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Heidelberger Wut

Heidelberger Wut

Titel: Heidelberger Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolgang Burger
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würde. Und wer ist weniger verdächtig als einer, der bei so einer Geschichte verletzt wird?«
    »Und später hat er einfach das Handy in Seligmanns Mazda versteckt, um den Verdacht auf ihn zu lenken. Er brauchte ja nur nachts über den Zaun zu klettern …«
    »Und der ist nicht mal besonders hoch.«
    »Seligmanns Garage stand offen.«
    Wir sahen uns an.
    »Das passt alles fast zu gut zusammen«, sagte ich. »Haben wir eine DNA-Probe von Braun?«
    »Er ist der Einzige, an den bisher kein Mensch gedacht hat.«
    »Die besorge ich Ihnen. Und Sie versuchen in der Zwischenzeit bitte vorsichtig herauszufinden, ob sich auf seinen Konten in letzter Zeit etwas Auffälliges getan hat.«
    »Hab ich schon.« Er winkte ab. »Er ist natürlich nicht so blöd, seine Beute aufs eigene Sparbuch einzuzahlen. Bestimmt hat er die Kohle längst in die Schweiz geschafft.«
    »Oder seine Herzallerliebste.« Ich erhob mich und nahm mein Jackett aus dem Schrank. »Überprüfen Sie doch mal, ob die Dame in den letzten Wochen im Ausland war.«
     
    Der Presse-Aufmarsch vor Seligmanns Haus war nicht annähernd so beeindruckend, wie ich nach seiner Schilderung erwartet hatte. Entweder hatte Seligmann am Telefon maßlos übertrieben, oder ein großer Teil der Meute hatte sich schon wieder verzogen. Ich zählte drei Menschen mit umgehängtem Recorder und Mikro in der Hand, eine Fernsehkamera und eine vollschlanke und ein wenig zu grell gekleidete Frau, die mit den Händen in den Taschen ihres weiten Rocks danebenstand. Die meisten rauchten und erzählten sich Witze. Hin und wieder wurde leise gelacht. Möricke entdeckte ich zu meiner Überraschung nicht.
    In Seligmanns Haus war alles dunkel. Offenbar befolgte er meinen Rat. Früher oder später würden die Journalisten aufgeben. Für morgen war Regen angesagt, und nur neue Nachrichten sind gute Nachrichten. Zum Glück beachtete mich niemand, obwohl mir das eine oder andere Gesicht aus mancher Pressekonferenz bekannt vorkam.
    Rebecca Braun öffnete mir die Tür in einem hübschen dunkelblauen Hauskleid und mit offenem Lächeln. Sie schien sich zu freuen, mich zu sehen.
    »Haben Sie eine Spur von dem geheimnisvollen Mann im Hintergrund?«, fragte sie über die Schulter, als wir ihr Wohnzimmer durchquerten. Sie führte mich auf die Terrasse hinter ihrem Bungalow. Das Wasser im Pool glitzerte in der Sonne. Blumen dufteten.
    »Schön haben Sie es hier«, sagte ich.
    Sie lächelte mich an wie jemand, der nicht oft ein Lob hört.
    Wir nahmen Platz. Den angebotenen Kaffee lehnte ich dankend ab. Eine Meise mit blauer Brust kam herangeschwirrt und setzte sich auf einen Zweig in der Nähe, als wollte sie sich an unserem Gespräch beteiligen.
    »Ich möchte noch einmal mit Ihnen über den Tag sprechen, als …«
    Frau Braun erschauderte und schlug die Augen nieder.
    »Ich weiß, es ist schwer für Sie«, sagte ich leise. »Bitte glauben Sie mir, dass ich Sie das nicht ohne Grund frage.«
    »Es ist nichts.« Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie dadurch die Erinnerung vertreiben. »Es muss wohl sein. Sprechen Sie nur weiter.«
    Der Gedanke ließ mich frösteln, dass womöglich ihr eigener Mann dieser zarten Frau das angetan hatte, worunter sie immer noch so sehr litt.
    »Erzählen Sie mir alles noch einmal. Aber lassen Sie sich Zeit. Die kleinste Nebensächlichkeit kann wichtig sein.«
    Sie nickte ernst. »Meine Therapeutin sagt auch immer, man muss sich erinnern. Nur so wird man mit der Zeit fertig damit.« Blinzelnd lehnte sie sich zurück, sah in ihren Schoß. »Vielleicht.«
    Die Meise fand das Thema offenbar langweilig und flog davon. Dafür kamen zwei Spatzen, um eine Weile ohne jede Scheu zu unseren Füßen herumzupicken.
    »Es hat geläutet«, begann Rebecca Braun tonlos. »Morgens, Viertel vor sieben war es. Harry war oben im Bad. Ich dachte, David hat vielleicht seinen Schlüssel vergessen. Er war erst seit ein paar Minuten weg.«
    Ich unterdrückte den Drang, mich zu räuspern, bemühte mich, kein Geräusch zu machen. Sie hielt den Blick gesenkt. Einer der Spatzen interessierte sich für meine Schuhspitze, traute sich dann aber doch nicht näher heran.
    »An der Gegensprechanlage sagte der Mann, er sei von der Polizei. Er hielt auch irgendeinen Ausweis in die Kamera. Mein Gott, ich dachte, vielleicht ist etwas mit David und …«
    Sie kaute auf der Unterlippe, wie sie es oft machte.
    »Sie waren ganz freundlich. Wir gingen ins Wohnzimmer, und ich wollte gerade fragen, was denn los ist, da

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