Hei hei er und dann
gesehen hatte.
Wann hatte er zum letzten Mal einer Frau seine Gefühle anvertraut? Julie, seine Exfrau, hatte ihm gezeigt, wie schmerzhaft es sein konnte, wenn man seine Gefühle mit jemandemteilte, der dieses Vertrauens nicht würdig war, und wie gut es war, wenn man niemandem Rechenschaft schuldete. Er bedurfte keines Psychiaters, um zu erkennen, dass sein Reisefieber ein Versuch war, dem Schmerz über den Betrug seiner Frau davonzulaufen, aber er konnte gegen diesen überwältigenden Drang nicht ankämpfen. Also hatte er seinen Job beim Fernsehen gekündigt und das Land verlassen.
Seitdem hatte ihm keine Frau mehr nahe gestanden – bis heute, wo er seinen Schmerz spontan mit Rina geteilt hatte. Ironischerweise hatte er das Gefühl, sie verstand ihn besser, als Julie es je getan hatte. Doch er musste die Zeitung vor dem Ruin bewahren und durfte sich weder von Rinas Warmherzigkeit noch von ihrem attraktiven Äußeren von seinem Vorhaben ablenken lassen. Seine Frist lief unweigerlich ab. Sobald Joe das Krankenhaus verlassen konnte, sollte die „Ashford Times“ wieder in den schwarzen Zahlen sein.
„Fröhliche Weihnacht überall …“ Eine unverwechselbar hohe Stimme tönte durch den Raum, und Colin zuckte zusammen, als Corinne in einem teuren Kaschmirmantel durch die Redaktion schritt. Sie klatschte in die Hände. „Ich bin gekommen, um Sie alle zu unserer Weihnachtsfeier einzuladen“, verkündete sie laut.
Ihre Stimme zerrte an seinen Nerven. Ebenso ihre Worte. „Emma Montgomerys Familie feiert am Samstagabend eine Weihnachtsparty …“
„Und wir sind alle eingeladen“, warf Colin ein. „Also kannst du das Geld sparen und dort feiern.“
Corinne ignorierte seine Bemerkung. „Also feiern wir am Freitagabend im Seaside Restaurant. Alle Mitarbeiter samt Partner sind herzlich eingeladen.“ Sprach’s und wandte sich wieder Richtung Tür.
„Corinne, warte!“, rief Colin. Sie drehte sich um.
„Wohin gehst du?“, wollte er wissen. „Ich will im Seaside das Menü besprechen.“ Sie schwang den Designer-Rucksack über die Schulter. „Außerdem möchte ich kleine Anerkennungspräsente für unsere Mitarbeiter besorgen. Joe würde das sicher begrüßen.“ Sie schniefte leicht und hob eine Hand, als wollte sie eine Träne aus dem Auge wischen.
Colin konnte nicht erkennen, ob es sich um echte oder aufgesetzte Trauer handelte. Dazu kannte er Corinne nicht gut genug. „Du würdest Joe einen größeren Gefallen tun, wenn du im Krankenhaus bleiben würdest. Steh deinem Ehemann zur Seite.“ Im Moment war es so, dass Corinne vormittags in der Redaktion sein sollte und Colin nachmittags. „Da kannst du ihn dann ja selbst fragen, ob er das letzte Geld vom Zeitungskonto für eine Party ausgeben möchte“, fügte er leise hinzu, sodass nur Corinne es hören konnte.
Die winkte ab. „Ich möchte Joe mit solchen Fragen nicht belästigen, wo er all seine Kraft braucht, um gesund zu werden. Außerdem machst du dir wirklich zu viele Sorgen.“
„Und du nicht genug! Bert Hartmann hat angerufen, um uns an die Frist von Fortune’s Inc. zu erinnern. Du musst Joe dazu bringen, die Vollmacht auf mich zu übertragen oder ein schriftliches Versprechen unterschreiben, dass die Zeitung wieder auf den alten Kurs zurückgeführt wird.“ Frustriert fuhr er sich mit der Hand durch das Haar. „Verdammt noch mal, Corinne! Bring endlich echte Nachrichten ins Blatt. Dann werden wir das Jahr überstehen, ohne unseren größten Anzeigenkunden zu verlieren.“
„Das werde ich nicht tun, denn ich glaube an mein neues Konzept“, entgegnete Corinne, drehte sich um und beendete so das Gespräch.
Es war Colin nur recht, denn wenn sie weitergesprochen hätte, hätte er sie vermutlich erwürgt.
„Emma“, sagte Corinne, während sie zur Tür ging. „Colin scheint etwas gestresst zu sein. Vielleicht solltest du ihn als Nächstes verkuppeln.“
Colin verdrehte die Augen.
Emma lach te.
Und Rina verzog missbilligend ihre vollen, glänzenden Lippen. „Ich bin überzeugt, Colin kann sich seine Frauen selbst suchen.“
Colin musste grinsen. „Was ist? Haben Sie Angst, Emma könnte eine Frau finden, die mich von Ihnen ablenkt?“
Rina reckte das Kinn. „Auf keinen Fall. Ich weiß, was ich zu bieten habe.“
Er hielt ihren Blick fest. „Das gefällt mir. Aber selbst wenn es nicht so wäre, könnten Sie unbesorgt sein. Wenn ich ein Ziel vor Augen habe, lasse ich mich nicht so schnell davon abbringen.“
Doch insgeheim musste
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