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Heavy Cross

Heavy Cross

Titel: Heavy Cross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ditto Beth
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Schule, und es gab keinen Grund, weshalb sich unsere Wege jemals hätten kreuzen sollen. Sie kam eines Abends mit ihrer Mutter bei meiner Mom vorbei, und zufällig war ich an diesem Abend zu Hause.
    Jennifer war ein bisschen entsetzt darüber, in Arkansas gelandet zu sein. Monroe war im Vergleich zu Morning Sun, wo sie jetzt wohnte, eine faszinierende Metropole. Morning Sun ist inzwischen von Searcy geschluckt worden und dadurch ein kleines bisschen urbaner als früher. Damals aber war es die reine Einöde. Ich konnte nicht glauben, dass ein Mädchen in meinem Alter – sie war ein Jahr älter als ich – plötzlich bei mir zu Hause mitten im Nirgendwo auftauchte und dieselbe Musik mochte wie ich. Jennifer trug eine richtig coole Hose, wahnsinnig weit. Ich wollte unbedingt auch so eine Hose haben, hatte aber keine Ahnung, wo ich sie herbekommen sollte. Wenn man in Judsonia Turnschuhe von Converse haben wollte, musste man sie im Laden bestellen. Und wenn man einen Ledergürtel mit glänzenden Silberösen wollte, musste man den Sexshop besuchen.
    Jennifer kam gerade zu der Zeit, als ich mich von Grunge entfernte und Riot Grrrl annäherte.
    Gleichzeitig mit Grunge entstand in derselben Musikszene an der Westküste, die auch Nirvana und die anderen Jungsbands hervorgebracht hatte, eine rebellische, smarte, harte und ungeniert weibliche, ja sogar feminine Bewegung, die das Etikett Riot Grrrl verpasst bekam. Riot Grrrl vermittelte jungen Frauen in Grunge und Punk den Leitsatz der Feministinnen, dass »das Private politisch ist«. Kommt es euch nicht seltsam vor, dass immer nur Männer in Bands spielen? Dass sich Grunge-Männer und Punk-Jungs Mädchen gegenüber genauso mies verhalten wie Burschenschaftsmitglieder? Riot Grrrl brachte all das zur Sprache. Haltet ihr es für einen Zufall, dass so gut wie jedes Mädchen, das euch begegnet, irgendeine Art von sexuellem Trauma durchlitten hat? Riot Grrrl nannte die ganze Scheiße beim Namen: All das war frauenfeindlich, und Frauenfeindlichkeit ist ein weitverbreitetes kulturelles Problem, das auch die Punkszene betrifft, ein politisches Problem. Sofern sie nicht dünn sind, lernen die Mädchen, ihren Körper zu hassen. Sehr häufig führt dies dann zu Selbstekel, Selbsthass und Essstörungen. Und auch das ist politisch. Riot Grrrl sagte das ganz klar. Homophobie ist politisch, und Rassismus ist sowieso politisch. Hier spielte sich eine Revolution ab, die sich mit den musikalischen Mitteln des Punkrock starkmachte für Mädchen, Mädchenhaftigkeit, Frauen und Feminismus. Mit Grunge und Riot Grrrl an meiner Seite hatte ich endlich das Gefühl, dass es da draußen in der Welt etwas gab, das mich auffangen könnte, falls mir jemals der Absprung aus diesem Leben in Arkansas gelingen würde.
    Als ich zwölf Jahre alt war, begann ich mich selbst als Feministin zu sehen. Trotzdem liebte ich es – und das fand ich manchmal selbst verwirrend –, mir die Augenbrauen in der Art von Greta Garbo zu ziehen und mir einen Schönheitsfleck à la Madonna zu schminken. Durch die Entdeckung von Riot Grrrl betrachtete ich von nun an den Mythos Schönheit mit anderen Augen: Ob mein Lippenstift zwei Zentimeter breit war und mein Haar turmhoch, beeinträchtigte in keiner Weise meine feministische Identität. Also sah ich auch keinen Grund, auf Haarspray zu verzichten, und blieb dabei, mein Haar hochzutoupieren.
    Die Riot-Grrrl-Ästhetik war mehr oder weniger zusammengeklaubt und bediente sich sämtlicher Subkulturen von Grunge bis Gothic. Weil man den Kapitalismus ablehnte, war alles billig, gebraucht oder selbst gemacht. Oder man schlich sich kurz ins Einkaufscenter und kam mit einer Handvoll grellbunter Kinderhaarspangen aus Plastik und allem möglichen Hello-Kitty-Krimskrams wieder. Die vorherrschende Meinung, was als cool und was als nerdig zu gelten habe, wurde einfach auf den Kopf gestellt.
    Gefangen in Arkansas, träumte ich von meinen geistigen Schwestern in Washington State. Es war nicht einfach, dort unten im Süden mit dem mitzuhalten, was andernorts passierte. Als ich Feuer fing, war Riot Grrrl bereits im Time Magazine und in Sassy aufgetaucht. Es war eine echte Bewegung, groß und einflussreich, sodass vereinzelte Ausläufer sogar Judsonia erreichten.
    Dass Riot Grrrl dort, wo es begonnen hatte, fast schon wieder vorbei war, spielte keine Rolle. In Arkansas war diese Musik gerade

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