Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
Anfang an den internationalen Charakter der Sendung, deren Kandidaten aus dem gesamten Erdkreis stammen. Diese Vielfalt macht ja auch den Reiz der Millionenstadt New York aus, in der nicht gefragt wird, woher jemand kommt, sondern was er macht. Die Sendung zeigt ungewohnte Straßenansichten von New York, taucht in die einzelnen Stadtviertel ein und vermittelt dadurch die Dynamik dieser Millionenstadt, die zu den Modemetropolen der Welt gehört. Wenn kreative Menschen in New York in einen Supermarkt gehen, um sich aus Alltagsutensilien Materialien für Kostüme zusammen zu suchen – die erste Aufgabe in der ersten Sendung - ist das für den Zuschauer einfach spannend. Da besorgt sich dann einer einen Wischmop, der andere Packpapier, der dritte verhält vor dem Gemüsestand und wählt Maiskolben aus. Und jeder kauft dann andere Materialien, von Lebensmitteln über Haushaltsgeräte zu klassischer Bastelware, alles Hilfsmittel, die sich auf den ersten Blick nicht für Kleider zu eignen scheinen. Und doch wird dann daraus Mode gemacht. Und man kann selbst verfolgen, wie sich diese Ideen in den Köpfen unter den Händen der Kandidaten in Mode verwandeln, die man tragen kann. Und während dieses Arbeitsprozesses treten auch die Persönlichkeiten der einzelnen Personen plastisch zutage. Während einer einfach einen Duschvorhang kauft und innerhalb von 15 Minuten zur Schürze zusammenwickelt, fertigt ein anderer mühsam ein Flechtwerk aus Maiskolbenschalen für einen Rock an. In den folgenden Sendungen der ersten Staffel müssen die Kandidaten unter Zeitdruck Kleider für verschiedenste Gelegenheiten entwerfen. Einmal soll es ein Badeanzug sein, den man auch bei einer Party tragen kann. Dann wieder wird die Uniform der Briefzuträger aufgepeppt. Oder man entwirft ein Kleid für eine Fernsehjournalistin, die vor laufender Kamera über die Grammys berichtet.
In den folgenden Staffeln ändert sich an diesem Konzept und diesen Aufgaben nicht viel. Selbst Heidi gibt bei Ellen De Generes kurz vor Beginn der sechsten Staffel freimütig zu, dass Project Runway im Prinzip immer die gleiche Sendung sei, nur die Kandidaten würden ausgetauscht. Mit den Jahren zeigt sich dann, dass auch eine Sendung „mit Köpfchen“ den Grundbedingungen des Marktes unterworfen ist. Keiner der Kandidaten, auch nicht die Gewinner, werden als große Modeschöpfer akzeptiert. Immerhin gibt es einige Erfolgsgeschichten. Während Jay MacCarroll, der Gewinner der ersten Staffel, einige Jahre später als Versager in die Medien kommt, kann Chloe Dao, die aus der zweiten Staffel siegreich hervorgeht, ihre Modelinie im Internet ausbauen und auch in amerikanische Läden bringen. Und Christian Siriano, Gewinner der vierten Staffel, wird vom Modehaus Saks Fifth Avenue übernommen. Auch andere, die an der Sendung erfolgreich teilgenommen haben, können ihre beruflichen Erfolge ausbauen. Für manche aber ist aufgrund ihres ungeschickten Verhaltens in der Sendung die Karriere zu Ende.
So geht es der 34jährigen britischen Designerin Vanessa Riley aus der ersten Staffel, die gerade in den USA lebt und sich aufgrund einer komplizierten Lebenssituation nach New York begibt, um an der ersten Staffel von Project Runway teilzunehmen. Ihr Fall ist charakteristisch für die Schattenseite von Casting-Sendungen und wirft auch ein zweifelhaftes Licht auf die Behauptung der Fernsehmacher, Teilnehmern damit zu einem Karrieresprung verhelfen zu wollen.
Der Knackpunkt für Rileys Ausscheiden hat nichts mit ihrer Kreativität zu tun, sondern ist das Ergebnis eines zynischen Rollenspiels. Die Show möchte die Härte des Business spiegeln. Diese Härte soll sich bei einer Aufgabe zeigen. Die Kandidaten werden nicht nach der Arbeit bewertet, die sie während der Woche abgeliefert haben, sondern danach, ob sie bereit sind, sich gegenseitig vor der Jury anzuschwärzen. Es wurde während der Woche eine Teamaufgabe erstellt, bei der zwei Gruppen zu je drei Designern zusammen ein achtbares Ergebnis erstellt haben. Nun soll jeder der Kandidaten sagen, wer von den anderen das schwächste Mitglied im Team war. Diese Aufgabe kommt für die Kandidaten überraschend, denn zuvor wurde betont, wie wichtig es im Showbusiness sei, als Teamplayer zu funktionieren. Das kann man nur, indem man fürsorglich mit den Macken des anderen umgeht. Nun soll das nicht mehr gelten. Nach der Arbeit und vor der Jury gelten Freundschaften nichts mehr, sondern es geht um die Frage, wer jetzt ausscheiden soll. In
Weitere Kostenlose Bücher