Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heidegger - Grundwissen Philosophie

Heidegger - Grundwissen Philosophie

Titel: Heidegger - Grundwissen Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Tietz
Vom Netzwerk:
absurde Konsequenz hinaus, den sprachlichen Sinn als einen außersprachlichen Gegenstand aufzufassen, der sich zu seinen sprachlichen Realisationen wie Platons Ideen zu ihren empirischen Realisationen verhält.
    Obwohl Heidegger auch in bezug auf das eigene Theorieprogramm den Dualismus und den »sich hier eröffnenden regressus in infinitum« bemerkt, hält er doch aus Angst vor einem Rückfall in den Psychologismus an der klaren Hierarchisierung der Sphären fest. Es ist der Drang nach einer unbedingten Sicherheit und die damit verbundene Gelehrtensorge, nur ja keinem Psychologismus-, Historismus- oder sonstigen Relativismusverdacht Raum zu geben, der dazu nötigt,
apriorische Reinheitspostulate
zum Signum von Sicherheit, Souveränität und Makellosigkeit zu erklären. In diesem Zusammenhang ist nicht nur die Vielfalt der um die Jahrhundertwende zumeist ganz unkantisch gebrauchten Aprioris zu sehen, sondern generell der Rückgriff auf logisch-transhistorische Konstanten. Deren Geschichtslosigkeit soll eine geistige Sicherheit [34] einbringen, die ansonsten unter den Bedingungen einer historischen Aufklärung nicht mehr zu haben ist. Mit dem Rekurs auf logisch-transhistorische Konstanten, durch den im Rahmen eines transzendentalphilosophischen Theorieansatzes den »Sinnstrukturen« geltungstheoretisch ein eigener Status gegeben werden soll, verbindet sich also nicht nur die Idee, die Wirklichkeit einer sinngebenden Instanz zu unterstellen, sondern eben auch eine » ›Hypostasierung‹ des Logischen zum metaphysischen Seienden«, für die, wie Heidegger treffend bemerkt, Platon das große Vorbild darstellt. (GA 1, 24)
    Der Grund für diese Hypostasierung des Logischen zu einem »Geltenden an sich« ist leicht benannt. Mit Rickert, Lask und Husserl wählt auch Heidegger einen konsequent logizistischen Ansatz: Nicht materiale »Tatsachen des Bewußtseins«, nicht eine inhaltliche Selbstinterpretation des Erkenntnissubjekts als lebendiger Mensch und historisches Wesen, sondern
logische Erwägungen
zur Struktur des Urteils stehen für Heidegger am Anfang seiner Überlegungen, die sich näherhin als Überlegungen zur Prädikations- und Bedeutungslehre im Rahmen einer transzendentalphilosophischen Wissenschaftslehre charakterisieren lassen. Der Grund für diesen Logizismus ist in der Lösungsstrategie zu suchen, die die Neukantianer und Husserl angesichts der Probleme des Psychologismus und Historismus wählen. Um die Frage nach der Sonderstellung der Logik in einer nichtrelativen Weise zu beantworten, wird als Vorbild die transzendentale Logik Kants gewählt, da nur diese Methode gegen den Relativismus und die Zirkelhaftigkeit des Argumentierens immun zu sein scheint – immer wieder betont Heidegger, daß es »das Verdienst der neuen Logik« sei, »das Urteil selbst zum Problem gemacht zu haben« (GA 1, 30). Und genau damit aber wählt Heidegger das gegenstandstheoretische Paradigma!
    Dies ist denn auch der Grund, warum die Einstellungen zur Sprache bei Frege, Russell und Wittgenstein auf der einen Seite und bei Rickert, Lask, Husserl und Heidegger auf der anderen Seite differieren. Zwar galt hier wie dort die Devise: [35] Befreiung der Logik von der Grammatik. Und auch der Versuch, transzendentale Grenzen der Rechtfertigung der Erkenntnis zu ziehen, verbindet beide Positionen. In diesem Sinn insistieren sowohl Wittgenstein als auch Heidegger auf einer Kritik der Kategorien, auf einer Analyse ihrer Leistungsfähigkeit, ihrer Grenzen und ihrer Überforderung, kantisch: dem
quid iuris
und dem
quid facti
. Beide, Wittgenstein und Heidegger, müssen daher eine Kritik der Vernunft leisten. Aber, und das eben unterscheidet sie: Wittgensteins Vernunftkritik ist sprachlich akzentuiert, Heideggers hingegen mentalistisch.
    Bei Heidegger und bei Wittgenstein wird also die natürliche Sprache im Namen einer anderen Instanz kritisiert, die hier wie dort durch die »Logik« aufgeklärt werden soll. Diese Instanz ist im Rahmen der Logistik eine
symbolische Kalkülsprache
, und im Fall von Heidegger sind es
Bewußtseinstatsachen
. Eine solche Kalkülsprache, so die Überzeugung von Frege, Russell und Wittgenstein, soll einen entscheidenden Mangel der natürlichen Sprache beheben: daß es in natürlichen Sprachen möglich ist, syntaxwidrige und somit sinnlose Wortreihen zu bilden, ohne dabei jedoch die Regeln der Grammatik zu verletzen. Um diese syntaxwidrigen Zusammensetzungen von Wörtern im Namen einer idealen Sprache kritisieren zu

Weitere Kostenlose Bücher