Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heidelberger Requiem

Heidelberger Requiem

Titel: Heidelberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
interessieren. Schließlich gab sie sich einen deutlich sichtbaren Ruck.
    Ohne aufzusehen, begann sie mit kläglicher Stimme: »Ihr Vorgänger, Herr Kriminalrat, also …«
    »Seifried?«
    Sie sah hartnäckig auf die Spitzen ihrer cremeweißen Pumps. »Wissen Sie, also … wie der mich immer genannt hat, der Herr Seifried?«
    Ich legte das angebissene Croissant auf den Teller zurück, verschränkte die Hände im Genick und wartete. Ihr ohnehin rosiges Gesicht nahm eine Besorgnis erregende Farbe an.
    »Also … Es ist nämlich …«
    Eine Sekunde fürchtete ich, sie würde in Tränen ausbrechen oder einfach davonlaufen. Dann brachte sie es endlich über sich.
    »Sönnchen hat er mich immer genannt, der Herr Seifried.«
    »Sönnchen?«
    »Weil … von Sonja …« Sie nickte mit einer Miene, als hätte sie etwas wirklich Schreckliches angestellt.
    »Und Sie möchten …?«
    »Es würde mich sehr freuen«, wisperte sie und hielt den Blick standhaft gesenkt.
    Ich beugte mich vor und reichte ihr die Hand.
    »Okay, dann also Sönnchen. Ich heiße Alexander.«
    Sie sah mir erschrocken ins Gesicht. »Ich weiß, Herr Kriminalrat«, flüsterte sie verwirrt, ergriff meine Hand und ließ sie sofort wieder los.
    »Nicht Kriminalrat. Alexander.«
    »Alexander.« Sie sprang auf und floh. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Vorstellung davon gehabt, wie tief ein Mensch erröten kann.
    Kurz nach neun erschien Balke mit einer Akte in der Hand, die nur ein einziges Blatt enthielt. Er war wütend wie noch selten.
    »Diese Marvenport and Partners, ich finde einfach nicht raus, was die treiben.«
    Ich war mit meinen Gedanken nicht bei der Sache. »Marvenport und wer?«
    »Diese Firma auf Guernsey, die die Wohnung neben dem jungen Grotheer angemietet hat. Ungefähr tausend Mal hab ich da angerufen. Aber es geht keiner ran, nicht mal ein Anrufbeantworter. Sie haben keine Website, die Internet-Suchmaschinen haben den Namen nie gehört. Irgendwie ist das, als ob die überhaupt nicht existieren.«
    »Was sagen die dortigen Kollegen dazu?«
    »Wenig bis gar nichts. Das sei eine Ingenieurfirma, heißt es, die machen Projekt-Management, Projekte im Ausland, weltweit. Mehr verraten sie mir nicht.«
    »Irgendwelche Namen? Die müssen doch wissen, wie der Geschäftsführer heißt.«
    »Darauf warte ich noch. Aber es ist verdammt schwierig. England ist nicht zuständig, und die lokale Verwaltung dort auf der Insel ist nicht sonderlich gesprächig.«
    »Bleiben Sie dran. Die Chancen sind nicht groß, dass es was bringt, aber bleiben Sie mal dran«, entschied ich. »Wir haben ja sonst nicht viel.«
    »Wie geht’s Ihren Mädchen in der neuen Schule?«
    »Immerhin sind sie heute wieder hingegangen. Das muss man als Erfolg werten«, seufzte ich.
    »Süße Hüpferchen, die beiden. Aus denen wird noch was.«
    »Falls Sie nicht die Finger von ihnen lassen, Herr Balke, dann werde ich mich persönlich dafür einsetzen, dass Sie nach Badisch Sibirien versetzt werden und bis an Ihr Lebensende die Grenze nach Schwaben bewachen.« Natürlich fühlte ich mich geschmeichelt. Aber ich hätte es niemals zugegeben.
    Mit einem Grinsen im unrasierten Gesicht verschwand er.
    Fünf Minuten später läutete das Telefon. Balke war heiser vor Aufregung. »Ein Hammer, Chef. Ein absoluter Hammer. Kann ich mal kurz kommen?«
    Augenblicke später stand er schwer atmend vor meinem Schreibtisch.
    »Eben ist das Fax gekommen von den Kollegen auf Guernsey. Geschäftsführer dieser Firma ist ein gewisser Raoul de Falconet, ein Franzose.« Er fiel auf einen Stuhl. »Ich hab den Namen dann spaßeshalber mal bei Google eingegeben. Und was finde ich?« Er warf mir einen Computer-Ausdruck auf den Tisch. »Ein Foto von einer gewissen Geraldine de Falconet. Aufgenommen bei der Einweihung einer Klinik in Somalia im vorletzten Jahr. Und daneben steht ein Kerl …« Er hämmerte mit der Spitze seines Zeigefingers auf das Bild. »Und dieser Kerl hat verteufelte Ähnlichkeit mit unserem Professor, finden Sie nicht?«
    Ich sah mir das Foto lange und genau an. »Weiß nicht«, sagte ich schließlich. »Kann sein, kann nicht sein.«
    »Hat die Tochter nicht erzählt, er unterstützt humanitäre Projekte? Da stand irgendwas von einer Stiftung, die das Krankenhaus finanziert hat. In Lausanne sitzen die.«
    »Schon, ja.« Ich schob ihm das Blatt zurück. »Aber so selten wird dieser Name vielleicht gar nicht sein, und ob das da wirklich Grotheer ist? Das Bild ist ja nicht besonders

Weitere Kostenlose Bücher