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Heavy Cross

Heavy Cross

Titel: Heavy Cross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ditto Beth
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weiß immer noch nicht, wovon er eigentlich handelte. Unser Schlagzeuger, Joey Story, war erst dreizehn Jahre alt. Er war ein mürrischer Teenager. Seine Mom hingegen war total lieb und ließ uns in ihrem Wohnzimmer proben.
    Unseren ersten Auftritt mit Little Miss Muffet hatten wir in einem Ort namens Hastings. Eigentlich fanden wir, dass wir gar nicht ins Line-up passten, aber wir wollten trotzdem mitmachen. Joey hatte einen älteren Bruder, Dean, der in einer Band namens Room Fullove Thirteen spielte. Sie klangen wie Third Eye Blind oder Blink-182, irgend so was Schreckliches. Immer wenn sie spielten, brachten sie schicke Transparente mit ihrem Bandnamen mit und hängten sie über der Bühne auf. Ich hatte das Gefühl, dass die ganze Band sich ständig über uns lustig machte, weil wir die beschissenste Band mit dem beschissensten Equipment waren. Man merkte deutlich, dass sie dachten, sie würden im Gegensatz zu uns mal ganz groß rauskommen. Sie kutschierten ihr Equipment in einem Anhänger herum, während wir mit einem schäbigen alten Peavey-Verstärker im Wagen anreisten. Der Vater von Joey und Dean steckte mitten in einer Midlife-Crisis. Er hatte seine Frau verlassen, einen superschicken Wagen gekauft und markierte nun den Manager von Room Fullove Thirteen. Das war wie eine schlechte Dokusoap im Fernsehen, von der man Bauchschmerzen bekommt, weil alle in der Show denken, sie würden wahnsinnig berühmt werden – aber man selbst weiß als Zuschauer ganz genau, dass niemals was draus wird.
    Wir traten ein paarmal zusammen auf. Und plötzlich merkte ich, dass es selbst innerhalb dieses »wir« auch noch »die anderen« gab. Room Fullove Thirteen waren gemessen an den Verhältnissen in Arkansas irgendwie abgefahren, aber neben Spinnern wie uns wirkten sie wie blöde Spießer. Genau wie alle sonstigen Leute wussten auch sie nicht, was sie von uns halten sollten.
    Es gab in unserer Gegend also Room Fullove Thirteen, Little Miss Muffet und Nathans Band Mrs. Garrett, durch die ich zum ersten Mal etwas von ihm mitbekam. Nathan vertrieb Kassetten per Post, er vervielfältigte die verrauschten Demotapes aller möglichen Bands und verkaufte sie über seinen Bestelldienst oder bei Veranstaltungen. Auch von Little Miss Muffet hatte er ein Tape im Angebot, ohne uns jemals gefragt zu haben! Nathan war erstaunlich anders, ein Phänomen; aber er war nur einer von den vielen coolen Leuten, die ich damals kennenlernte.
    Ungefähr zu dieser Zeit wurden mir meine lesbischen Neigungen voll bewusst. Kein Irrtum mehr möglich. Ich stand vor zwei Möglichkeiten: sie öffentlich zu machen und abzuwarten, wie die Reaktionen ausfallen würden; oder sie zu verbergen und mich auf ein Leben einzustellen, wie man es als Frau in Judsonia nun einmal führte. Verzweifelt wie ich war, sah ich die Lösung für mein Dilemma darin, ein Kind zu kriegen. Ein Baby könnte mich sicher vor der ewigen Verdammnis und dem Höllenfeuer bewahren, das mich ansonsten erwarten würde. Außerdem hatten alle anderen Frauen um mich herum Babys, vielleicht war genau das normal. Ich bedrängte Anthony, mich zu schwängern. Aber nachdem ich mich so lange davor gefürchtet hatte, schwanger zu werden, funktionierte es jetzt, als ich es darauf anlegte, erst recht nicht. Außerdem lehnte Anthony meinen Wunsch rundweg ab, und das hieß: kein Sperma, kein Baby. Ich glaube, meine Mutter hat mich mit einem Schutzzauber belegt. Sie wollte nicht, dass wir eines Tages so enden würden wie sie, mit so vielen Babys am Hals. Für mich wünschte sie sich etwas anderes, sie griff auf ihren Hexenzauber zurück, um mich davor zu bewahren – und es klappte. Anthony schwängerte mich nicht, und ich blieb Lesbe. Das war mein Geheimnis.
    Gleichzeitig spielten wir immer häufiger mit Room Fullove Thirteen, weil es nicht so viele Bands gab, die wir fragen konnten. Es waren immer dieselben Leute, die in den Bands spielten und sich in den unterschiedlichsten Konstellationen zusammenfanden. Neben Little Miss Muffet, Room Fullove Thirteen und Mrs. Garrett gab es bald noch die Space Kadets, die gleichzeitig auch als Boy Pussy USA auftraten. Nicht zu vergessen Poopoo Icee, die Band meiner späteren Freunde Jeri Beard und Kathy Men. Sie hatten außerdem noch eine zweite Band, die Velvet 45s. Und dann waren da noch die Puget Sounds und die Hips. Fast jeden Tag eine andere Band.

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