Heaven
vorneherein nicht gefallen, dieses Theater mitzumachen, und nachdem Lukes Eltern jetzt so nett und herzlich zu ihr waren, fühlte sie sich noch viel schlechter.
»Bis später«, verabschiedete sie sich verlegen, und kurz darauf schlenderte sie durch Moonbrook.
Wehmütig ließ sie ihren Blick über die Straßen und Häuser schweifen. Sie hatte ihre ganze Kindheit bis zu ihrem sechzehnten Lebensjahr hier verbracht, und sie war hier glücklich gewesen – bis zu jenem verhängnisvollen Nachmittag.
Unbewusst änderte sie die Richtung, schlug den Weg ein, der aus der Stadt heraus führte. Ein paar hundert Meter hinter Moonbrook bog sie in einen alten Feldweg ein, folgte ihm an goldgelben Weizenfeldern entlang, bis sie vor der alten Scheune stand.
Ihr Herz begann zu klopfen, wie oft war sie früher hier gewesen, hatte im Heu gelegen und geträumt.
Zögernd öffnete sie die Tür, die mit einem leisen Quietschen in den rostigen Angeln aufschwang. Sie ging hinein, blinzelte einen Moment, bis sich ihre Augen an das dämmrige Licht gewöhnt hatten, und schaute sich um. Wie früher lag immer noch Heu herum, und auch die alte Leiter stand noch an ihrem Platz.
Vorsichtig stellte sie einen Fuß auf die unterste Sprosse, verlagerte dann ihr Gewicht, um zu prüfen, ob das Holz sie noch tragen würde. Schritt um Schritt kletterte sie so nach oben und ließ sich dann auf einen Heuballen fallen. Sie schloss die Augen, und sofort waren die alten Bilder wieder da.
Das Tor quietschte leise, Schritte tappten auf die Leiter zu, ein blonder Kopf tauchte auf, ein Junge grinste sie frech an.
»Kim?«
Erschrocken fuhr sie zusammen, beugte sich nach vorne und sah Luke unten stehen.
»Hey, ich habe dich gesucht.« Er lächelte. »Ich habe schon geahnt, dass ich dich hier finden würde.«
Fast hätte sie ihm wie damals zugerufen »Geh weg und lass mich in Ruhe«, doch sie konnte sich gerade noch auf die Zunge beißen. Das Letzte, was sie gebrauchen konnte, war ein Déjà-vu.
Sie stand auf und kletterte langsam rückwärts die Leiter hinab. Bevor sie die letzten Sprossen erreicht hatte, stand plötzlich Luke hinter ihr und legte ihr die Hände um die Taille, hob sie mühelos herunter und stellte sie vor sich auf den Boden. Er legte die Arme um sie und deutete auf den Heuhaufen und die verrostete Gabel, die daneben lag.
»Denkst du manchmal noch daran?«, murmelte er mit seinem Mund dicht an ihrem Ohr, und ein heißer Schauer rieselte durch sie hindurch.
»Nicht …«, wollte sie abwehren, doch er drehte sie zu sich um und schaute sie ernst an.
»Ich habe es nicht vergessen«, sagte er leise, »Es tut mir so leid, ich war so ein Idiot gewesen.«
Hilflos stand sie vor ihm, ihr Herz raste und sie ertrank fast in seinen blauen Augen. Langsam hob sie ihre Hand, strich liebevoll über die Narbe auf seiner Wange.
Luke zog sie mit sich auf den Boden, beugte sich zu ihr und begann sie zu küssen, behutsam und sanft.
Genau wie damals zögerte sie einen Moment, doch die Berührung seiner Lippen fühlte sich so gut und richtig an, dass sie nicht anders konnte, als ihren Mund zu öffnen und seinen Kuss voller Hingabe zu erwidern. Eng umschlungen saßen sie da, küssten sich immer und immer wieder, immer leidenschaftlicher, und irgendwann schob er langsam seine Hand unter ihr T-Shirt, streichelte zärtlich ihren Rücken hinauf bis seine Finger den Verschluss ihres BHs fanden.
Kim erstarrte. Wie Hammerschläge hieben die alten Erinnerungen auf sie ein, und sie sprang auf.
»Nein«, presste sie heraus, »Nein, nicht noch einmal.«
Sie drehte sich um und stürzte aus der Tür.
»Kim«, hörte sie ihn hinter sich rufen, »Kim, warte, lauf bitte nicht weg.«
Doch sie drehte sich nicht mehr um, rannte los, lief immer schneller und schneller, quer durch die Weizenfelder, und blieb erst stehen, als ihre Lungen so sehr brannten, dass sie kaum noch atmen konnte.
Heftig nach Luft schnappend ließ sie sich auf den Boden fallen, und gleichsam, wie der Sauerstoff allmählich wieder ihre Atemwege füllte, füllten sich ihre Augen mit Tränen.
Sie legte den Kopf in die Hände und weinte, beweinte den Schmerz der Vergangenheit, und beweinte die bittere Erkenntnis, dass sie Luke immer noch liebte.
Kapitel 24
I rgendwann hatte Kim sich so weit beruhigt, dass sie in der Lage war, aufzustehen und sich auf den Rückweg zu machen.
Langsam bahnte sie sich ihren Weg durch den Weizen, erreichte den Feldweg und ging zurück in Richtung Moonbrook. Nach kurzer
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