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Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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Pergament.
    Doch nicht ihre Hässlichkeit war es, die mich am meisten erschreckte. In ihren fleckigen klauenartigen Händen trug jeder von ihnen eine rostige Handsäge.

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    20
    Raphael
    Gabriel versuchte nicht einmal, zu kämpfen. Es war so entsetzlich mit anzusehen, dass es mir fast das Herz brach. Mein Bruder, für mich der Inbegriff der Macht, unterwarf sich kniend dem Willen der Dämonen. Sie kletterten auf ihm herum und zerkratzten ihm mit ihren Klauen die Haut an Brust und Rücken, bis man nichts mehr von ihm sah, als seine langen blonden Haare und den Silberschimmer, der von seinen Flügeln ausging.
    Die Kreaturen genossen die Zerstörung, die sie anrichteten. Zuerst stutzten sie die Flügel, dass der Silberstaub flog, dann hackten sie auf ihnen herum, bis Blut in der Farbe von flüssigem Bernstein herausströmte und den schmutzigen Boden flutete, wo es glänzte wie wertvolle Myrrhe. Der Anblick des Blutes schien ihre Glut noch anzufachen. Das Blut der Erzengel hatte den Ruf, lebenspendend zu sein, schon ein einziger Tropfen konnte dem, der ihn trank, Unsterblichkeit schenken. Die niederträchtigen Gestalten tauchten ihre Hände hinein, rieben es sich in die Gesichter und schluckten es mit ihren spitzen Zungen schmatzend hinunter. Dabei schwenkten sie ihre gefährlichen Waffen in der Luft und feierten ihren Sieg, wohlwollend betrachtet von Luzifer in Xaviers Körper.
    Gabriel stand all das durch, ohne sich zu regen, mit gesenktem Kopf und geschlossenen Augen. Lediglich die Farbe war ihm aus dem Gesicht gewichen, und seine regengrauen Augen waren von dunklen Ringen umschattet. Auch wenn all das für ihn schmerzhaft, qualvoll und erschöpfend sein musste, gab er ihnen nicht die Befriedigung, seinen Schmerz zu äußern. Seine Lippen blieben versiegelt, und ich wusste, dass er um Durchhaltekraft betete.
    Ivy stand da wie gelähmt, während ihr die Tränen die weichen Wangen hinabliefen. Seit Tausenden von Jahren war Gabriel ihr Partner gewesen. Ihr Bund war tief und unzerstörbar. Wie sollte sie das ertragen? Ich ging zu ihr und nahm ihre Hand, was sie aus ihrer Trance zu holen schien. Ich sagte nichts, sondern folgte Gabriels Beispiel und begann mit gesenktem Kopf zu beten. In einer Situation wie dieser blieb uns nichts, als auf die höheren Mächte zu vertrauen. Ivy starrte mich einen Moment mit einem Blick voller Zerstörungswut an. Dann aber schlossen sich ihre Finger um meine, und ihre Lider senkten sich. Die Energie unseres gemeinsamen Gebets floss zwischen uns, drang in mich ein und füllte mich so aus, dass ich bald das Gefühl hatte, zu platzen. Beten entfachte mächtige Kräfte, und unseres wurde beinahe sofort erhört.
    Über all den Lärm hinweg hörte ich das quietschende Geräusch eines bremsenden Autos vor dem Haus. Die Haustür wurde aufgerissen, und Schritte dröhnten durch den Flur. Der Mann, der gleich darauf im Keller auftauchte, sah zwar nicht im Geringsten aus wie ein Engel, doch ich wusste trotzdem, dass er einer war. In meiner Vorstellung sahen alle Engel so ähnlich aus wie mein Bruder, dieser aber war viel kleiner, hatte flammend rotes Haar und ein offenes Gesicht, längst nicht so ernst wie Gabriels. Der größte Unterschied zu ihm aber war, dass er frappierend menschlich wirkte.
    Während er die Stufen hinabstieg, musterte ich ihn. Seine Nase war voller Sommersprossen, und um den Hals hatte er sich einen smaragdgrünen Kaschmirschal geschlungen. Ein Hauch von teurem Aftershave lag in der Luft.
    «Raphael», flüsterte Ivy. Obwohl es so gar nicht zu ihr passte, rannte sie auf ihn zu und verbarg ihr Gesicht an seiner Brust. «Gott sei Dank, du bist da.»
    «Was ist das denn hier für ein Theater?», fragte Raphael und befreite sich aus der Umarmung, um den Tatort näher zu betrachten. «Ich kann nicht glauben, dass ich dafür meine Kreuzfahrt auf dem Nil abgebrochen habe.»
    Ich war mir nicht sicher, ob das ein Witz sein sollte, doch dann zwinkerte er mir zu. Die Teufelchen hatten mittlerweile ihr Werk eingestellt und standen verwirrt und wie angewurzelt da. Raphael lächelte ihnen freundlich zu, bevor er einen Finger auf sie richtete und ein paar Worte sprach. Die Blitze, die aus seinen Fingern zuckten, ließen die kleinen Wesen vor unseren Augen regelrecht zerplatzen. Alles, was von ihnen übrig blieb, waren kleine Berge aus grauer Asche. Sobald sie erledigt waren, hastete Ivy zu Gabriel, der kurz vor der Ohnmacht stand. Ihre Hände nahmen ihre Arbeit auf und

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