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Heidegger - Grundwissen Philosophie

Heidegger - Grundwissen Philosophie

Titel: Heidegger - Grundwissen Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Tietz
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angesetzt wird, kann man nicht wieder nach der Wahrheit dieser Horizonte fragen. Denn das hieße, nach der Wahrheit der Wahrheit zu fragen, und würde einen Regreß eröffnen, den Heidegger mit dem Rückgang auf das fundierende Weltvorverständnis gerade blockieren will. Die Frage nach der Wahrheit der Wahrheit verbietet sich also schon allein deshalb, weil die jeweiligen Horizonte der Frage nach der Wahrheit konstitutiv im Rücken liegen und überhaupt erst die aussagentheoretische Unterscheidung zwischen wahr und falsch ermöglichen.
    Andererseits ist Heideggers zweite These alles andere als plausibel. Denn es läßt sich kaum eine These denken, mit der ein höherer Absolutheitsanspruch verbunden ist, als die, daß alle Wahrheit relativ ist in bezug auf das Dasein (bzw. nach der »Kehre« in bezug auf das Sein). Insofern Heidegger mit der zweiten These den Wahrheitsanspruch im Hinblick auf das zeitliche Dasein des In-der-Welt-Seins relativieren will, obgleich die These selbst als ein universeller Wahrheitsanspruch vorgetragen wird, widerspricht er sich selbst. Die Relativierungsthese zerstört die Grundlage ihrer eigenen Geltung.
    Auf diesen im Anschluß an Tugendhat vielfach wiederholten Relativismusvorwurf hat Carl Friedrich Gethmann mit einer Verteidigung von Heideggers Wahrheitskonzeption geantwortet. Als Textgrundlage dienen ihm die Marburger Vorlesungen aus dem Wintersemester 1925/26. In Übereinstimmung mit Tugendhat stellt Gethmann fest, daß Husserl den methodischen Unterschied von Urteilsvollzug und- gehalt mit einer ontologischen Unterscheidung von idealer und realer Seinssphäre konfundiert, wodurch er den Anti-Psychologismus nur noch als Idealismus vertreten kann. Auf die damit verbundene »Semantisierung der Pragmatik« reagiert Heidegger mit dem Versuch, die »Aussagenwahrheit, wie sie von Aristoteles expliziert wird, mit der ›pragmatischen‹ Grundstruktur in [124] Zusammenhang zu bringen«, die als »erfüllende« Anschauung gemäß Husserl der Aussage vorausliegen soll – wobei das »Ergebnis von Heideggers Überlegungen« darin besteht, daß »die Als-Struktur des Urteils (apophantisches Als) in einer tieferliegenden Struktur der Auslegung (hermeneutisches Als) fundiert ist«. 72 Während nun aber Tugendhat die These vertritt, daß bei Heidegger der spezifische Sinn von Wahrheit durch die Überuniversalisierung des Erschlossenheitsbegriffs übergangen wird, argumentiert Gethmann, daß bei Heidegger nicht nur die »Minimalbedingung« jeder Wahrheitskonzeption erfüllt ist, sondern daß darüber hinaus die Überwindung des »propositionalen Wahrheitsmodells« und dessen Ersetzung durch ein »operatives Wahrheitsmodell« die eigentliche Pointe von »Heideggers Pragmatismus« darstellt, die Tugendhat durch die Orientierung am propositionalen Wahrheitsmodell gerade verfehlt.
    Nun scheint der erste Einwand insofern berechtigt, als Heidegger tatsächlich die Frage nach der »Rechtmäßigkeit« durch Rekurs auf die »Ausweisung« zu klären sucht. Das Argument jedoch, daß »nach dem operationalen Wahrheitsmodell […] sich die Wahrheit nicht zur Aussage wie die Röte zum Tisch, sondern wie der Schlüssel zum Schloß« verhält, entkräftet nicht den Einwand, den Tugendhat gegen Heidegger vorbrachte. Denn selbst wenn man Gethmann darin folgt, daß der »
Erschlossenheit
[…] die ›Schließ‹-Metaphorik zugrunde« liegt 73 , so folgt aus der Feststellung, daß Heideggers Wahrheitskonzeption in
Sein und Zeit
auf den »operativen Gebrauch Bezug nimmt«, doch nicht, daß damit die »›Dienlichkeit‹ das Kriterium der Wahrheit« werden kann. Denn die »Dienlichkeit« und der »Handlungserfolg« sind kein Wahrheitskriterium. Beim Schließen zeigt sich, ob ein Schlüssel zum Schloß paßt – und nicht beim Reden über ihn. Im Fall einer solchen »Passung« sprechen wir aber nicht von Wahrheit, sondern von Richtigkeit.
    Es gibt darüber hinaus ein weiteres Argument, das gegen diese pragmatische Verteidigung spricht. Und dies stammt von [125] Heidegger selbst. In dem Aufsatz
Das Ende der Philosophie und die Aufgabe des Denkens
aus dem Jahre 1964 revidiert er nämlich selbst die Gleichsetzungsthese, durch die Wahrheit und Welterschließung (Unverborgenheit) in eins gesetzt wurden, womit gleichzeitig der Anspruch auf die direkte Beantwortung der Frage nach der Wahrheit durch Rekurs auf das ontologische Weltvorverständnis aufgegeben wird. 74
    Nach dem Bankrott der Daseinsanalyse ist Heidegger zunehmend

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