Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
altbewährten Rollen als Topmodel und Gesicht von Modemarken auszubrechen. Hier kann sie einmal ins Fernsehen kommen, ohne für einen neuen Büstenhalter von Victoria's Secret durch die Talkshows zu tingeln oder ihren Schmuck auf QVC zu verhökern, und der Vorteil daran ist auch, dass die Sendung fast ausschließlich in New York gedreht wird, wo Heidi ein Penthouse hat und bequem wenige Straßen weiter zu Parsons fahren kann. Project Runway stellt an Heidi auch inhaltlich keine übertriebenen Anforderungen. Sie kann dort auftauchen, ihren Auftritt hinlegen und wieder fahren, ohne dass die Show in sich zusammenfällt. Alles Kreative ist bereits geregelt, die Zuständigkeiten auf viele Personen verteilt. Von Heidi wird eigentlich nur erwartet, dass sie guter Laune ist und gut angezogen. Neben seltenen Besuchen der Kandidaten an verschiedenen Locations, wo sie nur Hi sagen muss, moderiert sie den Selektionsprozess am Tag der Präsentation am Laufsteg. Ihre Rolle ist etwas undankbar, denn sie ist es, die die Juryentscheidungen mitteilen und die ausscheidenden Teilnehmer verabschieden muss. Die Struktur der Sendung ist so, dass sie nie mütterlich oder umsorgend auftritt und dadurch öfters wie eine Domina wirkt. Für „Mütterlichkeit“ ist Tim Gunn da. Heidis Rolle in Project Runway ist also anfänglich weit kleiner, als das in der Öffentlichkeit vermittelt wird. Die meiste Zeit sieht man auf dem Bildschirm die Kandidaten selbst oder Tim Gunn, der als Leiter der Designerschule in der Rolle eines Lehrers im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Dass Heidi auch Produzentin ist, hat während der ersten Staffel noch keine große Bedeutung, doch bald bringt sie sich am Set immer stärker ins Geschehen ein, entwickelt Ideen, und gewinnt auch bei der Moderation an Sicherheit. Die erste Staffel ist aber eine Zeit, in der sie noch sichtlich mit den Erlebnissen des Jahres 2004 und der Umstellung auf die Mutterrolle zu kämpfen hat. In manchen Sendungen wirkt sie abwesend und müde. Ihr Lächeln ist dann forciert, ihr Gesicht abgekämpft. Wahrscheinlich deshalb wird man in der Presse von ihrer „roboterhaften“ oder „leblosen“ Moderation sprechen, und aufgrund ihres Akzents einen „Hauch von Domina“ erkennen wohlen, obwohl Heidi an guten Tagen so frisch und natürlich und einnehmend wirkt, wie man es auch früher von ihr gewohnt war. In den nachfolgenden Staffeln gewinnt sie dann zunehmend an Profil, wird selbstsicherer, und es blitzt dann auch immer wieder ihre alte Herzlichkeit auf. Was ihr zugute kommt: Man verzichtet – im Gegensatz zur deutschen Casting-Show Germany's Next Topmodel in der Sendung auf Schmähungen der Kandidaten, da man es nicht mit jungen Personen zu tun hat, die sich und ihre Talent nur unzureichend einschätzen können und zur Selbstgefälligkeit neigen, sondern mit Menschen, die von Anfang an ihr Können beweisen und auch professionelles Verhalten an den Tag legen.
Rich Bye wird später erwähnen, dass Heidis Beitrag als Produzentin auch darin liegt, die Menschen am Set mit ihrer freundlichen, offenen Art zusammen zu führen. Er lobt aber auch ihre Ideen, ihre Kreativität und Spontaneität. So wächst Heidi von Sendung zu Sendung unmerklich immer stärker in eine bestimmende Rolle hinein und wird nach und nach auch öffentlich als eine der Macherinnen der Sendung wahrgenommen werden. Dieser Erfolg Heidis als Produzentin und Moderatorin wird ihr ein großes Ansehen einbringen, das sie später, als ProSieben in Deutschland für Germany's Next Topmodel gewonnen werden soll, gewinnbringend bei den Verhandlungen einsetzen kann. Neben Tim Gunn, der für Geschmack und Einfühlsamkeit steht, wird Heidi als elegante Zuchtmeisterin im Laufe der Jahre zum Garanten des Erfolgs der Sendung, der auch anhält, als diese auf Betreiben Heidis nach Los Angeles zieht und auf Bravo mit einer Imitationssendung ersetzt wird.
Die meisten Zuschauer von Project Runway schalten die Sendung das erste Mal wegen Heidis Popularität ein. Sie ist als Supermodel die einzige Prominente, die man im ganzen Land kennt. Das hilft anfänglich auch, wenn man auf der Straße spontan Menschen für die Sendung rekrutieren will. Da reicht es, zu sagen, dass Heidi Klum an der Sendung teilnimmt, und schon ist Aufmerksamkeit garantiert. Heidis hübsches Gesicht hat auf dem Bildschirm Wiedererkennungswert. Ihr deutscher Akzent, der je nach Tagesform stärker oder schwächer wahrzunehmen ist, stört dabei keinen, sondern verstärkt von
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