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Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?

Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?

Titel: Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan;Weiss Bonner
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seinem und unter seinem Namen, aber oft nicht in seinem Sinne, sehr oft gegen seine Intentionen gedacht, gewollt, getan worden ist, hat die christliche Religion und mit ihr die Geschichte des sogenannten christlichen Abendlandes bestimmt.«
    Rudolf Augstein
    Die Experten sind sich auch einig darüber, dass Jesus die meisten Sätze in der Bibel nie wirklich selber gesagt hat und sie ihm vermutlich zugeschrieben wurden. Wie soll man auch nach einem Jahrhundert noch wörtlich aufschreiben, was jemand an einem lauen Sommertag am See Genezareth von sich gegeben hat? Jeder, der einmal »Stille Post« gespielt hat, kennt das Phänomen. Da kommt es bei angeblichen Tatsachenbeschreibungen zu wunderlichen Widersprüchen, wie Karlheinz Deschner zeigt: »Ein Wunder für sich ist in dieser Geschichte der Engel. Die Frauen treffen ihn bei Markus im Grab, bei Matthäus vor dem Grab auf dem weggewälzten Stein. Bei Lukas ist der Engel zunächst weder vor dem Grab noch in demselben, doch kommen dafür gleich zwei Engel. Sie stehen plötzlich neben den Frauen. Auch im vierten Evangelium sind es zwei Engel, allerdings sitzen diese bereits wartend im Grab.« Wer es war, der die Evangelien verfasst hat, ist nicht sicher, allerdings kann man davon ausgehen, dass sie nicht voneinander abgeschrieben haben. In jedem Fall waren es sicher nicht die vier namentlich genannten Evangelisten, sondern vermutlich eine ganze Reihe von Schreibern, die unter diesen Sammelpseudonymen zusammengefasst wurden. Die Evangelien sind also eigentlich eine Art Heftromansammlung im Stil von Jerry Cotton – auch dort erzählen viele verschiedene Autoren, die nicht einzeln namentlich genannt werden, spannende Geschichten über einen Helden, den sie nicht persönlich kennen.
    Historisch korrekte Zeitzeugenberichte darf man also nicht erwarten. Der Markustext entstand um das Jahr 70 herum, der von Johannes nicht vor dem Jahr 100. Jesus war also schon lange tot, und aus seinen Lebzeiten existieren keine schriftlichen Quellen mehr. Rudolf Bultmann, als evangelischer Theologe einer der bedeutendsten Bibelkritiker, kam daher zu dem Schluss: Wir können »vom Leben und von der Persönlichkeit Jesu so gut wie nichts mehr wissen«.
    Auch das Alte Testament steckt voller Sinnwidrigkeiten, und kaum ein Theologe leugnet heute noch die seltsame Vermischung von historischen Halbwahrheiten und Fiktion. So widerlegt Israel Finkelstein, Archäologe an der Uni Tel Aviv, in seinem vielbeachteten Buch Keine Posaunen vor Jericho das grundlegende Setting der biblischen Geschichte. Auch wenn es viele Ortschaften der Bibel nachweislich gegeben habe, wie er schreibt, kommt er zu dem Schluss: »Offensichtlich haben sich viele Ereignisse der biblischen Erzählung nicht in der beschriebenen Zeit oder Weise zugetragen. Einige der berühmtesten Ereignisse haben nie stattgefunden.« Der Auszug aus Ägypten sei in der beschriebenen Form nicht plausibel, und die Reiche David und Salomo waren längst nicht so pompös, wie die Bibel vorgibt, sondern eher »unbedeutende Teile von Randreligionen«.
    Wie Finkelstein glaubt auch manch anderer Bibelkritiker, dass weite Teile des Alten Testaments aus reiner Not erfunden wurden, um den Staat Juda zu retten. Bedroht und eingeschlossen zwischen den damaligen Supermächten Ägypten und Assyrien, habe man angesichts fehlender militärischer Mittel die Rettung in einem metaphysischen Nationalkult gesucht. Die Schlüsselfigur, die den Kult um die Gottheit Jahwe ins Rollen brachte, soll König Josia gewesen sein, der auch in der Bibel die Erlöserfigur gibt. Er nutzte das Wort seines Gottes ganz konkret – einfach indem er mit den gesammelten Verheißungen über sein Volk Machtansprüche zementierte und den Exodus zum Mythos machte: »Jetzt schickte ein junger König in Juda sich an, sich dem großen Pharao entgegenzustellen, und uralte Traditionen aus vielen verschiedenen Quellen wurden zu einem großen umfassenden Epos zusammengeschmiedet, das Josias politische Ziele stützte«, schreibt Finkelstein. Bis dahin war Jahwe wohl nur einer unter vielen Göttern und Götzen gewesen, nun wurde er zum Weltenschöpfer, um ein Glaubensmonopol zu errichten. »Immer deutlicher wird, dass Gottes Wort, das ›Buch der Bücher‹, voller Mogeleien steckt«, schreibt auch der Spiegel. »Eine Gruppe von Fälschern, ›Deuteronomisten‹ genannt, bürsteten Realgeschichte um; sie verzerrten die Wirklichkeit, schafften unbequeme Fakten beiseite und erfanden, nach Art eines

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