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Heidelberger Wut

Heidelberger Wut

Titel: Heidelberger Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolgang Burger
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hielt die junge Frau plötzlich eine Pistole in der Hand. Und der Mann wollte wissen, wo Harry steckt. Aber ich konnte nicht sprechen. Ich war wie …«
    Wieder musste ich eine längere Pause überstehen. Leichter Wind kam auf, die Blätter raschelten, das Wasser im Pool plätscherte leise. Auf einem der drei Liegestühle lag ein sonnengelbes Laken.
    »Natürlich hat er ihn auch so gefunden. Ich habe gehört, wie sie oben herumschrieen. Harry hat sich wohl gewehrt. Und dann fiel der Schuss.«
    »Sie haben das also nicht beobachtet?«, fragte ich, als wäre es eine Nebensächlichkeit.
    Wie in Trance schüttelte sie den Kopf.
    Das Gebrüll im Bad oben konnte natürlich Theater gewesen sein. Es war sogar denkbar, dass Braun sich selbst die Verletzung beigebracht hatte, damit dabei nichts schiefging.
    »Dann kamen sie herunter. Dort …« Sie wies in irgendeine Richtung. »Ich habe das Blut gesehen. Das viele Blut und …«
    »Dann wurden Sie ohnmächtig«, vervollständigte ich ihren Satz.
    »Als ich wieder zu mir kam, war ich mit der Frau allein. Ständig hatte sie dieses Handy am Ohr. In der anderen Hand hielt sie immerzu die Pistole auf mich gerichtet. Und ihr Blick, mir war klar, die meint es ernst. Ich bin fast gestorben. Eine Dreiviertelstunde lang haben sie telefoniert. Was das kosten muss, habe ich immer wieder gedacht. Verrückt, nicht wahr?«
    Von der Straße hörte ich laute Stimmen. Die Journalisten schienen etwas entdeckt zu haben, was eine kleine Aufregung wert war. In den Augen meiner Gesprächpartnerin flackerte Panik auf.
    »Was suchen diese Leute da? Xaver … Herr Seligmann ist doch unschuldig! Es stand ja sogar in der Zeitung!«
    »Morgen Abend sind sie weg, versprochen.«
    Rebecca Braun sah wieder auf die schmalen Hände in ihrem Schoß.
    »Die ganze Zeit habe ich in diese Pistolenmündung gestarrt und gedacht, gleich ist es aus. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich überhaupt eine richtige Waffe gesehen habe. Ich weiß ja, es dauerte nur eine Dreiviertelstunde. Für mich war es eine Ewigkeit.« Sie sah mir erschöpft ins Gesicht. »Jetzt hat Harry ja leider auch so ein Ding. Er hat sie mir gezeigt und erklärt, wie sie funktioniert. Aber ich habe sie nicht angefasst. Er meinte, es wäre vielleicht gut, damit ich diese Angst verliere. Aber ich konnte das nicht, und dann …« Mit einer nervösen Bewegung fuhr sie sich durchs dunkle, lockige Haar. »Dann ging plötzlich alles ganz schnell. Ein Auto kam. Der Mann war wieder da und sagte, alles sei in Ordnung. Harry gehe es gut. Sie haben mich gefesselt, dort drinnen, auf einen der Stühle am Esstisch. Aber das war dann alles nicht mehr so schlimm. Die Pistole war weg, das war die Hauptsache.«
    »Sind sie dabei brutal vorgegangen?«
    »Gar nicht.« Nachdenklich schüttelte sie den Kopf. »Die Frau hat es gemacht. Sie hat darauf geachtet, dass sie mir nicht wehtut. Auf einmal waren die beiden ja geradezu höflich. Und ich hatte auch kaum noch Angst. Wenn sie mich fesseln, dann lassen sie mich bestimmt leben, habe ich gedacht.«
    Das Geschrei auf der Straße hatte sich schon wieder gelegt.
    »Sie hat sogar gefragt, ob es so geht, ob ich bequem sitze. Sie wollte mich wirklich nicht quälen. Der Mann hat ständig auf die Uhr gesehen. Wir müssen weg, hat er einmal leise gesagt. Aber sie hat sich nicht drängen lassen.«
    »Und dann sind die beiden fortgefahren.«
    »Sie sagten noch, in spätestens einer Stunde schicken sie mir Hilfe. Und so war es dann auch. Nach einer Dreiviertelstunde kamen Ihre Kollegen.«
    Mein Handy vibrierte. Ich drückte das Gespräch weg. »Sie wussten natürlich, dass an diesem Tag ziemlich viel Geld im Tresor der Bank war?«
    Sie nickte. »Harry hatte es mir erzählt. Wenn es etwas Besonderes gibt bei der Arbeit, dann erzählt er es mir manchmal.«
    Diese Frau würde noch viel und oft über ihre Erlebnisse sprechen müssen. Manche schafften es nie, so etwas zu überwinden. Manche müssen umziehen, den Beruf und oft sogar den Partner wechseln, um endlich vergessen zu können. Wie würde sie es auffassen, wenn sie erfuhr, dass ihr eigener Mann hinter all dem steckte? Ich mochte nicht daran denken. Aber noch hatten wir ja keinen Beweis. Den galt es zu beschaffen. Zu diesem Zweck war ich hier.
    Vorhin hatte ich im Vorbeigehen die zerkauten Zahnstocher im Aschenbecher auf dem Couchtisch entdeckt. Ich bat Rebecca Braun um einen Schluck Wasser. Mit einer gemurmelten Entschuldigung sprang sie auf und lief in die Küche. Als

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