Hei hei er und dann
Fußsohlen. Doch sie achtete nicht darauf.
Es war schon dunkel, als sie in der Ferne ein Licht entdeckte. Ihre Füße waren mittlerweile wund gelaufen, ihre Kehle ausgetrocknet und ihr Gesicht schmutzig von Staub und Tränen. Ihr fiel kein Wort ein, das ihren Zustand auch nur im Geringsten beschrieb. Verzweifelt war zu milde ausgedrückt.
Sie war an einem Punkt angelangt, an dem sie ihren Körper dem ersten Mann schenken würde, der ihr einen Stuhl anbot, eine Schulter zum Ausweinen und ein kaltes Getränk. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.
„He, Ryan, genießt du wieder einmal das einfache Leben?“
Ryan Mackenzie wischte mit einem feuchten Tuch über die Glasplatte der alten Theke. „Ihr wisst, dass ich an dieser Kneipe hänge“, sagte er zu den älteren Männern, die um einen Tisch herum im „The Hungry Bear“ saßen.
„Ich kann einfach nicht glauben, dass du diese Bude deiner luxuriösen Ferienanlage vorziehst.“
Ryan schaute auf die verschrammten Holzwände, die verstaubten, schief hängenden Bilder, den Billardtisch in einer Ecke und das Dartspiel in der anderen. Er atmete tief den Geruch von Nachos, Tabak und Bier ein. „Glaub es ruhig.“
„Ein Punkt für ihn“, sagte der älteste der Männer. „Er hat jetzt vielleicht viel Geld, aber ein Mann vergisst seine Wurzeln nicht.“
„Richtig, Zee, ich bin mit diesem Land genauso verwurzelt wie du.“ Ryan erinnerte sich an das kleine Farmhaus, in dem er aufgewachsen war, und an das beinahe identische Nachbarhaus. Er und seine Schwester Kate hatten sich in beiden Häusern wohl gefühlt, hauptsächlich wegen der Herzenswärme und des Humors des alten Mannes.
Zee grinste. „Es hat dich reich gemacht, Mackenzie.“
„Also, was treibst du hier? Probleme mit den Frauen?“ Die Männer ließen nicht locker.
„Ich nicht, aber Bear“, erwiderte Ryan. Bear war Zees Sohn, Ryans bester Freund und Eigentümer dieser Kneipe. Ryan nahm ein Glas und trocknete es ab. „Ihr wisst doch, dass er seinem Mädchen nachjagt. Ich spiele in der Zeit den Barkeeper.“
„Du sollest besser deine Zeit damit verbringen, dir auch eine Frau zu suchen.“
Ryan ignorierte den Einwurf. Es musste schon eine besondere Frau kommen, damit er seine Freiheit aufgab, und diese Frau hatte er bisher nicht kennengelernt. Er schaute Zee an und dachte an die glücklich Ehe, die der alte Mann geführt hatte. Auch Ryans Eltern waren glücklich verheiratet gewesen.
Nicht zum ersten Mal fragte Ryan sich, ob er dadurch ein zu idealisiertes Bild von einem Familienleben hatte. Nur wenigeBeziehungen entwickelten sich wirklich so positiv, und noch weniger Frauen respektierten die Werte, die für ihn in einer Familie so wichtig waren.
Trotzdem, er konnte nicht leugnen, dass das Hotelleben schrecklich einsam war und ihn langsam zermürbte.
„Wenn ich du wäre, würde ich mir eins von diesen Häschen schnappen, die in deiner Hotelanlage herumlaufen, statt alten Kerlen wie uns Drinks zu servieren.“
„Du bist aber nicht ich, Earl.“ Diese Häschen wollten nichts weiter als etwas Sonne tanken und sich einen reichen Mann angeln. Und diejenigen, die bereits einen Mann hatten, kamen für ein flüchtiges Abenteuer ins „The Resort“.
Ryan war es nicht nur leid, diesem Spiel zuzusehen, er war es auch leid, die Zielscheibe der Bemühungen dieser Frauen zu sein. Deshalb bot die gelegentliche Aushilfe bei Bear die perfekte Fluchtmöglichkeit.
„Noch eine Runde, Ryan“, rief Zee.
Er warf einen Blick in ihre Richtung. „Ihr seid noch nicht einmal mit der ersten fertig.“
Er beobachtete, wie Zee die rotweiße Gardine zurückzog und aus dem Fenster sah. Die Ausstattung könnte etwas aufgemöbelt werden, dachte Ryan. Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, wenn Bear endlich heiratete. Eine Frau würde sich eventuell um die Inneneinrichtung der Bar kümmern.
„Sieht aus, als bekämen wir jetzt etwas Spaß.“ Zee klatschte begeistert in die Hände. Donnerstagabend war Damenabend, und die Achtzigjährigen warteten aufgeregt auf die jungen Schönheiten. „Kommt gerade die Treppe herauf.“
Der alte Mann war für Ryan und seine Schwester ein väterlicher Freund, seit ihr eigener Vater vor zwölf Jahren gestorben war. Das bedeutete aber nicht, dass er einen weiblichen Gast belästigen durfte. „Lasst sie in Ruhe, Jungs.“
„Spielverderber“, schimpften die Männer wie aus einem Munde. In dem Moment wurde die Tür geöffnet, und die Mitleid erregendste Gestalt trat ein, die Ryan
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