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Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Titel: Heidi und andere klassische Kindergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Spyri
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Moni?”
    “Ich muß etwas anzeigen”, erwiderte Moni.
    “Anzeigen? Was denn? Darf ich’s nicht wissen?”
    “Ich muß zum Wirt, es ist etwas gefunden worden.”
    “Gefunden? Was denn? Ich habe auch etwas verloren, ein schönes Kreuz.”
    “Ja, das ist es gerade.”
    “Was sagst du?” rief Paula in höchster Überraschung. “Ist es ein
Kreuz mit funkelnden Steinen?”
    “Ja.”
    “Wo hast du’s denn, Moni? Gib’s doch her, hast du’s gefunden?”
    “Nein, der Jörgli von Küblis.”
    Nun wollte Paula wissen, wer das sei, und wo er wohne, und auf der
Stelle jemand nach Küblis hinunterschicken, das Kreuz zu holen.
    “Ich will schon gehen, und wenn er’s noch hat, will ich’s bringen” sagte Moni.
    “Wenn er’s noch hat?” rief Paula, “warum sollte er’s nicht mehr haben? Und woher weißt du denn von allem, Moni? Wann hat er’s gefunden, und wie hast du’s denn erfahren?”
    Moni schaute zu Boden. Er durfte nicht sagen, wie alles zugegangen war, und wie er geholfen hatte, den Fund zu verheimlichen, bis er es nicht mehr hatte ertragen können.
    Aber Paula war sehr gut zu Moni. Sie nahm ihn auf die Seite, setzte sich auf einen Baumstamm zu ihm hin und sagte mit der größten Freundlichkeit: “Komm, erzähl mir alles, wie es gegangen ist, Moni, ich möchte so gern alles von dir wissen.”
    Nun faßte der Moni Zutrauen und fing an und erzählte die ganze Sache. Er berichtete auch, daß er sich um das Leben von Mäggerli Sorgen gemacht habe und wie er so alle Freude verloren hatte und nicht mehr zum lieben Gott aufschauen durfte. Heute, sagte er, konnte er es nicht mehr länger ertragen.
    Jetzt redete Paula sehr freundlich mit ihm und meinte, er hätte nur gleich kommen und alles anzeigen sollen. Und es sei recht, daß er ihr jetzt alles so aufrichtig gesagt habe, er solle es nicht bereuen. Dann sagte sie, dem Jörgli könne er zehn Franken versprechen, wenn sie das Kreuz wieder in Händen habe.
    “Zehn Franken?” wiederholte Moni voller Erstaunen. Denn er wußte ja, daß Jörgli es hatte verkaufen wollen. Jetzt stand Moni auf und sagte, er wollte noch heute nach Küblis hinunter, und wenn er das Kreuz bekäme, es gleich morgen früh mitbringen. Nun lief er davon und konnte wieder ganz große Sprünge machen, er hatte wieder ein viel leichteres Herz, das schlechte Gewissen belastete ihn nicht mehr.
    Daheim stellte er nur seine Geiß in den Stall, sagte der Großmutter, er habe noch einen Auftrag auszurichten und rannte gleich nach Küblis hinunter. Er fand den Jörgli daheim und sagte ihm, was er getan hatte. Der war erst sehr aufgebracht, aber als er nun erfuhr, daß alles bekannt sei, zog er das Kreuz heraus und fragte: “Gibt sie mir auch etwas dafür?”
    “Ja, jetzt kannst du sehen, Jörgli”, sagte Moni entrüstet, “auf dem ehrlichen Weg hättest du gleich zehn Franken bekommen und auf deinem Lügenweg doch nur vier.”
    Jörgli war sehr überrascht. Jetzt reute es ihn, daß er nicht gleich mit dem Kreuz ins Badehaus gegangen war, nachdem er es vor der Tür aufgelesen hatte. Denn er hatte doch nun kein gutes Gewissen und hätte es anders haben können. Aber jetzt war’s zu spät. Er übergab das Kreuz dem Moni, und dieser eilte damit heim, es war draußen schon dunkel geworden.

5. Kapitel
Moni singt wieder
    Paula hatte angeordnet, daß man sie am frühen Morgen wecken sollte. Wenn der Geißbub käme, wollte sie selbst mit ihm verhandeln. Am Abend hatte sie noch eine lange Unterredung mit dem Wirt gehabt und war dann sehr befriedigt aus seiner Stube herausgekommen. Sie mußte etwas Erfreuliches mit ihm ausgemacht haben.
    Als der Geißbub am Morgen mit seiner Herde herankam, stand Paula schon vor dem Haus und rief: “Moni, kannst du denn immer noch nicht singen?”
    Er schüttelte den Kopf: “Nein, ich kann’s nicht, ich muß jetzt immer an das Mäggerli denken, wie lange es noch mit mir geht. Ich kann nicht mehr singen, solange ich lebe, und hier ist das Kreuz.” Damit übergab er ein kleines Päckchen, denn die Großmutter hatte es ihm sorgfältig in drei oder vier Papiere gewickelt.
    Paula schälte das Kreuz aus den Hüllen heraus und betrachtete es genau. Es war wirklich ihr schönes Kreuz mit den funkelnden Steinen und völlig unversehrt.
    “So, Moni”, sagte sie nun freundlich, “du hast mir eine große Freude gemacht, denn ohne dich hätte ich wohl mein Kreuz nie mehr gesehen. Nun will ich dir auch eine Freude machen. Geh, hol das Mäggerli dort aus dem Stall, es

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