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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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Ihn habe ich niedergeschlagen, weil er auch Marinus umbringen wollte.«
    Freda griff sich an den Kopf. »Ich verstehe gar nichts mehr. In Westerland redet jeder davon, dass du eine Mörderin bist. Du hast Nermin getötet, das sagen alle. Von einem Kerl, der dir ans Leder wollte, ist hier nicht die Rede.«
    Geesche starrte sie an. Nun ging es ihr genauso wie Freda. Sie brauchte eine Weile, um zu begreifen, was geschehen war. Dann stöhnte sie auf. »Ich muss mich verstecken, Freda. Kann ich bei dir bleiben? Vielleicht in dem kleinen Verschlag im Garten? Ich werde mich mucksmäuschenstill verhalten. Nur in Ruhe schlafen und mich waschen!«
    Freda rang verzweifelt die Hände. »Warum bist du nicht in den Dünen geblieben? In Westerland bist du nicht sicher. Hier suchen sie nach dir. Die Obrigkeit allen voran! Heye Buuß hat sämtliche Männer ausgeschickt, die zur Verfügung stehen. Aber auch die Inselbahnarbeiter sind hinter dir her. Sie wollen Rache.«
    »Ich weiß! Aber ich muss Marinus finden! Ich will wissen, ob er noch lebt. Ich muss hier bleiben.«
    Freda zögerte. »Das ist zu riskant, Geesche. Ebbo bewahrt in dem Verschlag alles auf, was er zum Fischen braucht. Wenn er dich dort entdeckt … ich weiß nicht, was er tun wird. Was aber Hanna tun wird, wenn sie herausfindet, dass du dich bei uns versteckst, das weiß ich genau.«
    Geesche nickte und ließ den Kopf sinken. »Sie wird mich verraten. Wie sie mich schon einmal verraten hat.« Nun kamen ihr die Tränen. »Wie kann ich dich überhaupt bitten?«
    »Weil ich deine Freundin bin. Und weil du viel für mich getanhast. Ohne dich …« Freda machte eine Handbewegung, statt den Satz zu Ende zu führen. »Ich weiß, dass ich dir viel zu verdanken habe.«
    »Wenn du wüsstest, Freda.«
    »Schluss jetzt!« Freda konnte manchmal sehr resolut werden, wenn sie spürte, dass es auf ihre Kraft ankam, auf ihren Einsatz, auf ihren Mut. »Ich habe eine viel bessere Idee. Warum übernachtest du nicht in deinem eigenen Haus?« Freda stand auf und ging zu einem kleinen Holzkästchen, das auf einem Brett neben der Tür stand. Dort bewahrte sie den Schlüssel zu Geesches Haus auf. »Solange du nicht daheim bist, schließe ich immer sorgfältig ab. Dr. Nissen hat seinen eigenen Schlüssel. Auch er hat versprochen, das Haus nie unverschlossen zu lassen. Den Arbeitern der Inselbahn traue ich zu, dein Haus zu plündern. Sie glauben nach wie vor, dass du sie um ihren Lohn gebracht hast.«
    »Glaubst du es nicht?«, fragte Geesche hoffnungsvoll.
    »Es geht mich nichts an«, entgegnete Freda würdevoll, »wie du an das viele Geld gekommen bist. Aber dass du es nicht gestohlen hast, weiß ich genau. Und das Schlimmste ist …« Ihr Gesicht wurde jetzt wieder von dem Kummer überschattet, der sich in ihre Züge eingegraben hatte, seit Hanna geboren und Jens nicht zurückgekehrt war. »Ich glaube, Hanna weiß es auch. Warum hat mich der liebe Gott mit einer so boshaften Tochter bestraft?«
    »Versündige dich nicht, Freda«, entgegnete Geesche unwillkürlich, weil sie diese Antwort immer gab, wenn Freda sich über Hanna beklagte. Dann kam sie auf Fredas Vorschlag zurück. »Aber was ist, wenn Dr. Nissen mich hört?«
    »Du musst leise sein«, gab Freda zurück. »Vielleicht hast du Glück, und er ist noch nicht zu Hause. Dann kannst du dich in aller Ruhe waschen. Wenn nicht, wirst du es wenigstens schaffen, deine Kleidung zu wechseln. Und du kannst in deinem Alkoven schlafen. Morgen wird es dir bessergehen. Du kannstdich, bevor Dr. Nissen aufwacht, im Stall verstecken, ich bringe dir dann was zu essen.«
    »Vielleicht hast du recht.« Geesche erhob sich. »Das Unmögliche ist manchmal das Beste. Niemand, der mich sucht, wird auf die Idee kommen, mich ausgerechnet in meinem eigenen Haus zu finden.« Sie umarmte Freda noch einmal, dann ging sie zur Tür. »Es ist schon dunkel. Warum ist Hanna noch nicht zu Hause? Und wo ist Ebbo?«
    »Hanna soll der Comtesse vor dem Einschlafen vorlesen. Und Ebbo? Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, er hat irgendwo ein Mädchen, dem er nachsteigt.«
    Geesche sah sie fragend an. Wusste Freda von der Liebe ihres Sohnes? Sie hatte noch keine Antwort gefunden, da sah Freda ihr ins Gesicht und nickte. »Die Comtesse hat sich gestern mit einem Verwandten der Königin verlobt. Ich hoffe, nun ist es vorbei …« Sie brach ab und ließ den Kopf wieder sinken.
    Geesche ging noch einmal zu ihr, beugte sich zu Freda hinab, drückte ihr einen Kuss

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