Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?
Hollywood-Drehbuchs, die Geschichte vom Gelobten Land.«
»Diese Evangelien kann man nicht behutsam genug lesen.«
Friedrich Nietzsche
Alles gelogen? Eine Erfindung, die einem weltlichen Zweck dient? Blasphemie!, sagen die Kreationisten. Je stärker die Zweifel an der biblischen Wahrheit in die Wirklichkeit eindringen, umso heftiger kämpft die kleine Gruppe von Christen mit radikalen Ansichten um den Erhalt der für sie feststehenden Wahrheit. Sie vertreten eine Art Hardcore-Variante der christlichen Schöpfungslehre, die das Buch Genesis wörtlich nimmt und als Tatsachenbericht ansieht. Einige von ihnen, die »Junge-Erde-Kreationisten«, glauben sogar, dass die Erde nur etwa sechstausend Jahre alt sei. Die Verfechter einer anderen Richtung, des »Intelligent Design«, sehen Gott als intelligenten Schöpfer und einzigen Urheber der Artenvielfalt – für sie ist dies eine wissenschaftliche Theorie.
Bislang waren die streng Bibeltreuen besonders stark in den USA vertreten: Nach einer Untersuchung des Senders ABC glauben sechzig Prozent der Amerikaner, dass Gott die Welt in sechs Tagen erschaffen hat. In der Nähe von Cincinnati gibt es ein Schöpfungsmuseum, das laut Werbung »die Bibel zum Leben erweckt« – und zwar in Form eines disneylandähnlichen Freizeitparks. Auch hier wird behauptet, die Erde sei nach kosmischen Maßstäben gerade erst gestern entstanden und Kinder hätten früher mit Dinosauriern gespielt. Das Museum stellt auch Veggie-Raptoren vor, deren messerscharfe Zähne natürlich nur zum Knacken besonders harter Nüsse im Paradies da waren. Es wird »erklärt«, woher die Fluten kamen, vor denen Gott Noah errettet hat, und wie der Mann es schaffte, die Tierpärchen auf die Arche zu lotsen. Der Grand Canyon dient als Beweis für die Sintflut, schließlich ist er doch so schön vom Wasser geformt worden. Weitere Museen, die sich dem gleichen Unsinn verschrieben haben, finden sich in Texas, Florida, South Dakota und an vielen anderen Orten.
Von Nordamerika aus schwappte diese Sintflut auch nach Europa hinüber: Nach dem Expertenbericht des Europarates Die Gefahren des Kreationismus in der Erziehung von 2007 gab es in vielen europäischen Ländern bereits Bestrebungen, die Schöpfungslehre mehr in den Mittelpunkt zu rücken und an Darwins Ast zu sägen. So wurde in Italien 2004 von der damaligen Ministerin Letizia Moratti per Reform die Evolutionstheorie aus Grundschulen verbannt, der einst stellvertretende polnische Bildungsminister Miroslaw Orzechowski äußerte 2006 öffentlich, dass er Darwins Theorie für eine Lüge hielte, und in Großbritannien fand 2006 ein dreitägiger internationaler Kreationismus-Kongress statt. In der Schweiz trommelt der Verein Pro Genesis noch immer für eine göttliche Entstehung der Erde, und in Deutschland sind die Kreationisten ebenfalls nicht untätig: In Berlin oder München soll ein deutscher Erlebnispark gebaut werden, »Genesis-Land, der Schöpfungsthemenpark« – zuletzt plante man einen christlichen Themenpark auch auf Mallorca.
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Nehmen Sie den Herrn doch mal beim Wort!
Denksport mit dem Buch der Bücher
1) Wenn Adam und Eva die allerersten Menschen waren und Kain und Abel ihre Kinder – mit wem hat dann Kain eigentlich Kinder gezeugt?
2) Wenn Gott angeblich unsichtbar ist und laut dem zweiten Buch Mose jeder sterben muss, der ihn sieht, warum haben dann Jakob und Mose, die »Gott von Angesicht« gesehen haben, überlebt?
3) Wenn Jesus ein Teil der Dreifaltigkeit und damit auch Gott ist – warum betet er dann in seiner Verzweiflung vor seiner Festnahme zu Gott, also zu sich selbst?
4) Wenn Adam nach dem Genuss der Frucht vom Baum der Erkenntnis eigentlich sterben soll (1. Mose 2,17) , warum wird er danach 930 Jahre alt und zeugt noch eine Menge Kinder (1. Mose 5,5) ?
5) Wenn Gott unveränderlich ist (Maleachi 3,6) , weshalb ist er dann so anders im zweiten Teil des Buches?
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H ierzulande stellt die Studiengemeinschaft Wort und Wissen Fragen wie »Passten alle Tiere in die Arche Noah?«, »Stammt der Mensch vom Adam ab?« und »Sind Gottes Spuren in der Schöpfung verwischt?«. Reinhard Junker lernte den Verein während seines Referendariats kennen. »In dieser Zeit habe ich mich mit dem Thema Evolution kritisch auseinandergesetzt«, sagt er. Heute ist Junker Geschäftsführer von Wort und Wissen. Zusammen mit Siegfried Scherer schrieb er Evolution – ein kritisches Lehrbuch , das sich an »Schüler und kritische Laien«
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