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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Erdbeben erlebt?«, fragte ich schließlich. »So ein richtig schweres?«
    Sie blinzelte mich ratlos an und schüttelte den Kopf.
    »Aber wenn eines käme, dann würdest du trotzdem sofort wissen, dass es ein Erdbeben ist, nicht wahr?«
    Sie nickte zögernd.
    »Genau so ist es, wenn man sich verliebt. Man kann es nicht beschreiben. Aber wenn es einen erwischt, dann weiß man es einfach.«
    Zufrieden schloss sie die Augen und schmiegte sich noch enger an mich. Da sie von sich aus nichts erzählen wollte, fragte ich nicht weiter. Auch Kinder haben ein Recht auf Geheimnisse.
    Bei nächster Gelegenheit musste ich Theresa fragen, wie man als Vater Töchter aufklärt. Unsinn. Erstens hatte sie keine Kinder. Und zweitens, wir sprachen ja nicht mehr miteinander.
    »Paps?«, kam es nach einer Weile. »Bist du auch manchmal verliebt?«
    »Hm … Nun …«
    »Du bist am Wochenende mit einer Frau weg gewesen, stimmt’s?«
    Ich bekam einen Hustenanfall.
    »Also hat Loui doch Recht«, stellte sie traurig fest. »Warum dürfen wir sie nie sehen?«
    »Ach …«
    Plötzlich richtete sie sich auf und sah mich alarmiert an. »Sie ist doch nicht etwa verheiratet? Paps, also ehrlich!«
    »Es ist vorbei«, krächzte ich. »Du brauchst dich nicht aufzuregen. Es ist sowieso vorbei.«
    Plötzlich hatte ich eine überwältigende Lust auf Rotwein. Was ich in der Küche fand, war nicht annähernd so gut wie das, was ich mit Lorenzo zusammen getrunken hatte. Aber die Flasche enthielt genau so viel Alkohol, und darauf kam es jetzt an.
    Louise kam eine halbe Stunde zu spät, eigentlich hatte sie nur Ausgang bis elf. Im Gegensatz zu ihrer Schwester war sie blendender Laune und begrüßte mich mit ausgelassener Herzlichkeit. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon zu viel getrunken, um noch Lust auf Streit zu haben.
     
    Am nächsten Morgen erwartete mich im Büro eine strahlende Sekretärin. Es war ihr gelungen herauszufinden, bei welcher Firma Sören Kriegel in dem halben Jahr vor seinem Tod gearbeitet hatte.
    »Analytech GmbH«, las sie von Ihrem Block. »Es war gar nicht einfach. Aber beim Arbeitsamt war ich dann schließlich richtig. Die haben eine Akte über ihn. Er war mal eine Weile arbeitslos.«
    »Und die verraten Ihnen das einfach so?«, staunte ich. »Normalerweise müssen wir für eine solche Auskunft drei mehrseitige Formulare ausfüllen und dem zuständigen Sachbearbeiter vier Wochen lang die Schuhe putzen.«
    »Ich kenn da wen«, meinte sie achselzuckend.
    »Verbinden Sie mich bitte gleich mit dem Geschäftsführer dieser Firma. Ich will wissen, wofür Kriegel dort zuständig war. Und außerdem versuchen Sie, diesen Doktor Krasnitz zu erreichen.«
    Natürlich hätte ich ebenso gut selbst in München anrufen können, es wäre sogar schneller gegangen, aber man wird einfach ernster genommen, wenn sich eine freundliche Dame meldet mit den Worten: »Augenblick bitte, ich verbinde mit Kriminalrat Gerlach.«
    Krasnitz war nicht erfreut, meine Stimme zu hören.
    »Analytech?«, fragte er kühl. »Nie gehört.«
    »Halten Sie es für denkbar, dass Frau Gold-Fehrenbach für die Firma arbeitete, ohne dass Sie davon wussten? Sozusagen auf eigene Rechnung?«
    »Meine Mitarbeiter haben keine Zeit für Nebengeschäfte in der Freizeit. Das mag es im öffentlichen Dienst geben, aber bei uns in der freien Wirtschaft nicht. Kann ich sonst noch …?«
    »Aus welchem Grund war Ihre Mitarbeiterin in der Nacht vom fünften auf den sechsten Juli letzten Jahres unterwegs?«
    »Das entzieht sich meiner Kenntnis. Sie hatte am fünften Urlaub genommen. Ich habe mich inzwischen kundig gemacht.«
    »Und für welchen Ihrer Klienten hat sie damals gearbeitet?«
    »Sie war in einem Team, das einen Kunden betreut, welcher einen Teil seines Vermögens im Osten investieren will. In den Ländern, die jüngst der EU beigetreten sind.«
    Natürlich. Dort waren die Renditen höher, weil die Löhne niedriger waren. Dass hier am Ende überhaupt niemand mehr Arbeit haben würde, interessierte diese Herrschaften ja nicht.
    »Darf man fragen, wer dieser Kunde ist?«
    »Fragen darf man vieles.« Er war hörbar in Eile.
    Ich hingegen überhaupt nicht. Krasnitz hatte Recht, im Vergleich zu vielen geplagten Beschäftigten der freien Wirtschaft haben Beamte meist Zeit. So lehnte ich mich zurück und gönnte mir das Vergnügen, ihn zu quälen.
    »Aus reiner Neugierde, wie hoch ist der Betrag ungefähr, den der Herr anzulegen wünscht?«
    »Seien Sie mir nicht böse.« Selten hatte ich

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