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Heidelberger Wut

Heidelberger Wut

Titel: Heidelberger Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolgang Burger
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ausgeprägten Rundungen an allen richtigen Stellen, und schwarzhaarige Frauen mit hellen Augen hatten mich schon immer verrückt gemacht.
    »Wir dürfen uns doch zu Ihnen setzen?« Ich nahm Platz und bemühte mich, sie nicht allzu dämlich anzustarren. Balke setzte sich ihr gegenüber und schaltete vermutlich völlig automatisch sein Herzensbrecher-Lächeln auf höchste Stufe.
    »Frau Piaget, wir würden mit Ihnen gerne über einen gewissen Herrn Braun sprechen. Der Name sagt Ihnen was?«
    »’arry?« Ihre Augen wurden noch ein wenig runder. Unsicher stellte sie das hohe Glas ab. »Warum?«
    »Wir wissen, dass Sie am Freitag, dem dreizehnten Mai einen Tagestrip nach Luxemburg gemacht haben. Darf ich fragen, was Sie dort zu tun hatten?«
    Nun wurde ihre Miene finster. »Gerne dürfen Sie fragen. Aber isch werde nischt antworten«, erwiderte sie mit Schmollmund.
    Es roch nach Staub und ein wenig nach Kuhmist. Die Tennisanlage befand sich am Rand des Städtchens, weiter südlich begannen ausgedehnte Felder. In der Nähe ploppten, für uns wegen einer Hecke unsichtbar, Tennisbälle hin und her. Hin und wieder ertönte ein Freudenschrei oder auch das Gegenteil davon.
    »Wir vermuten, dass Sie im Auftrag von Herrn Braun eine größere Summe Bargeld nach Luxemburg geschafft haben.«
    »Nein«, erwiderte sie trotzig. »Das ’abe isch nischt!«
    »Was dann? Was wollten Sie dann dort?«
    In der offenen Glastür zum Lokal stand eine Bedienung mit hochgestecktem hennafarbenem Haar, vermutlich Frau Piagets Nachfolgerin, und spitzte die Ohren. Vielleicht deshalb sprach unsere Gesprächspartnerin auf einmal leiser. Irgendwo in der Ferne hörte ein Hahn nicht auf zu krähen.
    »Das sein meine Angelegenheit. Und ’arrys. Aber nischt Ihre.«
    Ich tat etwas, was ich normalerweise zu vermeiden suche. Ich log sie an.
    »Zeugen haben aber gesehen, wie Sie gegen Mittag eine große Bank in der Luxemburger Innenstadt betreten haben. Wir können gerne eine Gegenüberstellung machen.«
    Ihr Zug war um halb zwölf in Luxemburg angekommen, deshalb war die Uhrzeit nicht schwer zu erraten. Céline Piaget schwieg mit trotzig niedergeschlagenen Augen und rührte mit dem Strohhalm in ihrem Longdrink.
    »Wir werden den Angestellten der Bank Ihr Foto zeigen. Das wird das Einfachste sein.«
    Sie schob die tiefrot geschminkte Unterlippe vor.
    »Wenn Sie mit uns kooperieren, dann wird sich das zu Ihren Gunsten auswirken«, sagte Balke milde. »Überlegen Sie sich das in Ruhe.«
    »Isch darf aber nischt sagen«, murmelte sie. Ihre großen Augen begannen zu schwimmen.
    Ich schaltete einen Gang zurück.
    »Seit wann sind Sie denn schon mit Herrn Braun zusammen?«
    »Siebzehn Monate«, flüsterte sie mit bebender Lippe, »und elf Tage.«
    »Hat er Ihnen versprochen, sich von seiner Frau zu trennen?«
    Sie nickte verzagt. »Er liebt misch so sehr!« Ein Tränchen kullerte dekorativ über die makellose Wange bis zur Kinnspitze und tropfte von dort zielgenau in den freigiebigen Ausschnitt ihres bordeauxroten T-Shirts, das vermutlich so viel gekostet hatte wie der Anzug, den ich trug.
    Ich zwang meinen Blick weg von der Stelle, wo die Träne eben verschwunden war.
    »Wann wird er sie verlassen?«
    »Bald«, flüsterte sie so leise, dass Balke sich unwillkürlich vorbeugte. »Aber sie ist so krank. Er muss warten, bis sie wieder gesund ist.«
    »Wollen Sie dann zusammenziehen? Heiraten?«
    Eine zweite Träne erzeugte auf dem Shirt einen dunklen Fleck. »Wir gehn zusammen nach Paris.«
    »Nach Paris?«
    »Ein Wohnung nehmen. Auf die Montmartre vielleicht.«
    »Für einige Zeit oder für immer?«
    »Aber für immer!«, erwiderte sie empört. »Wir wollen zusammenleben! In Paris!«
    »Und wovon wollen Sie leben?«, fragte Balke. »Will er sich dort eine Arbeit suchen? Paris ist ziemlich teuer, habe ich gehört!«
    »’arry ’at genug Geld«, murmelte sie. »Er muss nischt mehr arbeiten.«
    »Seit wann hat er denn so viel Geld?«, fragte ich.
    Die arme Frau, sie mochte höchstens fünfundzwanzig sein, merkte nicht einmal, dass sie dabei war, ihren Geliebten ins Gefängnis zu reden.
    »Seit ein paar Wochen.«
    Meine nächste Frage war schon unverfroren. Aber einen Versuch war es wert.
    »Wissen Sie auch, woher das Geld stammt?«
    »Ja«, erwiderte sie treuherzig, und mein Herz machte einen Hüpfer. »Aber isch darf nischt verraten. ’arry ’at mir verboten.«
    Die Bedienung war ein wenig näher gekommen. Jetzt erst fiel mir auf, dass sie sich gar nicht so sehr

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