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Heidi und die Monster

Titel: Heidi und die Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter H. Johanna;Geißen Spyri
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Heidi klatschte in die Hände. »Ach, wie schön, dass ich ihn so bald wiedersehe!«
    Peter wurde noch wortkarger, denn er sah Heidi an, dass die ungünstigen Geister in ihm wüteten. Es war blass, zugleich glühten seine Augen, nervös leckte die Zunge die Zahnreihe entlang. Selbst wenn die Rückfahrt günstig verlaufen sollte, brauchten sie mindestens noch den Tag und die Nacht und den kommenden Tag, um das Prättigau zu erreichen. Peter hatte zwar noch Geld für die Eisenbahn, aber das reichte nicht für drei, und mit dem Pferdchen konnten sie unmöglich die ganze Strecke bestreiten.
    Plötzlich rutschte Heidi auf Peters Sitz hinüber. »Das muss ich dir noch sagen: Das Schreiben und Lesen ist eine so schlimme Sache nicht.«
    »Haben sie dich etwa gezwungen, es zu lernen?«
    »War kein Zwang nötig. Von selbst bin ich darangegangen.« Verschwörerisch beugte es sich zu ihm. »Da ist nämlich ein Kunststück dabei; es muss ein Sinn darin stecken, verstehst du? Du suchst dir einen Sinn, und schon geht es ganz einfach.«
    »Und ich lern’s doch nicht«, antwortete der Geißbub. »Mit oder ohne Sinn, ich brauch es nicht.«
    »Warte nur, bis wir auf der Alm sind, Peter«, widersprach Heidi. »Dann will ich dir aus einem Buch vorlesen. Da wirst
du staunen, wie mit dem Sinn ein Tag so schnell vergeht, dass du’s gar nicht bemerkst.«
    »Ein Tag ist ein Tag. Wer wünscht sich schon, dass er schneller vergeht?«
    So redeten sie miteinander, es war fast als sei alles wie früher, und nichts hätte sich verändert. Zu Mittag rasteten sie, das Pferd fraß Gras und soff am Bach. Bevor sie weiterfuhren, erledigten sie zwei Niänenüütli, die wegen des langen Fastens so schwach waren, dass sie leichtes Spiel darstellten.
    »Ist es noch weit?«, fragte Heidi, das wegen der Sonne stets in der Kutsche blieb. »Wo sind wir?«
    »Hier war ich noch nie«, gab Tinette zu.
    »Wenn wir immer nach Süden fahren, müssten wir zur Nacht die Eisenbahn erreichen«, sagte Peter. »Ich habe aber nur Geld für zwei Billette.«
    »Mach dir darum keinen Kopf. Für meine Fahrkarte sorge ich selbst.« Tinette streckte sich in der Wiese aus, genoss die Ruhe und den Frieden. »Könnte es nur immer so sein«, seufzte sie, bemerkte aber zugleich, wie weit der Nachmittag bereits vorgerückt war. Ihr bangte vor der kommenden Nacht.
     
    Die Nacht brach herein und mit ihr die Not einer wilden Jagd. Als hätten die unsauberen Kreaturen nur darauf gewartet, dass die Sonne nicht mehr Zeugin ihrer Gelüste war, tauchten sie bei Einbruch der Dunkelheit auf.
    »Sie dürfen das Pferd nicht kriegen!«, rief Tinette.
    Stehend hielt Peter die Zügel in der Hand. Sie aber sprang dem Falben beherzt auf den Rücken. Nun konnte Tinette
alles, was sich an Kreaturen nahte, gleich erkennen; ihr Schwert sprach eine deutliche Sprache. Peter suchte das Pferdchen am Laufen zu halten, mit hurtigem Tempo wehrte man die Heranrückenden am besten ab.
    Irgendwann, sei es, weil es bergauf ging oder weil der Weg eine Kurve nahm, wurde das Fuhrwerk langsamer. Das machten sich die Niänenüütli zunutze.
    »Heidi, gib Acht!«, rief Peter in die Kutsche. Schon sprang er ab und stand neben Tinette bereit, ihrer drei Leben und das des Pferdes zu schützen. Dumpf und träge, wie es ihre Art war, drängten die Glaarä heran, streckten dem lebenden Fleisch ihre Krallen entgegen. Aufgerissene Augen, manchem fehlte das Lid, manches hing halb aus der Höhle. Lippenlose Münder, die nur aus Gebiss und Knochen bestanden. Die Kleidung zerfetzt, darunter die schrecklichen Merkmale der Verwesung. Ihr Stöhnen und Röcheln klang wie ein düsterer Gesang.
    Heidi saß im Wagen und wusste, ihre Freunde würden nichts unversucht lassen, es zu beschützen. Doch Heidi litt es nicht, untätig aus dem Fenster zu gucken, während die anderen aufs Äußerste fochten. Woher das Kind plötzlich die Lust ankam mitzustreiten, wusste es nicht, spürte nur, es wollte dabei sein, wenn es den Unaussprechlichen zuleibe ging.
    Heidi öffnete den Schlag und sprang zur Erde. Auf seltsame Weise fühlte es sich gekräftigt, das mochte die Nacht oder die frische Luft bewirken. Ehe die anderen es bemerkten, ergriff es einen schweren Eichenprügel vom Boden, der länger war als das ganze Kind. Es holte aus und traf einen Niänenüütli sehr gut. Zuerst ins Gebein, dann in den Bauch,
der aufplatzte und das mehlige Innenleben freigab. Ächzend brach der Unaussprechliche ins Knie, Heidi holte ein drittes Mal aus und

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