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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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das Bild seiner Videokamera ab, die offenbar nur schwarzweiß aufzeichnete, und empfingen sogar den Ton, wenn auch schlecht. Das erhöhte unsere Überlebenschancen hier drin beträchtlich. Die Ecke Mönchhof-, Werderstraße war von unserer Wohnung einen knappen Kilometer entfernt, ziemlich genau in Richtung Norden. Also steckte Hörrle circa einen Kilometer von hier nordwärts im Wald. Vermutlich saß er in einem Wagen auf einem Waldparkplatz in der Nähe von Hirschberg. Und Sven, das war Balke.
    Das kleine Gerät an Cornelia Johanssons Sprengstoffgürtel blinkte ruhig und harmlos. Ihre Augen waren weit und starr. Hin und wieder lief ein Zittern durch ihren Körper. Ihr Blick war bittend, flehend, anklagend.
    »Sören hat mich einfach stehen lassen«, fuhr ihr Mann wütend fort.
    »Und Sie sind hinterher.«
    »Nein. Nicht gleich. Erst habe ich noch das Zimmer durchsucht. Aber da war nichts. Dann erst bin ich runter.« Mit kaltem Blick sah er auf seine Frau. »Sie war’s. Conny ist schuld. Sie ist gefahren.«

25
    Ich wandte mich an Cornelia Johansson. »Sie waren vermutlich ziemlich wütend.«
    Kaum merklich schüttelte sie den Kopf.
    »Trotzdem sind Sie hinter ihm hergefahren.«
    Sie nickte sachte, ihr plötzlich hasserfüllter Blick wich nicht von ihrem Mann.
    Beerbaum atmete einige Male mühsam, fasste sich schon wieder an die Brust. »Nein, das stimmt nicht. Wir sind ihm nicht nachgefahren. Zumindest nicht bewusst. Wir hatten ja keine Ahnung, wohin er wollte. Und Sören hat mindestens fünf Minuten Vorsprung gehabt. Wir wollten nur noch heim. Wir hatten beide genug.«
    »Ich habe das nicht gewollt«, hörte ich auf einmal die erstickte Stimme der Frau. »Ich hatte die Hoffnung längst aufgegeben. Es war schon so vieles schief gegangen, warum sollten wir gerade jetzt Glück haben? Er hat Recht, ich wollte einfach nur nach Hause. Weg von dort. Und dann, auf einmal, kurz hinter Mosbach, war Sörens Wagen vor uns. Er hat es nicht mal besonders eilig gehabt.«
    »Na los, erzähl’s ihm!«, fauchte Beerbaum voller mühsam unterdrückter Wut. »Erzähl ihm schon, wie es war!«
    »Ich bin eine ganze Weile hinter ihm hergefahren. Es hat so geregnet, dass der Scheibenwischer es kaum geschafft hat. Sören wusste vermutlich gar nicht, dass wir das sind. Erst, als ich überholen wollte, da hat er uns erkannt und Gas gegeben.«
    »Und da ist mir der Gedanke gekommen, dass er das Geld vielleicht doch bei sich hat«, nuschelte Beerbaum. »Dass er es irgendwie schon früher ins Auto getan hat, ohne dass wir es mitgekriegt haben.« Seine Rechte lag noch immer auf der Brust. Er schien jetzt große Mühe zu haben mit dem Sprechen. Sein Adamsapfel tanzte. Seine Lider flatterten.
    An seiner Stelle sprach Cornelia Johannson weiter: »Sören ist immer schneller und schneller geworden. Aber mit dem Lancia hatten wir kein Problem, an seinem alten Opel dranzubleiben. Und die ganze Zeit hat es geregnet wie verrückt. Und dann, kurz vor Neckargerach, ist er ins Schleudern gekommen, in den Wald gerast, und war weg. Einfach so. Das ging so schnell, man glaubt es nicht, wenn man es nicht gesehen hat. Im Fernsehen zeigen sie so was ja immer in Zeitlupe.«
    »Das heißt, Sie haben ihn gar nicht von der Straße gedrängt?«
    Sie sah mich verständnislos an.
    »Es waren Schrammen am linken vorderen Kotflügel.«
    »Aber nicht von uns«, sagte sie kraftlos. »Ich war mindestens zwanzig, dreißig Meter hinter ihm.«
    »Und dann haben Sie ihn einfach da liegen lassen?«
    »Nein. Ich habe angehalten«, widersprach sie mit vorsichtigem Kopfschütteln. »Jakob ist sogar ausgestiegen und hat in Sörens Wagen nachgesehen. Aber da war ja nichts. Kein Geld. Nichts.«
    »War Kriegel zu diesem Zeitpunkt schon tot?«
    Beerbaums Gesicht hatte plötzlich wieder die Farbe von Magerquark. »Er hat noch geröchelt, ja, ein bisschen«, keuchte er. »Aber dem hätte … keiner mehr … helfen können. Er hat so … furchtbar geblutet.«
    »Wir dachten, den wird bestimmt jemand finden«, fügte seine Frau flüsternd hinzu. »Da waren ja ständig Autos auf der Straße.«
    »Es war kein Mord«, sagte Beerbaum. »Es war ein Unfall. Wir wollten ihn nicht … Wir wollten ihn nicht umbringen!«
    »Wirklich nicht!« Mit bittendem Blick wandte sich die Frau an mich. »Erst am übernächsten Tag haben wir in der Zeitung gelesen, dass er tot war.«
    Draußen bellte wieder der Hund. Mein Blick blieb an dem Gemälde auf der Staffelei hängen, und mit einem Mal erkannte ich, was

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