Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?
unterdrücken konnte, vereinnahmte sie ihn und setzte den 25. Dezember als Geburtstag des jungfräulich geborenen Jesus fest«, vermutet Walter-Jörg Langbein. »Heidnische Himmelsgöttinnen wurden durch Maria, unbefleckt geborene Sonnensöhne durch Jesus ersetzt. So konnten vermutlich jahrtausendealte Feiern weiter zelebriert werden, nur dass sie nach und nach christianisiert wurden.«
Das klingt alles sehr danach, als habe sich da jemand eine Religion gebacken. Aber das ist nicht die einzige Ungereimtheit an der Weihnachtsgeschichte: Jesu Geburtsort war nicht Betlehem, sondern Nazareth, wobei man sich auch da nicht so ganz sicher ist, weil die Bibel widersprüchliche Angaben macht. »Der Wohnsitz der Familie Jesu ist bei Matthäus Bethlehem, bei Lukas Nazareth«, erläutert Karlheinz Deschner. »Die von Matthäus erzählte Flucht nach Ägypten und der Besuch der Weisen aus dem Morgenland passen nicht zu dem Bericht des Lukas. Die Stammbäume Jesu widersprechen einander krass; ebenso die besonders wichtigen Auferstehungslegenden.«
Man kann fürderhin davon ausgehen, dass die Kindermorde des Herodes nie stattgefunden haben, ebenfalls hat es die Volkszählung nicht gegeben, zumindest nicht in der Zeit von Jesu Geburt. Selbst der Stall, der in der Weihnachtsgeschichte vorkommt, ist wohl nur eine romantische Fantasie, denn davon steht selbst in der Bibel nichts geschrieben: Bei Lukas ist Jesus in einer »Herberge« geboren, Matthäus spricht von einem »Haus«.
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Bibel für Borderliner
Wie sich das Buch der Bücher widerspricht
Büßen Kinder für die Missetaten ihrer Väter?
1. Denn ich, der herr , dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation. (2. Mose, 20,5)
2. Väter sollen nicht für ihre Söhne und Söhne nicht für ihre Väter mit dem Tod bestraft werden. (5. Mose, 24,16)
Wurde der Mensch vor den Tieren erschaffen oder danach?
1. Danach. (1. Mose 1,25-27)
2. Davor. (1. Mose 2,7-20)
Wer tötete Goliath?
1. David (1. Samuel 17,50)
2. Elhanan (2. Samuel 21,19)
Hat Judas Jesus tatsächlich einen Kuss gegeben?
1. Ja. (Matthäus 26,48-50)
2. Nö. Judas war Jesus gar nicht nahe genug, um ihn zu berühren. (Johannes 18,3-12)
Wo hielt sich Jesus zur sechsten Stunde am Tage der Kreuzigung auf?
1. Am Kreuz (Markus 15,25-33)
2. Auf dem Richtstuhl Gabbatha bei Pilatus (Johannes 19,14)
Was waren die letzten Worte von Jesus, als er starb?
1. »Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.« (Lukas 23,46)
2. »Es ist vollbracht!« (Johannes 19,30)
Wie starb Judas?
1. Er erhängte sich an einem Baum. (Matthäus 27,5)
2. Er ist so unglücklich gestürzt, dass er mitten entzweibarst und dabei all seine Eingeweide herausgefallen sind. (Apg 1,18)
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A uch dass Jesus das berühmteste Kuckuckskind der Geschichte gewesen sein soll, glaubt heute kaum noch jemand. Like a Virgin , das kauft der Bibel in Zeiten von Frauenknutscherin Madonna keiner mehr ab – doch immerhin jeder sechste Deutsche hält die unbefleckte Empfängnis für möglich. Abgesehen davon, dass die Sache biologisch recht fragwürdig ist, vermuten viele hinter der göttlichen Penetration einen einfachen Fehler bei der Übersetzung der Bibel vom hebräischen Urtext in die damalige Gelehrtensprache Griechisch: Aus der »jungen Frau« in der Urfassung ist in der Übersetzung die »Jungfrau« geworden. »Sie war eine junge Frau. Die Vorstellung Jungfrau, die sich ja nachher sehr weit entwickelt hat, ist eine theologische Aussage«, sagt auch Maria Jepsen, die ehemalige Bischöfin von Hamburg.
Für Protestanten mag das eine verträgliche Ansicht sein, Katholiken fliegen für so einen Spruch direkt aus der Kirche. »Die Jungfrauengeburt ist nicht als historisches Ereignis aus den Texten des Neuen Testaments zu begründen«, sagte der katholische Theologe Eugen Drewermann Anfang der neunziger Jahre. »Jesus ist als Mensch gezeugt und geboren wie jeder andere Mensch auch. Ungewöhnlich war nicht seine Geburt, sondern sein Leben. Um dies zu deuten, haben die ersten Christen die Bilder von der Jungfrauengeburt benutzt, die auf altorientalische Königsvorstellungen zurückgehen. Die Geburtsgeschichten Jesu bei Matthäus und Lukas sind mythennahe Legenden, keine historischen Berichte.« Drewermann wurde vom Priesteramt suspendiert.
»Nicht, was ein Mensch namens Jesus gedacht, gewollt, getan hat, sondern was nach seinem Tode in
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