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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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voreiligen Maßnahmen anordnete.
    »Schluss jetzt mit dem Gequatsche«, quäkte Hörrles Stimme aus dem Gerät im Regal. Offenbar enthielt es auch einen Lautsprecher. »Er soll jetzt erzählen.«
    Cornelia Johansson schnaubte. Ihr Mann setzte sich vorsichtig in einen Schaukelstuhl, der neben der Staffelei stand. Seine Gesichtsfarbe wechselte zwischen wächserner Blässe und bedenklichem Rot.
    Auf der Staffelei stand ein fast fertiges Gemälde. Ich erkannte eine Frau in einem langen, ultramarinfarbenen Kleid vor einem lichten Wald. Das Bild hatte etwas zutiefst Friedliches und strahlte zugleich eine unerklärliche Bedrohung aus. Etwas stimmte nicht damit, aber ich kam nicht darauf, was es war. Auf einem Tischchen daneben eine verschmierte Palette, zahllose mehr oder weniger ausgequetschte Farbtuben und ein altes Gurkenglas voller Pinsel.
    »Okay.« Ich bemühte mich um einen optimistischen Ton. Das Letzte, was ich jetzt brauchen konnte, waren Nervenzusammenbrüche, Weinkrämpfe oder unüberlegte Aktionen. »Bringen wir es hinter uns. Manches weiß ich schon. Sie, Herr Beerbaum, kennen McFerrin und Hörrle aus Ihrer Zeit bei der Bundeswehr. Später sind Sie vermutlich über McFerrin mit Kriegel in Kontakt gekommen und haben eine Weile seine Firma finanziert. Geld genug hatte Sie ja durch Ihre Erbschaft. Mich interessiert, wie Sören Kriegel und Dean McFerrin ums Leben kamen. Und ich bin sicher, Sie können mir das erklären.«
    Beerbaum starrte auf seine breiten Hände. Ständig hüpfte sein Adamsapfel auf und ab. Seine hohe Glatze glänzte schweißnass.
    »Ich war’s«, krächzte er schließlich. »Nein, wir beide waren es. Hörrle hat nichts mit der Geschichte zu tun. Das müssen Sie unbedingt wissen. Sören und Dean waren ja seine Freunde. Er hätte auch gar keinen Grund gehabt, einen von ihnen umzubringen.«
    »So weit waren wir auch schon.«
    Der füllige, aber keineswegs weiche Mann im Schaukelstuhl nickte unglücklich. »Ich wollte das alles nicht«, keuchte er. »Niemand wollte, dass Sören stirbt. Das Geld, ich wollte nur Geld, nicht mal alles, nur meinen Anteil, was mit zusteht …«
    »Bitte der Reihe nach«, unterbrach ich ihn. »Woher wussten Sie von diesem Geschäft? Worum ging es dabei? Wer war der Kunde?«
    »Die Chinesen.« Beerbaums Blick irrte ziellos über den blank polierten, hellen Dielenboden. »Die Chinesen haben doch so eine Heidenangst vor dem World Wide Web. Jeden Tag gibt es in China mehr Internetanschlüsse, und sie können das längst nicht mehr so kontrollieren, wie sie gerne möchten. Und was da so an Informationen ins Land kommt, gefällt dieser Regierung natürlich überhaupt nicht. Vor allem, dass vieles davon heute verschlüsselt ist, stinkt ihnen, dass sie nicht mehr alles mitlesen können. So können Sie die Leute nicht mal mehr ins Gefängnis stecken, wenn sie gegen ihre bescheuerten Kommunikationsgesetze verstoßen.«
    »Und dazu brauchten sie Kriegels Erfindung?«
    Von rechts hörte ich leise Geräusche. Die Frau versuchte vorsichtig, eine bequemere Sitzposition zu finden. Es gelang ihr nicht. Hörrle hatte sie so stramm gefesselt, dass ihr kein Raum für Bewegungen blieb. Lange würde sie in dieser Haltung nicht durchhalten. Hoffentlich geriet sie nicht in Panik, versuchte womöglich, den Sprengstoffgürtel abzustreifen, oder sonst etwas Verrücktes. Ich lächelte ihr beruhigend zu. Ihr Blick blieb ausdruckslos und starr. Vermutlich war sie längst halb wahnsinnig vor Angst.
    Beerbaum sprach weiter: »Zwanzig, dreißig von Sörens Dechiffriergeräten an den entscheidenden Übergabepunkten, und schon könnten die Regierungsbüttel alles mitlesen, was rein- und rausgeht. Dazu noch eine gute Suchmaschine, die in den Datenströmen nach den interessanten Begriffen sucht, und schon ist es wieder aus mit der Informationsfreiheit.«
    »Wie haben Sie von dem geplanten Geschäft erfahren? Kriegel wird das ja kaum an die große Glocke gehängt haben.«
    »Reiner Zufall. Wir haben uns letzten Sommer getroffen, im Zug nach Frankfurt. Sind ein bisschen ins Plaudern gekommen. Sören war ja eine Quasselstrippe und ein ziemlicher Angeber dazu. Direkt verraten hat er natürlich nichts, aber er hat Andeutungen gemacht, dass die ganze Arbeit sich am Ende doch noch lohnen könnte. Und sein Gesicht, wie der dabei gegrinst hat, da war mir klar, der blufft nicht.«
    »Und daraufhin haben Sie ihn beobachtet.«
    »Erst später.« Beerbaum schüttelte heftig den Kopf. Schweißtropfen liefen seine Nase

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