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Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition)

Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition)

Titel: Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: François Lelord
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vergessen hatte, sich zu rasieren. Seine etwas fettigen Haare, die ihm bis zu den Schultern reichten, gaben ihm das Aussehen eines alten Folkbarden.
    Auf diese Weise stach Hectors Kollege kaum von den Patienten ab, die auf den Fluren der Ambulanz herumirrten. Sie waren kaum schlechter frisiert oder gekleidet als er, aber manche hatten einen natürlichen Afrolook, was dem Psychiater natürlich verwehrt geblieben war. Hector fiel dieses Phänomen nicht zum ersten Mal auf: Manche Psychiater beginnen den Leuten, um die sie sich kümmern, bei flüchtigem Hinsehen zu ähneln. Bei ihm selbst war es genauso, denn er rasierte sich jeden Morgen und warf sich in Schlips und Kragen, um seine Patienten aus der Innenstadt zu empfangen.
    Ophélie musste sich das Lachen verbeißen, als sie seinen Kollegen erblickte; dann aber setzte sie eine ernste Miene auf, um ihm zuzuhören, und vermied dabei, zu Hector hinüberzuschauen, um nicht doch noch losprusten zu müssen.
    »Ich denke, er könnte sich hier eingewöhnen«, sagte Hectors Kollege. »Auf jeden Fall könnte er ja vorbeischauen, wann immer er will.«
    Hinter seinen halbmondförmigen Brillengläsern sah man einen Blick, in dem Verständnis und Wohlwollen lagen – zwei notwendige Eigenschaften, wenn man es mit Patienten zu tun hat, die sowohl an chronischen Krankheiten als auch unter sozialen Problemen leiden. Ophélie und Hector waren in die Ambulanz gefahren, die sich um Roger kümmern sollte, wenn er seine neue Wohnung bezogen hatte. Und tatsächlich war Roger vergangene Woche schon einmal vorbeigekommen; er hatte ein Gespräch mit dem Psychiater geführt und dann abrupt wieder kehrtgemacht, wobei er erklärt hatte, er wolle Jerusalem befreien.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich im Wahn war oder mich nur auf den Arm nehmen wollte«, sagte Hectors Kollege.
    »Bei ihm weiß man nie so recht«, meinte Hector.
    Als Hector und Ophélie aus dem Zug gestiegen waren, hatten sie gleich bemerkt, dass das Christentum in diesem Stadtviertel nicht mehr die dominierende Religion war, und Hector hatte sich gesagt, dass dies bestimmt keinen guten Einfluss auf Rogers Wahnvorstellungen haben würde. Auch früher hatte er sich schon berufen gefühlt, die heiligen Stätten zu befreien.
    »Mir macht am meisten Sorgen, dass er wahrscheinlich seine Medikation abgebrochen hat«, sagte Hector. »Beim letzten Mal konnte ich ihn zwar dazu bringen, wenigstens ein bisschen was zu schlucken, aber …«
    Der Psychiater nickte. Beiden war klar, welche Folgen ein Abbruch der Behandlung für einen Patienten wie Roger haben würde.
    »Und hat er seine neue Wohnung schon gesehen?«
    »Ja, er ist mit unserer Sozialarbeiterin hingegangen.«
    »Können wir mit ihr sprechen?«
    »Selbstverständlich.«
    Eulalie, die Sozialarbeiterin, stammte von jenen Inseln, die der Sonnenkönig in seiner Gnade mit Sklaven von angenehmem Naturell bevölkert hatte; am Ende waren sie ein Teil der Französischen Republik geworden. Eulalies Lächeln erinnerte Hector daran, dass er einst auf eine benachbarte, aber unabhängige Insel gereist war, wo er in Lebensgefahr geraten war, aber auch eine Frau kennengelernt hatte, die es mit der Liebe nicht so tragisch nahm und der Eulalie ein wenig ähnelte.
    »Also ehrlich«, sagte sie, »ich weiß nicht, ob er sich bei uns eingewöhnen kann. Aus Paris fortgehen und hier landen …«
    »Und wie war er in Ihrer Gegenwart?«
    »Oh, kein Problem, wir haben ein paar harmlose Worte gewechselt. Aber als ich ihm die kleine Wohnung gezeigt habe, hat er gemurmelt: Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen; der Name des Herrn sei gelobt! «
    »Kommt mir irgendwie bekannt vor«, sagte Hector.
    »Es ist aus dem Buch Hiob«, sagte die Sozialarbeiterin lächelnd, und Hector fiel wieder ein, dass die Kinder auf jenen Inseln noch in die Messe gehen.
    »Und wie viele Patienten betreuen Sie hier?«, wollte Ophélie wissen.
    »So um die hundert ambulante. Wenn sie einen Rückfall haben, liefert man sie ins kommunale Krankenhaus ein.«
    Das war ein großer hässlicher Kasten aus dem vergangenen Jahrhundert. Auf dem Herweg hatten sie es flüchtig gesehen; es lag direkt an der Schnellstraße.
    Ophélie stellte der Sozialarbeiterin noch ein paar Fragen. Als gute Journalistin hatte sie ihr Notizbuch gezückt und schrieb sich manches auf. Hector ließ die beiden allein und ging noch einmal zu seinem Kollegen, der sich gerade eine Zigarette rollte und dabei auf die Wandtafel schaute, auf der sich

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