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Heidelberger Requiem

Heidelberger Requiem

Titel: Heidelberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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noch tagelang rumquatschen. Ich war’s nicht. Ich will einen Anwalt.«
    »Kriegen Sie, keine Sorge.« Ich fixierte ihn. »Hören Sie, Gardener, ich bin ja ein geselliger Mensch und unterhalte mich gerne mit Menschen, vor allem, wenn sie so viel Phantasie haben wie Sie. Aber jetzt hab ich langsam die Schnauze voll. Entweder Sie packen jetzt aus, oder ich knöpfe mir Ihre Mutter vor. Die wird ja wohl das eine oder andere wissen. Hat sie übrigens eine Ahnung, woher das Geld stammt, von dem sie lebt?«
    Er hielt meinem Blick stand. Selbst die Drohung mit der Mutter machte heute keinen Eindruck auf ihn. »Ich sag kein Wort mehr ohne Anwalt.«
    Ich lehnte mich zurück, nahm meinen Stift in die Hand und spielte damit herum. »Wissen Sie, Gardener«, sagte ich nach einer Weile, »ich hab im Lauf meiner Karriere eine interessante Erfahrung gemacht. All die Typen, die unbedingt einen Anwalt brauchen, haben was ausgefressen.«
    »Ist mir scheißegal. Sie wollen mich da in was reinreiten. Ich seh das doch, bin doch nicht beknackt!«
    »Sie kriegen natürlich Ihren Anwalt. Ist Ihr gutes Recht. Aber das wird nichts ändern. Sie sitzen hier ja nicht nur wegen Mordverdacht, sondern auch, weil Sie eine Menge Einbrüche auf der Latte haben. Die Beweise sind völlig eindeutig, Ihre Fingerabdrücke sind überall auf der Beute. Der Haftbefehl liegt oben auf meinem Schreibtisch. Auch der beste Anwalt wird Sie da nicht rausholen.«
    »Mir egal. Ich will einen Anwalt. Ich hab ein Recht auf einen Anwalt.«
    Ich schaltete das Mikro aus. »Ich krieg Sie, Gardener«, sagte ich sehr leise. »Früher oder später kriege ich Sie. Die Frage ist nur, wie und wann. Sie können es auf die harte Tour haben, wir können hier noch wochenlang Märchenstunden veranstalten. Ich koche Sie weich, bis Sie nicht mehr können. Jeden Tag, sieben Tage die Woche, wenn Sie unbedingt wollen, auch nachts. Ich hab noch jeden kleingekriegt, der hier gesessen hat. Ich hab genug Material gegen Sie, um Sie ein halbes Jahr in U-Haft zu halten. Oder Sie können Ihre Ruhe haben, wenn Sie es sich von der Seele reden. Früher oder später tun Sie es sowieso. Warum also nicht gleich.«
    »Ich will einen Anwalt.«
    So ging das eine gute Stunde, dann schickte ich ihn in seine Zelle zurück, ließ den Pflichtverteidiger rufen, der ihm zustand, und schloss mein Büro ab.
     
    Zu Hause angekommen, stauchte ich die Zwillinge wegen irgendeiner Kleinigkeit zusammen, warf mich mit einer Flasche Rotwein in die Badewanne und fühlte mich auch nach einer Stunde immer noch schmutzig und einsam. Anschließend machte ich einen langen Spaziergang über die dunkler werdenden Wiesen, beobachtete Kaninchen und beruhigte mich allmählich. Als ich zurückkehrte, waren die Mädchen in ihrem Zimmer und schmollten immer noch.
    Ich setzte mich ins Wohnzimmer, trank den Rest aus der Weinflasche, hörte Musik und versuchte, Dorian Gray zu lesen. Aber meine Gedanken irrten ab. Inzwischen hatte ich doch massive Zweifel an Gardeners Schuld. Sollte es diesen geheimnisvollen Unbekannten tatsächlich geben, der ihn niedergeschlagen und dann alles so gedreht hatte, dass der Verdacht auf ihn fallen musste? Aber seine Geschichte war einfach zu absurd. Ich hatte doch alles, die Tatwaffe, jede Menge Spuren, Zeugenaussagen. Zur Not würde es schon jetzt für einen Indizienprozess reichen. Nur das Motiv fehlte mir noch.
    Später dachte ich an Marianne und die Frau mit der Perlenkette. Überlegte, ob man gleichzeitig in zwei Frauen verliebt sein kann. Ich warf das Buch auf den Tisch zurück und legte mir die Fragen zurecht, die ich Gardener morgen früh stellen würde. Malte mir aus, wie er zusammenbrechen würde. Wie alle würde er irgendwann seinen Widerstand aufgeben und nur noch gestehen, sich die Last von der Seele reden, endlich diesem unerträglichen Druck nachgeben. Auch er würde früher oder später weich werden. So weich, dass er weinen würde, wenn er das Geständnis unterschrieb. Ich hatte schon härtere Gesellen weinen sehen. Morgen war Freitag. Am Wochenende wollte ich nicht mehr über den Fall Grotheer nachdenken müssen.
    Als die Platte fast zu Ende war, ging die Tür, und eine meiner Töchter kam barfuß und im Nachthemd hereingeschlichen. Sie setzte sich und kuschelte sich an mich.
    »Warum dürfen wir denn nicht in die Disco, Paps? Alle dürfen. Nur wir nicht.«
    »War’s denn schön? Hat sich der Stress wenigstens gelohnt?«
    Verträumt murmelte sie etwas von süßen Jungs.
    »Ihr seid einfach

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