Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)

Gegenteil der willenlose Sklave im Universum seiner rührigen Tochter, die ihre Herkunftsfamilie für die Erfüllung ihrer eigenen Lebensträume einspannt? Beide Bilder sind schief, und können das Besondere an dieser Beziehung nicht beschreiben. Es ist eben Liebe, die beide Beteiligten stärkt, die Sicherheit, Wärme und Geborgenheit schafft, die Kraft für Aktivitäten bietet und dabei großen Profit abwirft. Die Motoren dieser Liebesbeziehung aber sind Heidi und Günther zu gleichen Teilen.
     
     
     
     

Drei Stadien einer Karriere
     
    Wenn jemand im Jahr 1992 der jungen Heidi prognostiziert hätte, dass sie die Karriere vorlegen würde, die ihr auch gelungen ist, hätte man ihn für verrückt erklärt. Diese Karriere hat ohne mächtige Mentoren statt gefunden, und ohne außergewöhnliche Anlagen. Eine Claudia Schiffer zu entdecken und aufzubauen, ist nicht schwer. Denn ihr Äußeres scheint von der Natur aus wie für das Modelgeschäft geschaffen, und der Fleiß und die Disziplin, die Claudia zusätzlich dafür aufbringen musste, liegen dann in dem Bereich, der für einen Menschen zumutbar erscheint. Heidis Weg dagegen verlief vergleichsweise holprig, und dass sie es trotzdem geschafft hat, nötigt auch dem schärfsten Kritiker Respekt ab. Gewiss ist Heidi hübsch, doch es fehlen ihrem Körper einige Kriterien, die man für den Modelberuf ansetzt. Und sicherlich ist ihre offene, freundliche Art und ihre herzliche Persönlichkeit ein Plus. Doch dass man damit einen so umfassenden Erfolg in einem fremden Land erzielen und gerade im Fernsehgeschäft ohne weitere Kenntnisse und Begabungen so weit kommen kann, ist schon erstaunlich. Möglich wird es nur durch unablässige Arbeit, durch den Aufbau eines sozialen Netzwerks und vor allem durch etwas, das mit Begriffen wie „gute Gene“ oder „gute Energie“ nur unzureichend beschrieben ist. Stamina heißt das Resultat, die Kraft, sich durchzusetzen und dann auch seinen Platz zu verteidigen. Auf diesem Gebiet ist Heidi Klum unschlagbar. Sie wirkt immer wie der Underdog, der unter Welpenschutz zu nehmen ist. Doch wer mit ihr über eine längere Strecke gekämpft hat, merkt, dass sie am Platz der Sieger bleibt. So hat sich Heidi scheinbar spielerisch bei Victoria's Secret unter weit jüngeren, hübscheren, größeren und von mächtigen Geldgebern unterstützten Topmodels den ersten Platz erstritten und über Jahre behauptet, und durfte dabei sogar zwischendurch schwanger werden. Und so ist es ihr auch gelungen, trotz deutlicher sprachlicher Defizite zu einer der bekanntesten Fernsehmoderatorinnen im amerikanischen Fernsehen zu werden und dabei einen öffentlichen Bekanntheitsgrad zu erwerben, der es ihr erlaubt, gleichberechtigt bei der Oscar-Verleihung neben Superstars des Films auf dem roten Teppich zu stehen, ohne überhaupt in einem Film eine tragende Rolle gespielt zu haben. Sie ist im Laufe der Jahre zu einer der größten Celebrities überhaupt geworden, und wenn man die Menschen fragt, wofür Heidi Klum eigentlich so berühmt geworden ist, dann wissen sie nicht so genau, was sie antworten sollen. Und gerade das ist ja das wichtigste Kriterium für einen Superstar überhaupt. Er ist dafür berühmt, am Himmel zu stehen, ein Fixstern, von dem man sich nicht fragt, wie er dorthin gekommen ist, sondern über den man weiß, dass er dort, wo er heute leuchtet, auch bleiben wird. 
    Auf dem Weg dorthin war es für Heidi immer von Vorteil, nicht zu den schönsten oder klügsten Menschen zu gehören, die sich um die Dinge beworben haben, die ihr wichtig waren. Sie hatte oft den Vorteil, unterschätzt zu werden, und als scheinbar unterlegener David Punkte zu sammeln. Das führte auch dazu, dass Heidis erste Erfolge vor allem in Deutschland sehr wohlwollend gesehen wurden. Man war einfach stolz auf sie, weil sie es in Amerika geschafft hatte. Andererseits gibt es aber auch im Deutschen das Sprichwort: Viel Feind', viel Ehr'. Und wenn man betrachtet, wie oft,  wie heftig und persönlich verletzend Heidi und ihre Arbeit gerade in den letzten Jahren in den Medien kritisiert wurden, kann man daraus nur einen Schluss ziehen: Sie hat es wirklich geschafft. Von einem gönnerhaften Ton ist hier keine Rede mehr. Heidi ist so erfolgreich, dass man sie mittlerweile bei uns ganz unverhohlen kritisieren kann. Sie aber kennt Kritik von Anfang an. Sie hat sie vernommen, als sie ganz unten war, und sie wundert sich nicht darüber, dass die Kritik an ihr nicht enden will. Denn sie ist