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Heidi und die Monster

Titel: Heidi und die Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter H. Johanna;Geißen Spyri
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einen frischen Kragen an ihrem Kleid und hatte dem Turm auf ihrem Kopf besondere Sorgfalt gewidmet. Überhaupt fühlte sie sich heute Morgen, als ob sie Bäume ausreißen könnte. »Was sollte Heidi mit einem Buch anfangen? In all der Zeit hat es noch nicht einmal das Abc gelernt.« Sie nahm ihre Brille ab und schob einen Bügel in den Mundwinkel. Blinzelnd sah sie den jungen Kandidaten an. »Ihr Vorgänger hatte die Geduld eines Engels, aber er konnte dem ungelehrigen Wesen nicht den geringsten Begriff beibringen.«
    Das Fräulein begleitete Professor Marus durch den Korridor. Er hatte ein Buch aus dem Studierzimmer geholt und war unterwegs in Heidis Zimmer.
    »Vorläufig kann es nur die Bilder in Büchern ansehen«, fuhr sie fort und warf einen scheelen Blick auf das Werk, das die Entwicklungsgeschichte der Tiere zum Inhalt hatte.
    »Um den Unterricht vorzubereiten, muss ich mir einen Eindruck über den Wissensstand des Kindes verschaffen.« Er wollte an der Hausdame vorbei.

    »Von Wissen keine Spur«, erwiderte sie. »Als ob der Wind durch ein leeres Gebäude fährt.«
    »Der beste Ausgangspunkt.« Marus schmunzelte. »So ist das Kind noch nicht verbildet und kann von Grund auf durch meine Schule gehen.«
    Das Fräulein bezog sein Lächeln auf sich. »Haben Sie sich gut eingewöhnt?«, fragte sie, ohne von seiner Seite zu weichen. »War die Matratze zur Zufriedenheit, konnten Sie Schlaf finden?«
    »Ich brauche wenig davon. Die Nächte sind meinen privaten Studien gewidmet.« Sie erreichten Heidis Tür.
    »Was mag so ein junger Mann studieren, wenn er privat ist?« Rottenmeiers Lächeln reichte von Ohr zu Ohr.
    »Die Natur der Erscheinungen.« Er trat bei Heidi ein und schloss die Tür hinter sich, bevor die Rottenmeier nachdrängen konnte.
    Das Kind hatte gefrühstückt und erwartete den Beginn des Unterrichts. Die anfängliche Freude, die Heidi wegen des neuen Lehrers empfunden hatte, war verflogen und wieder dem dunklen Gefühl gewichen, das die Brust des Mädchens eisern umfasste und ihm beinahe das Herz abdrückte.
    Seit dem Ereignis auf der Treppe hatte Heidi begriffen, dass es nicht heimgehen durfte, wie Dete versprochen hatte, sondern in Frankfurt bleiben musste, lange, lange, vielleicht für immer. Es hatte verstanden, dass jeder im Haus, allen voran Klara und Fräulein Rottenmeier, es undankbar finden würde, wenn Heidi heimgehen wollte, da ihm hier alle Annehmlichkeiten geboten wurden und es froh und glücklich sein sollte. Aber in Heidis Herz wog die Last täglich schwerer; es mochte kaum noch essen, jeden Tag wurde es
ein wenig bleicher. Wenn es im Traum die grüne Alm gesehen hatte und morgens voll Freude hinausspringen wollte, um die Natur zu begrüßen, erwachte es bloß in dem großen Bett in Frankfurt, weit weg von daheim. Dann drückte Heidi seinen Kopf ins Kissen und weinte leise, damit es niemand höre und es für undankbar hielt. Selbst beim hellsten Sonnenschein war Düsternis um das Kind; es kam sich wie die kleine Ratte vor, die nicht wusste, warum sie im Käfig saß.
    Nichts Besseres konnte Marus sich wünschen, denn in den Abgründen menschlicher Düsternis kannte niemand sich gründlicher aus als er. »Komm, Kind«, sagte er mit lockender Stimme, als er Heidi trüb am Fensterbrett knien sah, und legte das Buch der Tierwelt offen hin.
    Folgsam stand Heidi auf. Als es den Tisch erreichte und die aufgeblätterte Seite sah, unterdrückte es das Weh nicht länger und weinte laut, helle Tränen stürzten ihm aus den Augen.
    Marus betrachtete das aufgeschlagene Bild, es zeigte eine Gazelle, die vor einem schwarzen Leoparden floh. »Es ist die Natur, nicht wahr?« Er legte die Hand auf Heidis Schulter, die von Schluchzern geschüttelt wurde. »Die Natur weckt allen Lebensgeist in dir, das Kreatürliche gibt dir Kraft und Wonne. Darin bist du deiner Mutter gleich. Adelheid liebte den Wald und die dunklen Tannen, das Krächzen der Elster und den Nebel, der über der Talenge aufsteigt.«
    Diese Sätze sprach der Professor in raunendem Ton, den man nicht mit dem Ohr, nur durch das Gefühl vernimmt. »Als ich Adelheid kennenlernte, hatte sie bereits ihren dunklen Kern in sich, das Abgründige war ihr vorgezeichnet. Ich habe das schwarze Tier in ihr nur zum Leben erweckt, willig
folgte sie mir als meine Braut. Du bist ihr Kind, dir will ich den gleichen Segen angedeihen lassen.«
    Unter behutsamem Streicheln spürte er, wie sich der Rücken des Mädchens nicht mehr so heftig hob, allmählich kam

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