher die beißende Stimme kam. Sarkasmus war Xavier nicht fremd, aber jetzt klang es, als würde jemand ganz anderes sprechen. Ich streckte ihm die Hand entgegen, zog sie aber gleich wieder zurück. Nichts hatte sich geändert und doch alles. Jegliche Sanftheit war aus seinem Gesicht gewichen, als ob jemand die Konturen verändert und ihm einen harten, spröden Ausdruck verpasst hätte. Die Wangen wirkten hohl, und er kniff so höhnisch die Augen zusammen, wie ich es noch nie an ihm gesehen hatte. Gabriel und Ivy wechselten einen unbehaglichen Blick.
    «Was geht hier vor?» Ich sah die beiden an, aber ganz offensichtlich wollten sie ihre Vermutungen nicht mit mir teilen.
    «Geht es dir gut?», fragte Gabriel sanft. Er schien zu spüren, was los war, wollte sich aber versichern. Vielleicht wollte er es auch einfach nicht wahrhaben.
    «Besser als je zuvor!» Xavier lächelte zufrieden. Er sprang vom Bett und setzte sich aufs Sofa. Meinen Bruder ließ er dabei keine Sekunde aus den Augen.
    «Xavier?» Ich sah, wie ihm das Lächeln aus dem Gesicht wich. Sein Blick war völlig emotionslos. Am liebsten wäre ich zu ihm gegangen und hätte ihn geschüttelt, hätte ihm gesagt, dass wir auch das hinter uns bringen, dass er wieder er selbst werden musste. Aber mein Gefühl sagte mir, dass jedes Wort an ihn verschwendet war und Zeichen der Zuneigung nicht willkommen waren.
    «Mann, habe ich Bock auf Joggen.» Xavier begann, auf und ab zu gehen, die Arme zu beugen und auf den Ballen zu wippen. So kannte ich ihn gar nicht, er war eigentlich alles andere als hyperaktiv. Jetzt aber wirkte er so unruhig wie ein Tiger hinter Gittern.
    «Vielleicht solltest du dich lieber hinlegen», sagte ich und ging vorsichtig auf ihn zu.
    «Beth, nicht!», rief Gabriel warnend.
    «Nein, ich möchte mich nicht hinlegen », sagte Xavier. Seine Stimme nahm einen schrillen Klang an, als er mich nachäffte, und war eisiger als ein Schneesturm. Als ich noch einen Schritt auf ihn zuging, bohrten sich mir Gabriels beringte Finger in die Schulter. Ich sah auf und ihm direkt in die silbrigen Augen.
    «Xavier würde mir niemals etwas tun», protestierte ich.
    «Nein», sagte Gabriel. « Xavier nicht.»
    «Er ist nur erschöpft, das ist alles», sagte ich, nicht bereit, eine andere Erklärung zu akzeptieren. All meine Kraft war gewichen, als ich Xavier sterben gesehen hatte. Ich wusste nicht, ob ich noch mehr ertragen konnte.
    Es musste eine Stressreaktion sein. Schließlich hatten Menschen anders als Engel nicht unbegrenzt Energie zur Verfügung. Xavier hatte in den letzten Wochen so viel durchgemacht, dass es einem Wunder gleichkam, dass er nicht früher zusammengebrochen war. Aber jeder hatte seine eigene Grenze, und Xavier hatte die seine jetzt erreicht. Ich erinnerte mich, dass ich einmal in einem Psychologiebuch darüber gelesen hatte: Wenn man jemanden lange genug Druck aussetzt, entstehen irgendwann Bruchstellen, und derjenige beginnt, sich seltsam zu verhalten. Die Feindschaft in seiner Stimme schmerzte allerdings mehr als der Stich eines Skorpions. Es war schwer zu ignorieren, dass er mich ansah, als wäre ich sein schlimmster Feind.
    «Ich muss doch irgendetwas tun können», flüsterte ich, um die Tränen zurückzuhalten. Ich musste jetzt stark sein, für uns beide.
    «Da gäbe es tatsächlich etwas.» Noch nie hatte Xavier so förmlich mit mir gesprochen. Hatte er sich so heftig den Kopf angeschlagen, als er zu Boden gestürzt war? Ich sah ihn erwartungsvoll an, bereit, alles zu tun, was er von mir verlangte. Als ich zu ihm hinter das Sofa trat, das wie eine Sperre zwischen ihm und uns wirkte, nahm er mein Gesicht in seine Hände, legte

Weitere Kostenlose Bücher