Heidelberger Wut
für unser Gespräch interessierte, sondern dass ihr Blick unentwegt an meinem Mitarbeiter klebte. Hatte er mir nicht erzählt, er habe mit ihr angebändelt, um etwas über Céline Piaget zu erfahren? Sicherheitshalber bestellte ich eine Cola. Widerstrebend trollte sie sich. Hinter der Ligusterhecke ertönte ein Schmerzensschrei, und das nervige Plop-Plop brach ab.
Balke reichte unserer Gesprächspartnerin ein Päckchen Papiertaschentücher, da ihres leer zu sein schien. Sie dankte ihm mit einem verzweifelten Kleinmädchenblick, und ich rechnete jeden Augenblick damit, dass er sie tröstend in den Arm nahm. Sie putzte das Näschen, tupfte die Augenwinkel. Inzwischen hatte sich schon einiges an Mascara in ihrem Gesicht verteilt.
»Wann wollten Sie denn nach Paris übersiedeln?«, fragte er freundlich.
»An meine Geburtstag«, murmelte sie fassungslos, »in August. Dann wollte ’arry sisch auch scheiden lassen. Er liebt seine Frau schon lange nischt mehr.«
Warum irritierte mich plötzlich das Wort Geburtstag? Sollte ich etwa schon wieder …? Aber nein, meine Töchter hatten erst im September, meine Eltern im Frühjahr. Meine Cola kam, und ich wurde aufgefordert, bitte gleich zu bezahlen.
»Und Sie wollen uns wirklich nicht sagen, woher das Geld für Ihre schönen Zukunftspläne stammt?«
Céline Piagets Stimme wurde allmählich wieder fester. »’arry ’at gesagt, wir werden in Braus und Saus leben. Ein ’aus in die Normandie wollte er kaufen, am Meer! Und ein Motorboot, ein sehr großes mit ein rischtisch Badezimmer drin. Er kann das bezahlen und noch viel mehr, ’at er gesagt. Er ’at so viel Geld, dass wir nie wieder arbeiten müssen, ’at er gesagt.«
Da hatte der gute Herr Braun wohl ein wenig übertrieben. So viel war eine Dreiviertelmillion nun auch wieder nicht.
»Wie geht’s nun weiter?«, fragte Balke auf der Rückfahrt. Diesmal fuhr ich. Ich wählte die Strecke über die Rohrbacher Straße. Das war zwar ein bisschen weiter, aber sie gefiel mir besser als diese schnurgerade, gesichtslose Römerstraße.
»Wir nehmen Braun in Haft. Fluchtgefahr. Er hat ja offenbar Geld im Ausland. Jeder Staatsanwalt wird uns das unterschreiben.«
Der Bergfriedhof kam in Sicht, links das Schulzentrum. Ich hielt an einer roten Fußgängerampel. Schüler vom nahen Gymnasium überquerten johlend, lachend und raufend die Straße. Erst im letzten Moment sah ich meine Töchter winken. Ich winkte zurück. Louise strahlte, Sarah dagegen zog ein schiefes Gesicht.
Auch Balke war es aufgefallen. »Was hat sie?«
»Zahnschmerzen«, seufzte ich. »Seit Wochen rede ich auf das Kind ein, aber ich kriege sie einfach nicht zum Zahnarzt. Sobald sie das Wort auch nur hört, sind die Schmerzen wie weggeblasen.«
Es ging weiter. Unter der großen Platane vor der Apotheke an der Ecke zur Dantestraße tauschten vier ältere Damen mit Einkaufskörben den neuesten Tratsch der Weststadt aus.
»Was ist eigentlich aus Vangelis’ Unfall geworden?«, fragte ich, als wir am Bismarckplatz an der nächsten roten Ampel standen. Ich hätte wohl doch besser die Westroute gewählt wie Balke. »Sie wirkt auf einmal so entspannt. Hat sie sich mit dem Gegner gütlich geeinigt?«
Balke grinste. »Gütlich geeinigt ist gut!« Die Ampel wurde grün, aber es ging nicht weiter, weil sich weiter vorne der Verkehr wegen der Baustelle am Römerkreis staute. »So kann man es natürlich auch nennen.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
Balkes Grinsen wurde hinterhältig. »Sie haben sich getroffen, so viel weiß ich. Zum Abendessen, und Klara wollte sich tatsächlich irgendwie mit dem Kerl einigen. Dann stellte sich heraus, dass er auch griechische Vorfahren hat, und anscheinend haben die zwei sich dann auf einmal ganz prima verstanden, und den Rest können Sie sich denken.«
»Nein!«, entfuhr es mir. »Vangelis?«
»Doch.«
Ich legte den ersten Gang ein. Die Ampel schaltete schon wieder auf Gelb, als ich endlich anfahren konnte.
»Ich hab sogar manchmal gedacht, sie ist eine Lesbe«, fuhr Balke kopfschüttelnd fort. »Aber seit neuestem telefoniert sie ungeheuer viel. Und wenn ich ins Büro komme, dann legt sie hastig auf und tut ganz harmlos. Einmal, da ist sie sogar fast rot geworden. Und ich hätte ehrlich nie gedacht, dass Klara überhaupt rot werden kann.«
23
Wie erwartet, stritt Heribert Braun alles ab. Obwohl wir uns beeilt hatten, nach Eppelheim zu kommen, war er natürlich bereits gewarnt.
»Es stimmt, dass ich den Fiat bar bezahlt
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