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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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schickt mich. Er bittet Herrn Dr. Nissen, ihm einen Besuch abzustatten.«
    Geesche hörte das Scharren eines Stuhls, schon stand Dr. Nissen neben ihr. »Hat er gesagt, warum?«
    Michelsen schüttelte den Kopf. »Nur, dass er Ihnen … sehr verbunden wäre …« Er verschluckte sich an den ungewohnten Höflichkeiten, die ihm sein Herr eingeschärft hatte, und ergänzte dann: »Wäre gut, wenn Sie heute Nachmittag kommen könnten.«
    Dr. Nissen versicherte es ihm, ging in die Küche zurück, als der junge Michelsen sich verabschiedet hatte, und setzte sein Frühstück fort.
    »Sie kennen Dr. Pollacsek?«, fragte Geesche.
    »Er hat ein paar Jahre in Hamburg gelebt«, gab Dr. Nissen zurück. »Während dieser Zeit sind wir uns begegnet. Ein paarmal habe ich ihn auch behandelt. Vermutlich braucht er meinenärztlichen Rat.« Dr. Nissen nahm den letzten Löffel der Getreidegrütze und trank seinen Tee aus. »Erinnern Sie sich, was ich gestern gesagt habe? Sylt wird bald einen Arzt brauchen. Der Graf hat auch nach mir schicken lassen. Ich soll nach seiner Gemahlin sehen. Nach dem Wechsel vom Festland auf die Insel hat sie häufig Kopfschmerzen.«
    »Die gräfliche Familie kennen Sie auch?«, fragte Geesche überrascht.
    »Nicht persönlich. Aber wie es scheint, hat die Gräfin sich einmal in der Klinik meines früheren Schwiegervaters behandeln lassen.« Dr. Nissen hatte sein Frühstück beendet und stand auf. »Ich glaube, ich werde mich wirklich hier niederlassen. Vorausgesetzt, ich finde ein geeignetes Haus, in dem ich wohnen und praktizieren kann.« Er knöpfte sein Hemd bis zur Kinnspitze zu. »Ich wäre froh, wenn ich mich nach der Trennung von meiner Frau auch von ihrer Familie unabhängig machen könnte. Dann fiele es mir leichter zu vergessen, was mir angetan wurde.«
    Er berührte Geesches Arm, bevor er die Küche verließ. »Haben Sie schon das Marzipan probiert?«
    Geesche blickt zu Boden, während sie den Kopf schüttelte. »An einem normalen Alltag? So etwas Kostbares …?«
    »Es passt zu Ihnen«, sagte Dr. Nissen. »Sie sind auch etwas Kostbares.« Er legte den rechten Zeigefinger unter Geesches Kinn und hob ihr Gesicht an. »Jedenfalls für mich!«
    Sie sah in seine Augen, die trotz der Innigkeit, mit der er sie anblickte, seltsam unbeteiligt blieben, registrierte seinen angenehmen Geruch, die Sauberkeit, die Zuverlässigkeit, die zu einem Mann gehören musste, der Tag für Tag die Erwartung erfüllte, die er in sich selbst setzte. Sie merkte, dass ihr die Röte ins Gesicht stieg, machte einen Schritt zurück und versuchte, ihrer Verlegenheit Herr zu werden.
    Zum Glück machte Dr. Nissen es ihr nicht schwer. Er deutete eine kleine Verbeugung an und lächelte. »Sicherlich wird esbald einen besonderen Tag geben, der für den Genuss von Marzipan genau richtig ist.«
    Nun stieg etwas in seine Augen, was einem tieferen Gefühl entsprach, aber es wurde zerschnitten von Hannas Schritten. Tohk-tik, Tohk-tik.
    Erleichtert trat Geesche zurück und zwang sich zu einem Lächeln. »Heute dürfte es am Strand recht angenehm sein. Es ist beinahe windstill.«
    Sie wusste sofort, dass Hanna gelauscht hatte. Das Lächeln hing noch in ihrem rechten Mundwinkel, als Dr. Nissen die Küche verlassen hatte. Und dieses Lächeln kannte Geesche gut. Hanna hatte nur wenige Stärken. Eine davon war ihr Lächeln.
    »Wie geht es der Comtesse?«, fragte Geesche, um Hanna nicht die Gelegenheit zu geben, auf ihren Feriengast zu sprechen zu kommen.
    Tatsächlich ließ Hanna sich ablenken. »Sie hat mir etwas zum Geburtstag geschenkt!«, verkündete sie. »Parfümierte Seife!«
    Geesche betrachtete Hanna verblüfft. »Ein Geburtstagsgeschenk? Von der Comtesse?«
    Sie dachte an das schreiende Bündel, das sie vor sechzehn Jahren im Arm gehalten hatte. Vielleicht musste man mit seinem Leben rundum zufrieden sein, um zu einem Mädchen wie Hanna Boyken stets freundlich zu sein. Auf Sylt gab es nicht viele, die mit dem Leben rundum zufrieden waren, dazu war es zu entbehrungsreich.

IV.
    Gräfin Katerina rieb sich mit beiden Mittelfingern die Schläfen, die vier anderen spreizte sie mit einer so dramatischen Geste ab, dass jede Bewegung um sie herum erstarrte. Erst als sie dieHände sinken ließ, setzte ihr Mann sein Frühstück fort, die Haushälterin schenkte Kaffee ein, und das Dienstmädchen, das ängstlich in der Tür stehen geblieben war, kam zum Tisch und brachte frisches Brot.
    »Dr. Nissen wird im Laufe des Tages vorbeikommen«, sagte Graf

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