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Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition)

Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition)

Titel: Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: François Lelord
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taufrischen Bewunderin, die nichts davon weiß, wie es vor fünfundzwanzig Jahren mit Stammeln und Stolpern angefangen hatte.
    Aber selbst wenn sie zusammenblieben – würde ihr Glück für die vielen kommenden Jahre ausreichen? Clara hatte durchaus mitbekommen, welche Anstrengungen Hector in letzter Zeit unternahm, um seinen Tag besser einzuteilen, besser zuzuhören und ihr gegenüber aufmerksamer zu sein. Aber es war ein bisschen wie mit einem Glück, auf das man zu lange hat warten müssen: Jetzt hatte sie das Gefühl, dass es ihr nicht mehr so viel bedeutete.
    Es war, als wäre Hectors Aufmerksamkeit zu einer Währung geworden, die nicht mehr ganz so viel wert war wie früher. Wenn das Bild von Hector und Ophélie wieder vor Claras Augen stand, ließ das den Kurs natürlich hochschnellen, aber es war nur flüchtig. Wenn sie die Angst, Hector zu verlieren, brauchte, um ihn als Ehemann noch richtig schätzen zu können, war das nicht gerade erfreulich – und vor allem ein Beweis dafür, dass etwas in ihrer Beziehung nicht mehr stimmte. Sie konnte schließlich nicht zu Hector sagen: »Los, mach mich eifersüchtig, das wird unserer Liebe guttun!«
    Schon dass sie sich solche Fragen stellte, beunruhigte Clara. Ihre Kinder waren erwachsen, sie brauchten die Eltern nicht mehr (oder zumindest fast nicht), und ein weiteres Zusammenleben lohnte sich nur noch, wenn Hector und Clara es alle beide wirklich wollten.
    Clara war noch jung genug, um überzeugt zu sein, dass Liebe mehr zählt als Gewohnheit oder Bequemlichkeit. Sie war nicht mehr richtig jung, aber auch noch nicht alt, und vielleicht waren dies jetzt die letzten Jahre, in denen sie noch ein neues Leben ins Auge fassen konnte?
    Aber wenn Hector nun schneller wäre mit dem neuen Leben?
    Sie sprach oft mit ihrer Tochter, die Clara in die Geheimnisse des Instant Messaging eingeweiht hatte. Sie konnte sie dabei sogar auf dem Display ihres Handys sehen!
    Anne schien begeistert zu sein, dass ihre Mutter in New York war: »Maman, hast du vielleicht ein Glück!«
    »Das kann man wohl sagen«, erwiderte Clara und versuchte, es selbst zu glauben.
    »Und mir geht es übrigens genauso«, sagte Anne. »Jeden Tag, wenn ich ins King’s College komme, sage ich mir, dass ich es wirklich gut erwischt habe. Und die Freunde, die ich hier habe!«
    Das zumindest hatten sie ihren Kindern mitgegeben – die Fähigkeit, das eigene Glück zu genießen. Lag es an den Genen oder der Erziehung? Schwer zu sagen.
    »Und Papa, wie kommt er klar?«
    »Ach, ganz gut. Ihm macht das Alleinsein nichts aus.«
    »Ja«, sagte ihre Tochter mit einem Anflug von Ernst in der Stimme, »ich weiß.«
    Es war Anne schon lange aufgefallen, dass ihr Vater sich gerne in seine eigene Welt zurückzog.
    »Und ohnehin bin ich ja bald zurück!«, sagte Clara.
    »Aber Maman, du musst dich doch nicht beeilen! Warum bleibst du nicht noch ein wenig länger? Endlich mal eine Luftveränderung für dich!«
    »Ja«, meinte Clara, »vielleicht hast du recht.«
    Aber hätte sie wirklich zusagen sollen, zwei zusätzliche Wochen in New York zu bleiben, bis das Projekt abgeschlossen war?
    Der Gedanke quälte Clara, als sie einen jener herrlichen ganz verglasten Deli-Shops betrat, wo die eiligen New Yorker sich exzellente Sandwichs zum Frühstück kaufen können und der Kaffee ebenso gut ist wie in Italien.
    Während sie ihre Möhrentorte aß und ihren doppelten Espresso trank, hatte sie nur flüchtig auf den groß gewachsenen Mann neben ihr an der Theke geachtet.
    »Clara!«
    Sie drehte sich zu ihm um, und da erkannte sie ihn: Er hatte weniger Haare als damals und war auch fülliger geworden, aber sein Blick und sein Lächeln eines selbstsicheren Mannes hatten sich nicht verändert.
    Es war Gunther, ihr früherer Chef aus den Tagen vor ihrer Heirat. Der Mann, mit dem sie Hector vor mehr als zwanzig Jahren betrogen hatte. Der bereit gewesen war, sich ihretwegen scheiden zu lassen, und der todunglücklich zurückgeblieben war, als sie ihn verlassen hatte und zu Hector, ihrer wahren Liebe, zurückgekehrt war.
    »Unglaublich, du hast dich gar nicht verändert!«, sagte Gunther, der niemals zögerte, mit größter Selbstsicherheit die banalsten Sätze auszusprechen – Sätze, die man aber trotzdem nicht ungern hört.

Hector und Ophélie
    Ophélie kam Hector jeden Tag in seiner Praxis besuchen, nachdem der letzte Patient gegangen war. Dann aßen sie gemeinsam zu Abend, und die Restaurants suchte immer Hector aus, damit keine

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