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Heidegger - Grundwissen Philosophie

Heidegger - Grundwissen Philosophie

Titel: Heidegger - Grundwissen Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Tietz
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Damit stellt er quasi die These auf den Kopf, wonach der genuine Ort der Wahrheit die Aussage ist. Mit dem Argument, daß es sich hierbei um eine völlige »Verkehrung der Wahrheitsstruktur« handelt, will Heidegger zeigen, daß »die Aussage als Aneignungsmodus der Entdecktheit und als Weise des In-der-Welt-seins […] im Entdecken bzw. der
Erschlossenheit
des Daseins [gründet]. Die ursprünglichste ›Wahrheit‹ ist der ›Ort‹ der Aussage und die ontologische Bedingung der Möglichkeit dafür, daß Aussagen wahr oder falsch (entdeckend oder verdeckend) sein können.« (SZ 226) Damit ist Heidegger am Ziel: Wahrheit, verstanden in einem ursprünglichen Sinn, »
gibt es nur, sofern und solange Dasein ist
«. Diese These variiert im Prinzip nur die Grundthese von
Sein und Zeit:
»Nur solange Dasein ist, das heißt die ontische Möglichkeit von Seinsverständnis, ›gibt es‹ Sein.« (SZ 212) Nun ist es nur noch ein kleiner Schritt, alle Wahrheit in bezug auf das Dasein, und nach der Kehre auf das Sein, zu relativieren. »
Alle Wahrheit ist gemäß deren wesenhaften daseinsmäßigen Seinsart relativ auf das Sein des Daseins
.« (SZ 227)
    Es wäre freilich eine Binsenweisheit, wenn Heidegger hier lediglich sagen wollte, daß es keine Erkenntnis ohne einen Erkennenden gibt. Und auch nicht neu wäre die Einsicht, daß sich die Wahrheit von Aussagesätzen und Theorien, etwa die »
Gesetze
Newtons, der Satz vom Widerspruch«, nicht begründen lassen, ohne daß hierfür ein Dasein in Anspruch genommen wird, das begründet. Von daher wird man Heidegger auch zustimmen, wenn er es ablehnt, nach Kriterien von Vernunft, Rationalität und Wahrheit zu suchen, die nicht von dieser Welt sind. »Daß es ›ewige Wahrheiten‹ gibt, wird erst dann zureichend bewiesen sein, wenn der Nachweis gelungen ist, daß in alle Ewigkeit Dasein war und sein wird.« (SZ 227) Problematisch ist Heideggers These, daß jede Wahrheit […] nur solange wahr [ist], als Dasein
ist
« (SZ 226), eben weil Wahrheit nichts anderes als die Eigenschaft einer Aussage ist, die, so sie denn wahr ist, immer wahr ist.
Wahrheit ist ein semantisches Konzept, Rechtfertigung ein pragmatisches
. Rechtfertigungen sind [122] kontextrelativ und damit abhängig von einem Dasein, das sich mit Gründen an Gründen orientiert, die Wahrheit ist dies nicht.
    Heidegger, der diese Unterscheidung zwischen der Rechtfertigung von Behauptungen und deren Wahrheit nicht kennt, meint jedoch, daß nicht nur unsere Rechtfertigungen kontextabhängig seien, sondern auch der propositionale Gehalt, also das, was er im Gegensatz zum »Urteilen als
realer
psychischer Vorgang« das »Geurteilte als
idealer
Gehalt« nennt. (SZ 216) Doch genau dies ist ein Irrtum, eben weil das Wahrheitsprädikat ein Beurteilungsprädikat für eine Aussage ist, die immer wahr ist, wenn sie denn tatsächlich wahr ist – abgesehen davon, daß Heideggers Versuch, den Wahrheitsanspruch wissenschaftlicher und philosophischer Aussagen auf die zeitliche Dauer einer zum menschlichen Dasein zugehörigen Erschlossenheit zu begrenzen und so zu relativieren, alles andere als überzeugend ist. Denn seine These, daß alle Wahrheitsansprüche im Hinblick auf den geschichtlichen Horizont unseres Verstehens zu relativieren sind, und die später von ihm vertretene These vom Wahrheitsgeschehen, wonach alle Wahrheit sich »ereignet« und daher relativ ist in bezug zum Sein, sind selbst alles andere als relativ.
    Es sind offensichtlich zwei Thesen, die gesondert zu begründen wären: erstens die These, daß die Wahrheit von Aussagen nicht mit Bezug auf eine Erkenntnis des welterschaffenden »intellectus divinus« plausibel gemacht werden kann. Und zweitens die These, daß der Wahrheitsanspruch wissenschaftlicher und philosophischer Aussagen relativ ist in bezug auf das ihnen zugrunde liegende kontingente Weltvorverständnis. Das hat Heidegger aber nicht getan. Statt dessen vermengt Heidegger beide Thesen und schließt dann von der ersten auf die zweite, da er erst mit der zweiten These seine Beweisabsichten hinsichtlich der Erschlossenheit als »in der Wahrheit sein« ins Ziel bringen kann. Erst wenn man die zweite These in der von Heidegger vorgetragenen Form akzeptiert, ergeben sich in wahrheitstheoretischer Hinsicht relativistische [123] Konsequenzen, da sich die Frage nach der Wahrheit dieser Horizonte sinnvoll nicht mehr stellen läßt. Da das Verstehen als Erschlossenheit von Heidegger schon als das »in der Wahrheit sein«

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