Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
Vom Netzwerk:
brauchst», sagte Gabriel. «Nicht dann, wenn alles nach deinem Willen läuft. Nicht dann, wenn du für so vieles dankbar sein könntest, sondern wenn nur Dunkelheit um dich herum ist. Er ist immer da. Er beobachtet dich, und auf seine Art führt Er dich auf den richtigen Weg.»
    Manchmal hasste ich meinen Bruder dafür, dass er so weise war. Alles, was er sagte, ergab Sinn, und ich wusste, dass er recht hatte. Mehr als alle Menschen sollte ich einen unerschütterlichen Glauben haben, aber ich war zu erschöpft, auch, weil ich erfahren hatte, dass nicht einmal wir Engel unfehlbar waren.
    Der Anblick der Kellertür peinigte mich noch immer, und als Ivy bemerkte, dass mein Blick immer wieder dorthin wanderte, bekam sie schließlich Mitleid.
    «Bethany wird uns wenig nützen, solange sie nicht nach Xavier gesehen hat.»
    Ein kurzes Nicken von Gabriel zeigte an, dass er begriff. Ich dankte ihm und zwang mich selbst, nicht zu rennen, sondern langsam hinabzusteigen.
    «Fünf Minuten», rief Gabriel mir nach. «Aber lass die Tür offen. Und was immer er zu dir sagt: Du machst ihn nicht los.»
    «Natürlich nicht», sagte ich.
    «Warte», rief Ivy und reichte mir eine Tasse, aus der ein merkwürdiger penetranter Geruch aufstieg. «Vielleicht bringst du ihn dazu, das zu trinken.»
    «Was ist das?»
    «Alraunentee.»
    «Das riecht nicht besonders gut. Wofür ist es?»
    «Es soll ihn für eine Weile außer Gefecht setzen. Dann müssten wir nicht die ganze Nacht Wache halten. Am Morgen sind die Dinge klarer.»
    «Vielleicht», sagte ich.
    «Bis dahin wissen wir auch, ob wir Hilfe zu erwarten haben.» Ivy versuchte, ermutigend zu klingen. «Wenn du nach Xavier geschaut hast, solltest du ein bisschen schlafen. Du siehst ziemlich fertig aus.»
    «Gute Idee.» Ich lächelte ihr zu, war mir allerdings sicher, dass ich keinen Schlaf finden würde. «Ich bin gleich zurück. Ich schaue nur, ob er in Ordnung ist, und komme wieder hoch.» Ich würde so lange mitspielen, bis ich erneut nach unten schleichen und an Xaviers Seite sitzen konnte.

    Als ich jetzt zum zweiten Mal in den Keller hinabstieg, erschrak ich bei Xaviers Anblick, halbnackt, blutig und gefesselt, wie er war. Trotz seines sehnigen trainierten Körpers hatte er noch nie so verletzlich gewirkt wie in diesem Moment. Sein Gesicht zeigte Erschöpfung, die Lippen waren rissig, und ein Drei-Tage-Bart überzog bereits sein Kinn. Das Schlimmste aber war sein verlorener Blick. Es musste entsetzlich für ihn sein, mitzubekommen, was geschah, und nichts dagegen tun zu können. Xavier hatte noch vor keiner Herausforderung zurückgeschreckt und sich seinen Gegnern stets gestellt, statt davonzulaufen. Wie aber sollte man gegen einen Gegner kämpfen, der in einem selbst steckte?
    Ich stellte das dampfende Getränk vorsichtig zum Abkühlen auf den alten Plattenspieler neben dem Bett. Dann feuchtete ich an dem rostigen Waschbecken ein Handtuch an, das Ivy nach unten gebracht hatte, und tupfte vorsichtig die Kratzer auf Xaviers Gesicht ab.
    Bei meiner Berührung öffnete er die Augen. Zuerst wirkte er erleichtert, mich zu sehen, dann aber schien ihm die Erinnerung an die letzten Stunden ins Bewusstsein zu kommen, und sein Blick wurde von Grauen erfüllt.
    «Beth», würgte er hervor. «Es tut mir alles so leid.»
    «Xavier, was ist los?» Automatisch legte ich meine Hand auf seine Stirn.
    «Ich habe so schreckliche Dinge zu dir gesagt. Das wollte ich nicht … nichts davon.»
    Sprach ich jetzt wirklich mit ihm selbst? Das war kaum zu glauben. Wie viel Zeit wir wohl hatten, bis die Finsternis ihn wieder übermannte? Er begann zu schwitzen und biss die Zähne zusammen, ganz offensichtlich kämpfte er. Es war beeindruckend, dass er es geschafft hatte, überhaupt so weit zu kommen – Luzifer zu verdrängen war keine einfache Sache.
    Xavier musste stärker sein, als uns allen bewusst war. Aber jetzt war nicht der Zeitpunkt, darüber zu rätseln.
    Stattdessen legte ich ihm den Finger auf die Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen. «Ist schon gut. Das warst nicht du. Mach dir darüber keine Gedanken. Hier», ich hielt ihm die Teetasse an die Lippen. Ich wusste, dass in wenigen Minuten, vielleicht sogar Sekunden, die grausame Kreatur in ihm erneut an die Oberfläche kommen und er wieder verloren wäre. «Trink das, das hilft.»
    Xavier hob gehorsam den Kopf und nippte an der Tasse. Er verzog das Gesicht.
    «Tut mir leid», sagte ich. «Schmeckt es so schlecht, wie es riecht?»
    «Ja.»
    Die

Weitere Kostenlose Bücher