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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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ein so humorloses Lachen gehört. »Ungefähr das Letzte, was unsere Klienten wünschen, sind neugierige Fragen deutscher Behörden. Vorläufig muss es Ihnen genügen, wenn ich versichere, dass alles juristisch wie steuerlich in bester Ordnung ist.«
    Nur weil er mir so unsympathisch war, ließ ich nicht locker. »Siebenstellig? Achtstellig?«
    Er seufzte gequält. »Hängen Sie noch eine Null dran.«
    Ich musste einen Augenblick rechnen. »Eine Milliarde Euro?«
    »Wir sprechen von Dollars. Sie können sich entspannen.« Krasnitz war offenbar zum Schluss gekommen, dass er mich nur loswurde, wenn er freundlich zu mir war. »Sehen Sie, Herr Gerlach, Geld bedeutet für uns hier etwas anderes als für … sagen wir, normale Menschen. Geld ist für uns nichts weiter als ein Rohstoff, aus dem man mehr Geld macht, wenn man sich dabei nicht allzu dumm anstellt.«
     
    Balke streckte den Kopf herein. Seine Miene gefiel mir nicht.
    »Es gibt Ärger«, sagte er, sobald er saß. »Letzte Nacht hat ein Zeuge Hörrle im Odenwald gesehen. Ungefähr zwanzig Kilometer von hier, in der Nähe von Brombach. Und dieser Zeuge scheint leider kein Spinner zu sein. Ich habe sicherheitshalber selbst mit ihm gesprochen.«
    »Sie wollen hoffentlich nicht andeuten, Hörrle ist auf dem Weg nach Heidelberg?«
    »Doch. Ich hab da nämlich leider was übersehen.« Balke sah mich betreten an. »Hörrle ist zwar in Leingarten geboren, in der Nähe von Heilbronn. Aber aufgewachsen ist er hier in Heidelberg. Bei einer Tante.«
    »Warum das? Sind seine Eltern tot?«
    »Eltern? Na ja.« Er lachte leise. »Seine Mutter war siebzehn, als sie das Kind kriegte, und wer der Vater ist, weiß sie vermutlich selbst nicht. Sie hat sich damals ihren Lebensunterhalt mehr oder weniger zusammengevögelt. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie schon zwei Entzugsmaßnahmen hinter sich, harte Sachen, Heroin und so weiter. Mit anderthalb Jahren hat die Fürsorge den kleinen Vitus ins Heim gesteckt. Mit vier kam er in eine Pflegefamilie, die ihn acht Wochen später unter Protest zurückgab. Dann war er wieder im Heim, ist hin und wieder ausgebüxt, und irgendwann hat ihn seine Tante zu sich genommen, Anne Hörrle. Die ist anscheinend mit ihm fertig geworden. Er ist brav zur Schule gegangen und hat sogar Abitur gemacht.«
    »Wo wohnt die Frau?«
    »In Wieblingen draußen.« Er machte eine Handbewegung in Richtung Westen. »Es geht das Gerücht, dass sie vor Jahren mehrfach als nicht angemeldete Nutte vom Straßenstrich aufgelesen wurde. Irgendwo an der Ausfallstraße in Richtung Schwetzingen soll sie einen Wohnwagen gehabt haben. Zur Verurteilung hat es aber nie gereicht. Die Akte ist natürlich längst vernichtet. Später hat sie das Geschäft aufgegeben, nehme an, aus Altersgründen. Immerhin hat sie es zu einem Häuschen gebracht. Sogar einen Garten hat sie und ein paar Hühner.«
    »Man bricht doch nicht aus dem Knast aus und nimmt eine solche Tortur auf sich, nur um seine Tante zu besuchen!«
    »Er kennt sonst niemanden. Ich hab vorhin das psychologische Gutachten überflogen. Hörrle ist bei aller Gewalttätigkeit und Sauferei in gewissem Sinne ein Kind. Vielleicht will er einfach nur nach Hause. Ins Warme.«
    »Das gefällt mir alles ganz und gar nicht!«, stöhnte ich. »Womöglich ist er schon dort! Zwanzig Kilometer schafft ein Mensch zu Fuß in vier Stunden, wenn er fit ist.«
    »Ganz so eilig ist es nicht.« Balke begutachtete seine breiten Fingernägel und schien mit dem Ergebnis zufrieden zu sein. »Der Zeuge hat ihn morgens um halb fünf gesehen. Und da Hörrle bestimmt nicht am helllichten Tag durch die Stadt spazieren wird, taucht er frühestens in der kommenden Nacht in Wieblingen auf. Wir können uns in aller Ruhe vorbereiten. Sobald er drin ist und schläft, schlagen wir zu. Gut fürs Image und die Quoten.«
    »Wie glaubwürdig ist denn dieser Zeuge?«
    »Leider ziemlich. Ein Zahnarzt und Hobbyjäger, der auf seinem Hochsitz nach Viehzeug Ausschau hielt. Hörrle hat ihn zum Glück nicht bemerkt.«
    »Morgens um halb fünf ist es doch stockdunkel!«
    »Anscheinend haben sogar die Jäger jetzt schon Nachtsichtgeräte. Demnächst jagen sie Enten mit selbstgesteuerten Boden-Luft-Raketen. Die armen Tierchen haben doch heute überhaupt keine Chance mehr!« Balke wirkte ehrlich empört.
    »Wenn Hörrle ihn bemerkt hätte, dann hätten wir vermutlich noch einen weiteren Mord am Hals.« Ich dachte kurz nach. Aber viel zu überlegen gab es nicht. »Wir hören ab sofort

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