Heaven (German Edition)
Er schwieg. «Das kannst nur du.»
«Bitte?», fragte ich geschockt.
«Er wird zu dir zurückkehren», schmeichelte die Stimme, «wenn du ihn bei seinem Namen rufst.»
«Was?», stotterte ich. «Warum sollte ich das tun? Was sollte das bringen? Er wäre immer noch tot …»
«Ich konnte mich nicht von ihm verabschieden.» Luzifer klang beinahe aufrichtig. «Ich würde ihm gern eine Chance geben, abzurechnen, damit seine Seele Frieden findet.»
«Welche Seele?», murmelte Gabriel.
«Denk nicht einmal dran, Bethany», sagte meine Schwester warnend.
Xavier schüttelte enttäuscht den Kopf. «Sein einziges Verbrechen war es, dich zu lieben. Dafür hast du ihn in den Tod geschickt.»
«So war es nicht!»
«Beth, hör nicht auf ihn. Er lockt dich in eine Falle.» Gabriel und Ivy wechselten einen besorgten Blick. «Wir sollten hier verschwinden.»
«Was meinst du mit abrechnen?», fragte ich und ignorierte meine nervösen Geschwister hinter mir.
«Ich habe einen Vorschlag», sagte Luzifer. «Du bist die Einzige, die eng genug mit ihm verbunden ist, um seinen Geist herbeizurufen. Warum tust du es nicht einfach? Dann lassen wir ihn entscheiden, was er für angemessen hält.»
Seine Stimme war schmeichelnd und zog mich in einen Kokon aus Worten hinein. Auf bizarre Weise ergab alles Sinn. Vielleicht war es wirklich der einzige Weg, Luzifer zu beschwichtigen, wenn ich Jake herbeirief.
«Das ist die dümmste Idee, die ich je gehört habe», erklärte Gabriel. «Für wie dumm hältst du sie?»
Ich aber rückte näher an das Bett heran. «Du willst, dass Jake entscheidet, ob Xavier leben soll oder sterben?»
«Nein», wies Luzifer mich zurecht. «Wir wissen doch alle, wie das ausgehen würde. Du sollst Jake etwas geben, was er haben will … dafür bekommst du deinen Ehemann zurück.»
Ich hob herausfordernd das Kinn. «Und wenn seine Bedingungen nicht akzeptabel sind?»
«Dann darfst du auch nein sagen», erklärte Luzifer, als wäre es das Normalste der Welt. «Hol ihn einfach her und hör, was er zu sagen hat.»
Gabriel bohrte seine beringten Finger in meine Schulter. Wusste er, worauf alles hinauslaufen würde?
«Sei vernünftig.» Er beugte sich zu meinem Ohr und flüsterte: «Vertrau mir.»
«Klar, vertrau ihm ruhig», sagte Luzifer. «Aber er hat Xavier bisher noch nicht geholfen. Ich bin der Einzige, der ihn befreien kann.»
Ich wusste, es war riskant, und ein Teil von mir konnte nicht glauben, dass ich es auch nur in Erwägung zog. Das hätte ich niemals, wenn Gabriel und Ivy die Situation unter Kontrolle gehabt hätten. Aber sie wirkten machtlos, und Hilfe von oben schien auch nicht zu kommen. Ich hatte keine Wahl. Auch wenn es unerträglich war, denjenigen zurückzuholen, den ich so gut es ging aus meiner Erinnerung verbannt hatte. Jake Thorn hatte mich gefoltert, halb in den Wahnsinn getrieben und beinahe getötet. Nie wieder wollte ich sein Gesicht sehen. Aber wenn ich mich nicht darauf einließ, bekam ich vielleicht Xavier nicht zurück. Und das überwog den Gedanken an jedes Risiko. Eine zweifelhafte Aktion war immer noch besser als gar keine.
«Bethany, bitte!» Gabriel flehte mich beinahe an, aber ich starrte wie hypnotisiert in die blauen Augen, die so vertraut waren und doch so fremd.
«Tu es, Bethany!» Die Stimme umspielte mich wie eine Rauchfahne. «Hör auf dein Herz. Ruf ihn. Was soll schon passieren?»
«Arakiel.» Es war bloß ein kaum hörbares Flüstern, aber ich spürte, wie das Wort eine Ewigkeit in der Luft hängen blieb. Sofort konnte ich an Gabriels Gesicht ablesen, dass gleich etwas geschehen würde. Auch Ivy wappnete sich, als würde ein Unwetter bevorstehen.
Draußen kam ein so heftiger Wind auf, dass wir ihn sogar bis in den Keller heulen hörten. Als er nachließ, strömte Rauch durch die Lüftungsschlitze herein, verbreitete sich auf dem Boden, bis daraus eine Gestalt sichtbar wurde, und schließlich stand Jake Thorn vor uns wie ein Gespenst. Auch wenn er nahezu durchsichtig war, sah er fast genauso aus wie an dem Tag, an dem wir uns zum ersten Mal begegnet waren. Sein blasses Gesicht, die markante Kieferpartie, die Katzenaugen, die unter den langen schwarzen Haaren grün aufleuchteten. Sein wohlgeformter Mund mit den beinahe feminin wirkenden rosigen Lippen und die eingedrückte schmale Nase. Er trug seine Totenkleidung – ein weißes T-Shirt und einen Frack. Selbst seine Gesichtszüge wirkten vertraut, diese seltsame Mischung aus Schönheit und
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