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Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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den Kopf schief und betrachtete mich, als ob er mich zum allerersten Mal sah.
    «Sag mir, was ich tun kann», wiederholte ich.
    Xavier legte seinen Mund an mein Ohr und flüsterte leise: «Lass mich verdammt noch mal in Ruhe, du weinerliches kleines Miststück.»
    Und da wusste ich es. Die Stimme, die durch Xaviers Körper mit mir sprach, war nicht die seine. Trotzdem erkannte ich sie sofort – ich hätte sie überall wiedererkannt. Sie hatte sich nicht verändert, seit ich sie an jenem Ort gehört hatte, den ich so unbedingt vergessen wollte.
    Es war Luzifers Stimme, und sie klang noch immer wie eine Mischung aus Stein und Samt, Sirup und Whiskey.

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    17
    Besessen
    Ich umklammerte meinen Bauch, als hätte ich gerade einen Stoß verpasst bekommen. Eine kindische Reaktion, vielleicht, aber diese Bosheit von Xaviers Lippen zu vernehmen fühlte sich für mich an wie körperlicher Schmerz.
    Ich wich wie betäubt zum Fenster zurück. Draußen schien noch immer die Sonne, und Autos fuhren vorbei wie bunte Farbflecken, ohne dass die Fahrer auch nur ahnten, was sich nur wenige Meter von ihnen entfernt abspielte. In meinem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander wie in einem Meteoritenhagel. Wie hatte das passieren können? Was sollten wir tun? Konnten wir Xavier befreien, bevor Schlimmeres geschah? Aber was konnte noch schlimmer sein als das, was wir in den letzten vierundzwanzig Stunden erlebt hatten?
    «Wie konnte das geschehen?», rief ich und wirbelte zu meinen Geschwistern herum. «Ich verstehe das nicht!»
    «Niemand ist vor Besessenheit gefeit», sagte Ivy sanft.
    «Nein.» Ich schüttelte entschieden den Kopf. «Menschen wie Xavier passiert so etwas nicht. Sein Glaube sollte ihn schützen. Die Dämonen dürften eigentlich keine Gelegenheit haben, in ihn einzudringen.»
    «Aber Bethany, überleg doch», sagte Gabriel. «Erinnerst du dich an Mary Claire, die Nonne aus der Abtei in Tennessee? Sie war bestimmt nicht weniger gläubig als Xavier. Und Xavier war tot. In den Minuten, in denen er an der Schwelle zwischen Tod und Leben stand, war genug Zeit, die Dunkelheit einzulassen.»
    «Aber …» Mein Bruder hatte recht, das wurde mir so schmerzhaft klar, dass sich mir die Brust zusammenzog und die Augen zu brennen begannen. «Ich hatte ihn doch gerade erst zurück.»
    «Gib die Hoffnung nicht auf», sagte Ivy. «Es bedeutet nur, dass der Kampf noch nicht vorüber ist.»
    Ich hörte ihr kaum zu. Allein der Gedanke, dass Luzifer uns beobachtet und auf eine Gelegenheit gelauert hatte, zuzuschlagen, verursachte mir Gänsehaut. Wir waren so damit beschäftigt gewesen, der Rache des Himmels zu entkommen, dass ich unseren anderen, wahrscheinlich gefährlicheren Gegner fast vergessen hatte. Der Himmel wollte uns trennen, die Hölle aber sann nach ihrer ganz eigenen Rache. Die gesichtslosen Reiter waren nichts gegen das, was mir bevorstand. Ich erinnerte mich sehr gut an das Gesicht von Schwester Mary Claire. Unter all dem Blut und den Kratzern, der zerbissenen Lippe und den abgebrochenen Zähnen war da dieser Blick in ihren Augen gewesen. Ein leerer Blick, der deutlich zeigte, dass sie nicht wirklich da war. Der Dämon hatte ihren Geist, ihren Körper und ihre Seele eingenommen. Und jetzt geschah all dies Xavier. Ich war mir nicht sicher, ob ich das ertragen konnte.
    «Komm», sagte Ivy. «Wir müssen weiter. Hier können wir nicht bleiben.» Sie versuchte so nüchtern zu klingen wie möglich, aber in ihre Stimme war eine Nuance getreten, die vorher nicht da gewesen war.
    «Wohin gehen wir?», fragte Xavier mit beinahe kindlich-freudiger Unverfrorenheit, die so gar nicht zu ihm passte.
    «Wir bringen euch zu unserem Haus», sagte Gabriel und musterte Xavier. «Dort könnt ihr bleiben, bis du wieder … du selbst bist.»
    «Was? Ihr habt ein Haus?», mischte ich mich ein. «Wo?»
    «Hier», antwortete Ivy. «In Oxford.»
    «Seit wann das denn?», fragte ich.
    «Seit ihr hier studiert. Wir waren näher, als ihr dachtet, und haben über euch gewacht.»
    «Warum habt ihr mir das nicht erzählt?»
    «Wir hielten es für sicherer, dir nichts zu sagen. Wir wollten einen Stützpunkt in eurer Nähe, für den Fall, dass ihr in Schwierigkeiten geratet. Zu Recht, wie wir jetzt wissen.»
    «Mir geht es gut», unterbrach Xavier dreist unser Gespräch. Um seine Aussage zu unterstreichen, begann er, Arme und Beine zu dehnen wie ein Athlet, der sich vor einem Wettkampf warm macht. Alles an ihm wirkte wie Theater,

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