Heaven (German Edition)
ließen heilende Kräfte über die zerstörten Flügelteile strömen. An den Stellen, die sie berührt hatte, knarrte es, neue Haut wuchs, und die Wunden schlossen sich, sodass kein Blut mehr floss. Die gebrochenen Federn jedoch wuchsen nicht wieder zusammen. Xavier lag derweil bewegungslos auf dem Bett. Hatte Luzifer ihn verlassen?
Raphael kam mit ausgestreckter Hand zu mir. Auf seiner Krawatte blinkten winzige gelbe Fische.
«Schön, dich endlich kennenzulernen, Bethany.»
«Gleichfalls», sagte ich und schüttelte ihm die Hand. Ich fragte mich, woher er mich kannte und ob er wohl der Meinung war, dass dies der passende Moment war, Nettigkeiten auszutauschen.
«Wie man hört, bist du eine kleine Rebellin.» So, wie er es sagte, klang es, als wäre mein schlechter Ruf etwas Positives.
«Das stimmt vermutlich», murmelte ich. Es behagte mir nicht, mit diesem Fremden Smalltalk zu halten, während das Leben meines Bruders und das meines Mannes am seidenen Faden hingen.
«Du bist viel hübscher, als ich gedacht habe», sagte Raphael.
«Ähm … danke», sagte ich. «Aber ich weiß nicht, ob …»
«Warte, warte, ich weiß einen», unterbrach er mich. «Jemand sollte Gott anrufen. Im Himmel fehlt ein Engel!»
Er lachte schallend los und schlug sich auf die Schenkel.
«Was?», fragte ich verdattert.
«Ich habe da so ein Buch», erklärte Raphael. «Die hundert besten Anmachsprüche.»
«Du weißt, dass Xavier und ich verheiratet sind?», fragte ich mit zusammengekniffenen Augen.
«Und, wie läuft’s?»
«Können wir uns vielleicht auf das Wesentliche konzentrieren?», fragte ich. «Xavier ist besessen! Für den Fall, dass du es nicht mitbekommen hast.»
Raphael starrte mich weiter an und hatte offenbar keine Eile, etwas zu unternehmen. «Du weißt, wie man einen Dämon am besten loswird?», fragte er ernst. Als ich den Kopf schüttelte, sah ich, dass Ivy die Augen verdrehte.
«Indem man ihn zum Teufel schickt!»
Ivy fing meinen schockierten Blick auf. «Ist schon gut, Beth. Er ist für seine schlechten Witze berüchtigt. Wir warten immer noch darauf, dass er erwachsen wird.»
«Und so wie Peter Pan hoffe auch ich, dass dieser Kelch an mir vorübergeht», erklärte Raphael.
Die Vorstellung, dass ein Erzengel ein Witzbold sein konnte, ging mir nicht in den Kopf. Und ohnehin war ich nicht in der Stimmung für Witze.
«Kannst du uns helfen oder nicht?»
«Natürlich», sagte Raphael. «Ich hab Swag.»
«Super», murmelte ich. «Was auch immer das bedeutet.»
«Das bedeutet», er schlich um mich herum, «dass deine Geschwister auf Reserve-Akku laufen. Meiner hingegen ist voll aufgeladen. Also keine Sorge!»
«Und du bist sicher, dass du weißt, was du tust?», fragte ich.
«Vertrau mir», sagte er zwinkernd. «Ich bin Arzt.»
Unter anderen Umständen hätte ich ihn vermutlich für einen Studenten gehalten, der verzweifelt versuchte, mich zu beeindrucken. Schließlich aber erinnerte sich Raphael doch an seine Aufgabe und schritt gelangweilt auf das Bett zu.
«Luzifer, Bruder, was soll das?»
Ich zwinkerte, überrascht über die lässige Art, mit der Raphael ihn ansprach.
Xavier riss die Augen auf und lächelte.
«Bist du etwa die Verstärkung?»
«Verblüfft?»
«Ein wenig», gab er zu. «Ist es für dich nicht riskant, dich einzumischen?»
«Schon.» Raphael seufzte. «Aber was wäre das Leben ohne Risiko?»
«Das brauchst du mir nicht zu sagen.»
«Egal.» Raphael klatschte in die Hände. «Ich würde wirklich gern noch länger mit dir über alte Zeiten plaudern, aber ich denke, wir sollten zur Sache kommen.»
Luzifer hob neugierig eine Braue. «Tu dir keinen Zwang an.»
Jakes Geist sah wortlos zu. Es war seltsam, ihn so passiv zu sehen. Die Augen hatte er aufgerissen wie ein kleines Kind im Theater.
«Ich brauche den Jungen zurück», sagte Raphael schlicht.
«Tut mir leid, nichts zu machen.»
«Keine Spielchen, bitte. Das ist eine Beleidigung für uns beide.»
«Das ist kein Spielchen. Wir hatten einen Deal, und ihr habt euren Part nicht ganz erfüllt. Frag Beth.»
«Hör zu.» Raphael richtete seinen Kaschmirschal. «Wir können das Ganze sauber und einfach lösen oder schmutzig und kompliziert.»
«Ich habe keine Eile, daher von mir aus gern schmutzig und kompliziert.»
Raphael sah ihn perplex an. «Meinetwegen gern, aber für dich ist es reine Zeitverschwendung.»
«Tatsächlich?»
«Es gibt da etwas, was du nicht weißt», sagte Raphael in leicht spöttischem Ton.
«Ich
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