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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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Hoffentlich war es Freda! Freda allein! Weder Ebbo noch Hanna durften bei ihr sein, wenn Geesche anklopfte. Hanna erst recht nicht!
    Gerade wollte sie auf das kleine Licht zulaufen, da gab es erneut Geräusche, die sie aufhielten. Schritte, die näher kamen, Stimmen, die zunächst schwaches Gemurmel, dann aber heranwuchsen und zu verstehen waren.
    »Wenn wir alle nach ihr suchen, müsste es doch mit dem Teufel zugehen, wenn wir sie nicht finden.«
    »Wo mag sie sich verstecken? Wahrscheinlich draußen in den Dünen.«
    »Die holen wir uns. Von der lasse ich mich nicht um meinen Lohn bringen.«
    »Sie soll verletzt sein. Hat viel Blut verloren, sagt der Inselvogt. Die ganze Zelle war voll davon.«
    »Dann liegt sie vermutlich irgendwo da draußen und wartet auf jemanden, der ihr hilft.«
    »Darauf kann sie lange warten.«
    Nun gingen die beiden direkt auf die Tonne mit den Küchenabfällen zu, hinter der Geesche sich versteckt hatte. Einen schrecklichen Augenblick lang fürchtete sie, dass ihr Kleid zu sehen sein könnte, wenn die beiden vorbeigingen, oder ihr helles Haar. Erschrocken ließ sie sich auf alle viere fallen und robbte, so schnell es ging, ein paar Meter weiter, wo es eine weitere Tonne gab, die widerlich nach Fisch stank. Vieles, was in die Tonne gehörte, war davor und dahinter gelandet. Geesche griff in glitschige Schuppen und undefinierbares Geglibber. Vor Ekel hätte sie beinahe aufgeschrien.
    »Lass uns bei Laurids klopfen. Der ist mit dem alten Nermin verwandt.«
    Ein hässliches Lachen drang in Geesches Versteck. »Der wird keinen Moment zögern, wenn er sie in die Finger bekommt.«
    Geesche wartete, bis die Stimmen nicht mehr zu hören waren, dann erhob sie sich eilig. Es wurde Zeit! Über kurz oder lang würden die beiden zurückkommen und dann vermutlich ein Dutzend anderer Inselbahnarbeiter hinter sich haben. Sie versuchte, sich die Schürze abzuwischen, aber was ihre Hände fühlten, war derart ekelerregend, dass sie die Schürze mit beiden Händen ergriff und versuchte, alles abzuschütteln, was dort haftete. Doch während sie auf Fredas Kate zulief, wusste sie, dass der Gestank der Fischabfälle sich nicht abschütteln ließ.
    Bevor sie sich an das erleuchtete Fenster schlich, sah sie sich ein letztes Mal um. Niemand war zu hören oder zu sehen. Noch zwei Schritte, noch drei, dann konnte Geesche in FredasKate spähen. Tatsächlich! Sie war allein. Freda saß am Tisch und stopfte Ebbos Socken.
    Lautlos ging Geesche um die Kate herum, wo sich die Eingangstür befand. Sie klopfte kurz, damit Freda sich nicht erschrak, dann öffnete sie die Tür und schloss sie hastig hinter sich. »Freda! Gott sei Dank!«
    Freda sprang erschrocken auf. Dann ging ein Lächeln über ihr Gesicht, und sie machte Anstalten, Geesche zu umarmen … aber der Geruch, der von ihr ausging, hielt sie zurück. »Was ist mit dir passiert?«
    Geesche setzte sich auf den zweiten Stuhl, und Freda hockte sich ihr gegenüber. Vorher drehte sie die Petroleumlampe so weit herunter, dass eine der anderen ins Gesicht sehen konnte, aber die Kate von draußen aussah, als wäre sie unbeleuchtet.
    In Windeseile, so schnell, dass Freda Mühe hatte zu folgen, berichtete Geesche, was sich ereignet hatte, wie sie aus dem Gefängnis befreit worden war, dass Marinus sie vor einem Mörder gerettet hatte, dem sie später nur um Haaresbreite ein zweites Mal entkommen war. »Ich weiß nicht, was mit Marinus geschehen ist. Wenn der Kerl an der Hütte auf ihn gewartet hat, dann ist er vermutlich …« Sie brachte das schreckliche Wort nicht über die Lippen.
    »Ob Marinus Rodenberg lebt, weiß ich nicht«, entgegnete Freda. »Aber ich habe auch nichts davon gehört, dass ihm etwas zugestoßen ist. Eins aber weiß ich genau: Der alte Nermin ist tot.«
    Geesche hielt die Luft an. »Das kann nicht sein. Als ich floh, lebte er noch.«
    Freda zuckte mit den Schultern. »Am nächsten Morgen wurde er tot aufgefunden.« Sie stand auf und griff nach Geesches Kopf. »Wo hast du dich verletzt?« Ehe Geesche, die zu verblüfft war, um zu reagieren, etwas antworten konnte, ließ sie wieder von ihr ab. »Keine Kopfwunde? Eine Fleischwunde? Wo? Und wie hast du sie verbinden können?«
    Nun schüttelte Geesche sie ungeduldig ab. »Wovon redest du? Ich bin nicht verletzt.«
    »Aber alle sagen es. Blut wurde in deiner Zelle gefunden. Du sollst dir mit Nermin einen Kampf geliefert haben.«
    »Ich habe dir doch gerade erzählt, dass Hauke Bendix mich töten wollte.

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