Heidelberger Wut
wir verschieben den Zugriff auf morgen.«
»Ich denke, ich peile noch mal die Lage.« Vangelis warf sich die langen Riemen ihrer Handtasche über die Schulter.
»Haben Sie keine Angst, dass die beiden Sie entdecken?«
»Sie kennen mich nicht. Ich war die ganze Zeit außer Sicht. Außerdem erwarten sie Männer, falls sie wirklich mit einer Aktion von uns rechnen.«
Ein mit allerlei Zierrat und Kunststoff-Teilen geschmückter älterer Mercedes schlingerte mit viel zu hoher Geschwindigkeit auf den Parkplatz. Der Fahrer schien nicht mehr ganz nüchtern zu sein und stellte den Wagen so ab, dass er gleich zwei Parklücken blockierte. Zwei blendend gelaunte junge Burschen kletterten aus dem tiefergelegten Wagen, bestaunten hemmungslos meine Kollegin, wankten lachend an dem dunklen Häuschen vorbei, in dem normalerweise der Platzwart saß, und drehten sich noch dreimal nach Klara Vangelis um.
»Sie kommen aus Sindelfingen«, sagte sie halblaut, als würde das irgendetwas erklären, »und sind zum Angeln hier. Weiter hinten haben sie einen Wohnwagen stehen, und sogar ein kleines Ruderboot haben sie dabei.«
Sie reckte sich. »Ich geh dann mal.«
Augenblicke später hatten die Dunkelheit und der leider minütlich dichter werdende Nebel sie verschluckt.
Zur Sicherheit trug sie ein Mikrofon am Körper sowie einen Ohrstöpsel, so dass wir uns im Krisenfall verständigen konnten. Zunächst hörte ich nur ihren ruhigen Atem und gleichmäßigen Schritt. Dazu in der Ferne den seligen Singsang der zwei betrunkenen Schwaben, deren Stimmen jedoch bald lauter wurden.
»Mist!«, zischte Vangelis. »Die haben mir jetzt gerade noch gefehlt.«
Der Gesang brach ab. »Hallo, schöne Frau«, sagte eine Männerstimme mit leichtem schwäbischem Akzent. »Gar keine Angst so allein im Dunkeln?«
»Ach, es geht«, meinte Vangelis kühl. »Hier ist ja zum Glück nichts, wovor man sich fürchten müsste.«
»Stimmt. Vor uns musst du keine Angst haben. Und sonst ist ja keiner da.«
Nun mischte sich der zweite ein: »Im Gegenteil, wir könnten dir eine Menge schöne Sachen zeigen!«
»Danke, ich habe heute schon genug schöne Sachen gesehen. Und jetzt lassen Sie mich bitte vorbei.«
»He, wieso gleich so pampig?«
»Wir wollen doch bloß nett sein. Findst uns denn nicht nett, Süße?«
»Doch, ich finde Sie beide äußerst nett.« Vangelis wurde nun hörbar ungnädig. »Und es wäre hübsch, wenn Sie ein wenig leiser sein könnten und mich jetzt bitte vorbeilassen würden.«
Ich stellte mir vor, wie die beiden Schwaben sich angrinsten.
Vangelis seufzte. »Sie wollen doch keinen Ärger?«
»Ärger?« fragte der erste mit schlecht gespieltem Erstaunen. »Wollen wir Ärger?«
»Aber hallo«, freute sich der andere. »Ich steh nämlich total auf Weiber, wo sich wehren!«
»Lassen Sie mich augenblicklich los«, fauchte Vangelis nun deutlich lauter als zuvor.
»Komm, jetzt stell dich halt nicht so an, Süße. Wir haben da hinten einen Wohnwagen mit allem Pipapo. Sogar Sekt haben wir im Kühlschrank.«
Vangelis seufzte. Ich hörte Rascheln und dann ein leises Klimpern, das mir sehr bekannt vorkam.
»He! Guck mal, sie hat Handschellen dabei! Krass! Stehst du auf so Sado-Maso-Zeug?«
»Nein, ich stehe nicht auf solches Zeug. Das sind ganz offizielle Handschellen aus dem Besitz des Landes Baden-Württemberg. Das hier ist mein Dienstausweis, und das hier …«, ich hörte ein nicht weniger bekanntes Klicken, »… habt ihr bestimmt schon mal im Fernsehen gesehen. Das ist meine Pistole.«
Die beiden Möchtegern-Casanovas waren plötzlich sehr still.
»Mit den Handschellen bindet ihr euch bitte am Handgelenk aneinander, genau, und jetzt du, so ist es prima. Und dann geht ihr ganz brav und schön langsam in Richtung Ausgang. Ihr werdet euch nicht umdrehen und nicht versuchen abzuhauen. Wenn ich sehe, dass einer von euch den Kopf dreht oder dass ihr anfangt zu rennen, dann schieße ich euch in den Rücken. Draußen auf dem Parkplatz seht ihr einen weißen Lieferwagen. Da klopft ihr an. Meine Kollegen haben zwar keinen Sekt im Kühlschrank, dafür haben sie Schlüssel für die Handschellen, und vielleicht steht ja einer von denen auf Sado-Maso.«
Sie zählte noch lustlos ein paar Paragraphen auf, gegen die die beiden ihrer Meinung nach verstoßen hatten, wobei sie hemmungslos übertrieb, und eine halbe Minute später standen mir zwei beängstigend blasse junge Männer gegenüber, denen der Schrecken über den unromantischen Ausgang ihres
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