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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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Form entgegengebracht wurde. Obwohl die Liebe ihrer Mutter und ihres Bruders auch etwas Wechselseitiges war, erschien es ihr doch ganz anders, ein Gefühl zu erwidern, das aus Wertschätzung, Respekt und Sympathie entstanden war. Eine Liebe ohne Familienbindung hatte Hanna Boyken noch nicht kennengelernt, obwohl Freda ihr oft einschärfte, dass sie von Geesche geliebt wurde und stets dankbar dafür zu sein hatte. Nein, was Geesche ihr entgegenbrachte, galt in Wirklichkeit ihrer Mutter und Geesches Verpflichtung. Wenn Geesche den Eindruck erweckte, es läge ihr etwas an Hanna, dann log sie, davon war Hanna überzeugt. Sie spürte es mit jeder Geste und hörte es mit jedem Wort, das die Hebamme an sie richtete. Was Geesche ihr schenkte, war nicht einmal Mitleid, das spürte Hanna instinktiv, obwohl sie in ihrem Leben noch nicht viel Mitleid erfahren hatte. Trotzdem konnte sie dieses wertlose Gefühl gut von dem kostbaren unterscheiden, das Elisa von Zederlitz ihr entgegenbrachte. Warum Graf Arndt respektvoll und manchmal sogar herzlich mit ihr umging, hatte sie noch nicht durchschaut, aber Elisas Freundschaft vertraute sie voll und ganz. Und dass sie ihre Mutter oft um die Freundschaft mit Geesche beneidet hatte, wurde ihr jetzt auch klar.
    Gräfin Katerina hatte, nachdem sie in die Kutsche gestiegen war, auf den Sitz neben sich geklopft. »Steig ein, Elisa!«
    Auf diese Aufforderung hatte die Comtesse mit einer so ungeheuerlichen Frage geantwortet, dass dem Kutscher die Zügel aus der Hand glitten, die Haushälterin, die sich gerade anschickte, einen Korb mit Lebensmitteln zum Strand zu tragen, verblüfft stehen blieb und Graf Arndt verwundert seinen Strohhut nach hinten schob, als wollte er besser sehen können, wie seine Frau reagierte.
    »Kann Hanna auch mitfahren?«, fragte Elisa in aller Unschuld. »Das Laufen im Sand ist sehr schwer für sie.«
    Gräfin Katerina warf ihrer Tochter einen Blick zu, denniemand so gut beherrschte wie sie. Dieser Blick, unter dem sich jeder Dienstbote erschrocken duckte, Graf Arndt ergeben seufzte und sogar Marinus, der sich als niedergeborener Verwandter ohne sorgfältige Erziehung gelegentlich eine Respektlosigkeit erlauben durfte, den Kopf einzog.
    Elisa jedoch hielt dem Blick ihrer Mutter ohne weiteres stand. Ob es Mut oder nur Unbekümmertheit war, wusste Hanna nicht zu sagen. »Du siehst doch, Mutter, dass sie schon auf festen Wegen ihre Schwierigkeiten hat«, ergänzte sie.
    Gräfin Katerina nahm den Blick von ihrer Tochter und starrte geradeaus, was im Hause eines Sylter Fischers einer gehörigen Tracht Prügel gleichgekommen wäre. Ohne ein weiteres Wort und ohne Elisa noch einmal anzusehen, klopfte sie erneut auf den Platz neben sich und veränderte ihre Haltung nicht, während sie vergeblich darauf wartete, dass ihre Tochter neben ihr Platz nahm.
    Als Elisa sagte: »Dann gehe ich mit Hanna zusammen zu Fuß zum Strand«, atmete die Gräfin so tief ein und aus, dass Hanna einen winzigen Moment darauf hoffte, von ihrer hellblauen Bluse, die sie fest über ein eng geschnürtes Mieder geknöpft hatte, möge ein Knopf platzen. Ehe jedoch der Unmut die Kleidung der Gräfin derangieren und damit dem Strandtag für die ganze Familie samt Gefolge den Garaus machen konnte, mischte sich Graf Arndt ein, der es gewöhnt war, die Stimmung seiner Gemahlin aufzufangen, sobald ein Abwärtstrend ersichtlich wurde.
    »Gerade wollte ich sagen«, behauptete er, »dass es gut wäre, wenn Hanna sich hinten auf die Kutsche stellte, um die Körbe und die Sonnenschirme festzuhalten.«
    Hanna wusste, dass er nicht die Wahrheit sprach, die Gräfin wusste es auch und Elisa ebenfalls. Jedem war klar, dass der Graf seine Tochter unterstützen wollte, und in jedem Gesicht stand die Frage, warum er es tat. In den Augen der Haushälterin sogar derart unverhohlen, dass Hanna von einer Welle derAbneigung erfasst wurde, obwohl Owena Radke bisher nie über sie gespottet und ihr nie Aufgaben übertragen hatte, die sie überforderten. Zwar brachte Owena ihr genauso wenig Sympathie entgegen wie alle anderen Sylter, aber immerhin hatte sie sich stets um Fairness bemüht. Jetzt aber machte sie keine Anstalten, Hanna auf den hinteren Rand der Kutsche zu helfen. Sie senkte nicht einmal die Stimme, als sie zu dem Dienstmädchen, das neben ihr stand, sagte: »Ich habe euch gewarnt. Nehmt euch vor Hanna Boyken in Acht. Erst recht, wenn es ihr gelingt, sich bei der Comtesse einzuschmeicheln.«
    Hanna blickte auf sie

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