Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
kann nicht stimmen. Der Filter wurde benutzt, da gibt es doch Spuren.«
»Diese Verunreinigungen stammen noch aus dem Jahr davor.« Yukawa öffnete eine Schreibtischschublade und nahm ein Blatt Papier heraus. »Ich hatte euch doch gebeten, die Artikelnummer des Filters zu überprüfen. Dann habe ich beim Hersteller nachgefragt, wann diese Nummer in Umlauf gekommen ist. Das war vor zwei Jahren. Er hält es für so gut wie ausgeschlossen, dass ein Filter mit dieser Nummer erstvor einem Jahr eingesetzt wurde. Nachdem der Filter vor einem Jahr ausgetauscht wurde, hat der Täter oder die Täterin sofort wieder den alten Filter eingesetzt und fügte bei dieser Gelegenheit auch die Arsensäure hinzu. Wäre der Filter nach der Tat noch nagelneu gewesen, hätte man den Trick wahrscheinlich durchschaut.«
»Aber das ist doch nicht möglich«, sagte Kusanagi heiser. »Dass sie denn Filter bereits vor einem Jahr vergiftet und danach kein einziges Mal benutzt hat … Das kann ich mir nicht vorstellen. Selbst wenn sie selbst ihn nicht benutzt hat, hätte nicht vielleicht jemand anders es tun können? Zumindest bestand doch die Gefahr.«
»Zweifellos ein gefährlicher Plan. Aber sie hat ihn durchgezogen«, sagte Yukawa in kühlem Ton. »Ein ganzes Jahr lang ist sie nicht ausgegangen, sooft ihr Mann zu Hause war, und hat nie jemanden in die Nähe des Wasserfilters gelassen. Wenn sie eine Party gab, hat sie alle Speisen allein zubereitet. Sie hatte immer genügend Mineralwasserflaschen vorrätig und achtete darauf, dass sie nie ausgingen. Alles für ihren Plan.«
Kusanagi schüttelte immer wieder den Kopf. »Das ist doch absurd. Unmöglich. Kein Mensch macht so was.«
»Doch, ich halte das für möglich«, sagte Utsumi. »Professor Yukawa hatte mich beauftragt, etwas über Frau Mashibas Leben nach ihrer Hochzeit herauszufinden. Ich habe auch Frau Wakayama dahingehend befragt. Ich wusste nicht, worauf das Ganze hinauslaufen sollte, aber jetzt verstehe ich es. Der Professor wollte herausfinden, ob außer Frau Mashiba noch jemand Gelegenheit gehabt hätte, den Wasserfilter zu benutzen.«
»Genau«, sagte Yukawa. »Besonders aufschlussreich wardas Verhalten der Mashibas an freien Tagen. Frau Mashiba saß im Wohnzimmer auf dem Sofa und beschäftigte sich die ganze Zeit mit ihrem Patchwork. Ich kenne das Haus und weiß warum. So konnte sie den Eingang zur Küche im Auge behalten und sicherstellen, dass ihr Mann nicht hineinging.«
»Das sind doch Hirngespinste. Deine Phantasie geht mit dir durch.« Kusanagi seufzte.
»Das ist die logische Erklärung. Ayane ist erstaunlich diszipliniert und willensstark.«
»Hirngespinste«, wiederholte Kusanagi. Aber er klang nicht mehr ganz so überzeugt.
Ihm fiel ein, was Ikai über Ayanes Hingabe an ihren Ehemann gesagt hatte. »Sie war die perfekte Ehefrau. Sie hatte aufgehört, außer Haus zu arbeiten, um sich ganz dem Haushalt zu widmen. Wenn Mashiba freihatte, saß sie den ganzen Tag auf dem Sofa im Wohnzimmer und nähte. Sie wollte jederzeit für ihn da sein.«
Ayanes Mutter zufolge hatte sie früher überhaupt nicht kochen können, aber vor ihrer Hochzeit einen Kochkurs besucht. All das diente vornehmlich dazu, niemanden in ihre Küche zu lassen.
»Als Ayane endgültig beschlossen hatte, ihren Mann zu töten, brauchte sie also gar nichts zu mehr tun«, sagte Utsumi.
»Stimmt genau. Sie brauchte ihren Mann nur allein zu lassen. Nein, eins musste sie doch noch tun. Sie musste ein paar Flaschen von ihrem Mineralwasservorrat ausleeren, so dass nur noch eine oder zwei übrigblieben. So lange Yoshitaka davon trank, würde nichts geschehen. Seinen ersten Kaffee hat er ja auch mit Mineralwasser gekocht. Doch beim zweiten Mal kam das Wasser aus dem Filter. Und das Gift, das seit einem Jahr dort auf ihn wartete, kam endlich zum Einsatz.«Yukawa griff nach seinem Kaffeebecher auf dem Tisch. »Das ganze Jahr über hätte seine Frau ihn töten können. Stattdessen wachte sie darüber, dass er das Gift nicht aus Versehen zu sich nahm. Normalerweise unternimmt jemand die größten Anstrengungen, um einen anderen zu töten. Hier war das Gegenteil der Fall. Sie gab sich alle Mühe, ihren Mann nicht zu töten. Wann und wo hätte es schon einmal eine solche Mörderin gegeben? So etwas ist praktisch kaum vorstellbar. Deshalb habe ich die Lösung als rein theoretisch bezeichnet.«
Utsumi machte einen Schritt auf Kusanagi zu. »Wir sollten Frau Mashiba überreden, sich zu stellen.« Ihre Miene wirkte
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