Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)

bittet deshalb, nachdem sie in Elaine Farleys Büro vorgelassen wurde, das Band in den Videorecorder einlegen zu dürfen. Leicht irritiert lässt sie die Redakteurin gewähren. Heidi kann am Lächeln Farleys dann ablesen, dass es ihr gefällt, wie Heidi mit Lettermann umgegangen ist. Ihre jugendliche Offenheit, das süße Lächeln und beides noch dazu gepaart mit Witz und Schlagfertigkeit, all das unterscheidet Heidi von den zahlreichen Models, die sonst bei ihr vorsprechen. Heidi hatte recht: Das Band spricht mehr als tausend Worte. Farley ist sehr angetan. Als sie nun aber die Mappe in die Hand nimmt und die einzelnen Bilder betrachtet, runzelt sie die Stirn: „Die ist nicht besonders gut“, sagt sie kopfschüttelnd, als sie die Mappe zurückgibt. Tatsächlich aber hat sie Heidi insgeheim längst in den Kreis ihrer Favoriten aufgenommen, denn sie hat ihren Auftritt bei der Victoria's Secret Fashion Show live verfolgt und war dort schon beeindruckt von der jungen Deutschen. Im Gegensatz zu vielen Models hat Heidi nämlich einen schönen Busen, was für Bademoden ausschlaggebend ist. Nach der ebenfalls etwas üppigen Tyra Banks im Vorjahr möchte Elaine Farley wieder ein Mädchen auf dem Titelbild, das „all American“ wirkt, wie man das nennt. Mit dem Begriff ist ein gesundes, natürliches Aussehen gemeint. Im Funkeln ihrer Augen merkt Heidi, das sie eine Unterstützerin gefunden hat. „Sie gehen mit auf die Malediven“, sagt Farley abschließend.
    Heidi kann ihr Glück nicht fassen. Sie läuft praktisch den ganzen Weg durch die Straßen von New York nach Hause. Farley hat ihr noch erzählt, dass Robert Erdmann, einer der bekanntesten Modefotografen überhaupt, die Gestaltung der diesjährigen Badesportausgabe von Sports Illustrated übernehmen wird. Es ist wichtig, mit ihm zurechtzukommen, denn wenn er einen mag, so heißt es, dann bemüht er sich länger als bei anderen darum, ein Bild zu machen, das sich auch für den Titel eignet. Ohne eine Nahebeziehung mit dem Topfotografen ist Heidi chancenlos. Zuhause spricht sie alles mit Ric durch, und überlegt. Sie muss topp aussehen. Der Flug geht in wenigen Wochen. Bis dorthin muss sie alles tun, um optisch ihre Konkurrentinnen auszustechen. Das ist in diesem Jahr leichter als sonst, denn sie hat gerade Bekanntschaft mit dem Trainer David Kirsch gemacht, der für Victoria's Secret arbeitet. Der Fitnessguru arbeitet vor allem mit Klientinnen, die sich auch von Rachel Zoe Rosenzweig beraten lassen. Eine Trainingseinheit bei Kirsch kostet 350 Dollar. Heidi kann sich diese Betreuung mittlerweile locker leisten. Sie trainiert fortan den ganzen Tag, achtet auf ihre Ernährung, geht ins Sonnenstudio, um sich strahlende Bräune zu verpassen und hellt ihre Haare auf. Ihr Ziel: „Ich musste mich in eine heiße Strandnixe mit stahlhartem Body verwandeln.“
    Der lange Flug zu dem Inselreich an der Südspitze Indiens wird ihr dann aufgrund ihrer Flugangst zur Tortur, doch als sie dort eintrifft, sieht sie Tyra Banks, mit der sie sich bei Victoria's Secret angefreundet hat und fühlt sich gleich etwas wohler. Tyra gibt ihr Tipps. Sie war schon im Vorjahr da, erzählt Tyra Heidi, und hat damals das Cover bekommen. Wie auch im Jahr zuvor. Sie weiß, dass sie diesmal keine Chance hat, was jede Eifersucht ausschließt. Wie sie all das geschafft hat, ist ein guter Einstieg in ein Gespräch mit Heidi, denn so kann sie zur erfahrenen Freundin werden, die Heidi berät und im Gegenzug von ihr bewundert wird.
    Die Begegnung zwischen den beiden ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Tyra und Heidi albern gern zusammen vor der Kamera, und wenn es fortan ein Shooting auf einer Insel gibt, kann es schon passieren, dass sich die beiden Wassermopeds ausborgen und im Meer um die Wette rasen. „Mit ihrer Persönlichkeit ist Heidi ist mein liebstes Model, weltweit“, sagt Tyra. „Mit ihr hat man immer Spaß. Es gibt so gar nichts, was sie runterziehen kann.“ Die gleichaltrige kalifornische Schönheit hat, als sie Heidi begegnet, schon alles im Modelgeschäft erreicht, wurde auch schon zum „Supermodel of the Year“ gewählt, ist auch bereits Millionärin und denkt wie Heidi schon stark daran, wie ihr nächster Karriereschritt aussehen soll. Dieser muss sich in die Richtung Showbusiness bewegen, denn Supermodels erleben 1998 neue Konkurrenz von Rockstars und populären Fernsehschauspielern, können aber ihrerseits hoffen, erfolgreich im Popgeschäft oder Fernsehen zu wildern. Die