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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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wusste ich also, wie Kriegel ums Leben gekommen war. Aber warum hatte er überhaupt in diesem Schlosshotel übernachtet und war nicht, wie er seiner Frau erzählt hatte, auf Geschäftsreise gewesen? Auch nach längerem Nachdenken wollte mir keine andere Erklärung einfallen als die, auf die auch seine Witwe und meine Töchter schon gekommen waren: ein heimliches Techtelmechtel.
    Die zweite, vermutlich weniger leicht zu beantwortende Frage war, warum er mitten in der Nacht aufgebrochen und wie ein Verrückter in Richtung Heimat gerast war. War die Dame seines Herzens nicht gekommen? Das erklärte nicht die Eile. Hatte man sich verkracht? Hatten ihn plötzliche Gewissensbisse nach Hause getrieben? Was sonst konnte vorgefallen sein, was zu seinem überstürzten Aufbruch führte?
    In einer der unteren Schubladen meines Schreibtischs fand ich eine zerfledderte Landkarte, die noch aus dem Besitz meines Vorgängers stammte. Wieder einmal erinnerte ich mich daran, dass ich mir neue Möbel bestellen wollte. Seit ich hier war, hatte ich vor, den alten Krempel zu entsorgen und gegen eine menschenwürdige Büroausstattung einzutauschen. Aufgrund unserer knappen Finanzen war bisher jedoch nichts aus meinen Plänen geworden. Lediglich der hübsche und funkelnagelneue Laptop auf meinem Schreibtisch verriet, dass auch in meinem Büro die Zeit nicht stehen geblieben war. Mit seiner Hilfe konnte ich nun unser computergestütztes Fahndungssystem einsehen und im Internet herumflanieren, wenn mir danach war.
    Ich fand die Unfallstelle in der Karte. Aber ich wurde nicht schlauer dadurch. Eine leicht gekrümmte Straße, wenige Meter vom Neckarufer entfernt. Heute Mittag erst war ich zwei Mal an dieser Stelle vorbeigekommen.
    Was sollte ich Vanessa Kriegel sagen? Ich entschied mich für die Wahrheit: Gar nichts hatte ich herausgefunden. Das Hotel hatte auch mir keine Auskünfte gegeben. Basta. Als ich den Hörer schon in der Hand hielt, merkte ich, dass ich nicht die geringste Lust hatte, sie anzurufen. So legte ich wieder auf und machte Feierabend. Es bestand die Gefahr, dass sie mir wieder etwas vorheulte, und ich hatte wirklich keine Lust, mir meine eben erst aufgehellte Laune gleich wieder zu verderben.
    Jetzt würde ich eine Runde joggen, und dann musste ich packen für das Wochenende mit Theresa.

5
    »Paps …?«
    Üblicherweise folgte auf diese zaghafte Eröffnung ein Versuch, mir die Erlaubnis abzuschwatzen für etwas, was absolut verboten oder unbezahlbar war. Ich war tatsächlich eine Runde gelaufen, und die Bewegung hatte mir gut getan. Bei der Rückkehr überfielen meine Zwillinge mich im Flur.
    »Du hast doch nichts dagegen, wenn wir heute Abend ins Schwimmbad gehen?«
    »Ins Schwimmbad?«, fragte ich verdutzt. Wenn es etwas gab, was meine Töchter hassten, dann war es sportliche Betätigung jeder Art. Alles, was einen ins Schwitzen brachte, außer Tanzen natürlich, aber dazu hatten sie selten Gelegenheit. Für Diskobesuche waren sie einfach noch zu jung, auch wenn sie das partout nicht glauben wollten. Nach unzähligen Diskussionen hatten sie in den letzten Wochen nicht einmal mehr zu fragen gewagt. »Warum nicht? Das wird euch bestimmt gut tun.«
    Aufgeräumt zogen sie kurze Zeit später los. Erst hinterher fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, eine Uhrzeit für die Heimkehr festzusetzen.
    Ich duschte ausgiebig und packte meine Tasche für morgen. Später hörte ich Musik, las in Theresas Buch und freute mich aufs kommende Wochenende. Meine Mädchen kamen erst kurz vor elf nach Hause und waren blendender Laune. Das Schwimmen schien ihnen wirklich gut zu tun. Bald darauf ging ich ins Bett. Ich schlief gut und träumte von Theresa.
     
    Am Freitagmorgen erwartete mich Balke mit diesem fiebrigen Blick, der verriet, dass er auf eine heiße Spur gestoßen war. Ich hängte meinen Mantel in den Schrank.
    Balke konnte es kaum erwarten, bis ich endlich saß. »Der Rover ist aufgetaucht!«
    »Hörrles Fluchtfahrzeug?«, fragte ich. »Sagen Sie bloß nicht, in der Nähe von Heidelberg.«
    »Doch. Zwischen Eberbach und Hirschhorn. Dummerweise führt die Straße dort ein paar Kilometer durch Hessen, deshalb hat’s so lange gedauert, bis wir davon erfahren haben. Er stand mit leerem Tank auf einem Parkplatz neben der Straße.«
    »Okay. Hörrle ist also das Benzin ausgegangen. Aber was ist daran so aufregend?«
    »Es geht noch weiter. McFerrin hat am Montagabend tausend Euro aus einem Geldautomaten gezogen, die wir nicht gefunden

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