Heilerkrieg 03 - Krieg der Heiler
Seilen umzäunten Koppeln, in der Nähe standen Wagen. Ich erblickte sogar einige Kutschen, die Zeugnis davon ablegten, dass auch Reichtum nicht vor den Soldaten des Herzogs schützte.
»Es wird allmählich ganz schön voll hier«, meinte ich. »Bald müssen wir wohl anfangen, zweimal täglich Essensgänge zu machen.« Wir halfen Jeatars Leuten, Lebensmittel und Vorräte an die Flüchtlinge zu verteilen. Die Säcke schwanden jeden Tag schneller.
»Ich habe die Wachen sagen hören, dass mittlerweile Leute aus Verlatta hier sind.«
»Verlatta? Wovor rennen die denn weg?« Verlatta war während der vergangenen sechs Monate von der Armee des Herzogs belagert worden, doch als ich seinen Palast zerstört und einen stadtweiten Aufstand angezettelt hatte, musste er seine Armee abziehen, um sein Volk in die Schranken zu weisen. Die Bewohner Verlattas hätten jubeln sollen.
Danello zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, aber Gerüchten zufolge wird in allen Städten gekämpft.«
Sogar in Geveg?
Ich versuchte, mir nicht vorzustellen, wie meine Stadt in Flammen stand, dass Menschen, die ich kannte, auf den Straßen kämpften und ihre Leichen in den Kanälen schwammen. Aber ich hatte viel zu viel gesehen, als dass ich diese Erinnerungen zum Schweigen hätte bringen können. Der Krieg nahte.
Bei den Heiligen, der Krieg war bereits hier , und wahrscheinlich hatte ich ihn begonnen.
Ich hatte immer noch Albträume, in der Waffe des Herzogs gefangen zu sein, angekettet an das unförmige Pynvium mit Handschellen aus silbrigem Metall, das einen Dinge tun ließ, die man nicht tun wollte. Über die Schmerzen, die durch mich und die anderen fünf Schmerzlöser flossen, die zusammen mit mir daran gefesselt waren. Träume von dem Zwang, die Waffe auszulösen, sie zum Töten einzusetzen, und über den Kontrollverlust, der bewirkte, dass ich Schmerzen in etwas verwandelte, das Leben aussaugte.
Ich betete zwar darum, die Waffe möge zusammen mit dem Palast des Herzogs zerstört worden sein – zerschmettert von ihrem eigenen Schmerz und den rings um sie einstürzenden Mauern –, doch ich wusste es besser. Es gab sie noch, und der Herzog versuchte unverändert, sie zum Funktionieren zu bringen.
Wenn ihm das gelänge, würde niemand je wieder sicher sein.
Ein Soldat an der Umzäunung winkte Danello zu und rief: »Hallo!« Er stieß mit dem Ellbogen einen anderen Soldaten an und deutete auf mich, aber als wir sie erreichten, waren sie bereits damit fertig, Gerüchte auszutauschen.
Wohin wir auch gingen, es war überall dasselbe. Gruppen von Leuten beobachteten mich, tuschelten über mich. Man hätte meinen sollen, dass sie meiner mittlerweile überdrüssig geworden seien, aber es schien immer einen Neuankömmling zu geben, der Wachdienst versah und noch nicht wusste, was ich getan hatte. Ihre Worte drangen zu mir, manche von Leuten, die nicht einmal versuchten, leise zu reden.
»Das ist das Mädchen, das den Palast zerstört und beinah den Herzog getötet hat.«
»Das ist die Schifterin, die all die Heilerinnen in Geveg gerettet hat.«
»Das ist Nya. Sie hat uns in Baseer das Leben gerettet. Und hat es dabei sogar mit den Unsterblichen aufgenommen.«
Meine Haut kribbelte angesichts so vieler auf mich gerichteter Blicke. Ich hatte mein gesamtes Leben damit verbracht, zu verbergen, wer ich war – was ich war –, doch nun war mein Geheimnis zu Klatsch geworden. Und Klatsch verbreitete sich schneller, als ein vierbeiniges Huhn rennen konnte.
Vielleicht sogar schnell genug, um an die Ohren des Herzogs zu dringen.
»Da sind wir.« Danello schob ein Tor zu einem Garten mit einer niedrigen Mauer auf. Kühler grüner Schatten begrüßte uns, begleitet vom Geruch von Geißblatt und Schmetterlingsingwer. Es war wunderschön, trotzdem stieg mein Unbehagen an wie die Flut.
»Vielleicht war das keine so gute Idee«, meinte ich. Bei all den neuen Menschen auf dem Hof konnten ein oder zwei Spitzel – oder schlimmer noch, Greifer – des Herzogs darunter sein. Er hatte letztlich die Kontrolle über Baseer zurückerlangt, und das beunruhigte jeden. Wir sollten uns darauf vorbereiten, zurückzuschlagen und uns im Notfall zu verteidigen, nicht den Sonnenschein genießen.
»Ist schon gut, Nya. Hier ist es ruhig. Niemand wird uns belästigen.« Danello drückte meine Hand und rieb mit seinem Daumen über meine Knöchel. Ich holte tief Luft und nickte. Er hatte recht. Bis wir wussten, was der Herzog vorhatte, konnten wir uns auf nichts
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