Heavy Metal (German Edition)
„Kaller Brauhaus“ in die Lilienstraße zu Fuß kein Problem, doch für den Nachhauseweg hatte sich Peter Feißel ausnahmsweise ein Taxi geleistet, da er seinen Beinen zu dieser vorgerückten Stunde nicht mehr das volle Vertrauen entgegenbrachte. Sicher, die letzten beiden Jägermeister wären nicht unbedingt nötig gewesen. Es war daher schon gut für ihn, dass die Kneipe wochentags noch vor Mitternacht die Schotten dicht machte. Andererseits gab es aber auch einen ordentlichen Grund für ein wenig Maßlosigkeit. Köln rief! Endlich hatte er es geschafft, einen aussichtsreichen Job in der Domstadt zu ergattern, in der er laut seiner Zukunftsplanung eigentlich schon seit Jahren leben wollte. Immerhin – er war erst 29. Jetzt konnte es endlich losgehen! Mehr Leben, mehr Geld, vielleicht sogar Familienplanung, sofern sich eine geeignete Frau finden ließe. Morgen früh würde er, nachdem er zünftig ausgeschlafen hatte, viel zu spät und restalkoholisiert im Büro erscheinen, seinem verhassten Chef mit einem Grinsen die Kündigung auf den Tisch werfen und seinen Schreibtisch ausräumen. Und danach vielleicht gleich wieder zum Katerfrühstück ins „Brauhaus“.
„Sechs Euro dann, junger Mann!“
Der Taxifahrer riss Feißel aus seinen bierseeligen Gedanken. Er entnahm seinem Jackett einen zerknitterten Zehn-Euro-Schein und drückte ihn in Hand, die sich ihm erwartungsvoll entgegenstreckte.
„Sssimmt so!“
„Keldenicher Ecke Lilienstraße, da wollteste doch hin, ne?“
„Sooo isset!“
„Kannst froh sein Jung, datt ich auch grad Feierabend mach und sowieso vorbeikam. Sonst hätt dich sicher keiner mehr die paar Meter gefahren. Brauchste Hilfe?“
„Kwaddsch, bin doch 'n echter Ausseiger!“
Peter Feißel brach in schallendes Gelächter aus. Sein kleiner Wortwitz, den niemand anderes außer ihm verstehen konnte, erschien ihm brüllend komisch. Komisch erschien ihm allerdings auch, dass er kaum mehr normal sprechen konnte. Denn eigentlich fühlte er sich topfit.
Als ihn der altersschwache Mercedes Diesel in einer kleinen Rußpartikel-Wolke stehen ließ, giggelte Feißel immer noch leise in sich hinein. Vielleicht würde er zu Hause doch noch einen kleinen Jäger als Betthupferl zu sich nehmen. Er stützte sich auf dem Briefkasten an der Straßenecke ab und sah in den Nachthimmel hinauf. Ein fast noch voller Mond grinste ihn an, wobei ein recht starker Wind viele Schatten vor dem Antlitz des Erdtrabanten hertrieb. Erst jetzt bemerkte Feißel, wie kalt es eigentlich geworden war. Schwerfällig legte er die paar Schritte zu einer Parkbank zurück und ließ sich darauf fallen. Bis zu seiner Wohnung in der Lilienstraße Nummer vier wären es nur noch einige Meter gewesen, doch er wollte sich vom Wind noch ein wenig den Alkoholdunst aus dem Kopf pusten lassen und dabei eine Gute-Nacht-Zigarette genießen. In seinen eigenen vier Wänden hatte er sich die Qualmerei vor Monaten selber verboten, er hasste den Gestank von kaltem Rauch.
Viele Züge hatte er seinem Glimmstängel noch nicht entnommen, als er ein Klirren vernahm. Er war gerade dabei, sich das dumme Gesicht seines Chefs am morgigen Tag vorzustellen und brauchte einige Sekunden, um zu realisieren, dass dieses Geräusch um diese Zeit nicht normal war. Eigentlich hatte es auch zweimal geklirrt, das zweite Mal bedeutend leiser. Peter Feißel war schlagartig wieder in dieser Welt. Einbrecher! Sein benebeltes Hirn schien urplötzlich wie freigeblasen und er erhob sich für seinen Zustand recht schnell. Das Geräusch war von irgendwoher hinter ihm gekommen. Er schlich so leise und es seine Beine ihm erlaubten zum Eingang seines Hauses und blieb dabei immer eng an der Wand. Der Bewegungsmelder der Hoflampe klickte und strahlte den vorderen Bereich der Einfahrt aus. Es war nichts besonders zu entdecken. Feißel schlich weiter. Plötzlich ein lautes Knacken genau vor ihm an der Haustüre – er erschrak fürchterlich. Doch er bemerkte schnell, dass er nur in einen Scherbenhaufen getreten war, den jemand grob an der Hauswand zusammengeschoben hatte. Das konnte nicht die Ursache des Klirrens gewesen sein, denn er erinnerte sich daran, dass die Scherben bereits heute Nachmittag dort gelegen hatten. Er setzte seinen Weg in den Bereich des Hinterhofes fort, der dunkel vor ihm lag. Doch ganz so dunkel, wie er den Hof kannte war es hier gar nicht. Die Garagen schimmerten ganz leicht in einem rötlich flackernden Licht. An der Hausecke konnte er es
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