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Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?

Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?

Titel: Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan;Weiss Bonner
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richtet. Junker, der seinen Glauben in der Evangelischen Landeskirche lebt, möchte mit seinen Lehrmaterialien über das Schöpfungsmodell im Unterricht von Privatschulen, aber auch öffentlichen Schulen »neue Akzente setzen«. »Grundsätzlich ist es uns ein Anliegen, die Glaubwürdigkeit der biblischen Schilderungen herauszustellen. Wir glauben, dass Gott durch sein schöpferisches Wort die Lebewesen als Grundtypen hervorgebracht hat, diese sind nicht durch Naturprozesse entstanden«, sagt er. »Die Bibel enthält großenteils historische Texte und diese sollten nicht im Nachhinein bildhaft gedeutet werden.«
    »Die Gottheit lässt sich nicht photographieren. Die Wissenschaft bedauert dies sehr.«
    Emil Nolde
    Unterwandern die Kreationisten mit dieser Meinungsmache Deutschland? Ja, so der Tenor der ARTE-Dokumentation Von Göttern und Designern . Das Filmteam besuchte unter anderem die August-Hermann-Francke-Schule, eine christliche Privatschule in Gießen, die Intelligent Design lehrt. Der ehemalige Schüler Jakobus Gäth liest vor der Kamera aus einem Test vor, in dem davon die Rede ist, dass Noah höchstens siebzehntausend Wirbeltiere auf seiner Arche mitnehmen musste, dass die Arten von Gott alle einzeln erschaffen wurden und die Kontinentalverschiebung erst nach der Sintflut eingesetzt hätte. Das Lehrmaterial, auf dem dieser Test basiert, ist das »kritische Lehrbuch« von Junker und Scherer. Politiker wie Dieter Althaus und Annette Schavan waren sogar dafür, den Kreationisten eine Plattform zu geben, um eine Debatte über ihre verblüffend abstrusen Theorien zu führen.
    Auch die private Georg-Müller-Schule in Bielefeld unterrichtet nach dem Prinzip Christi. Auf ihrer Website macht sie sehr deutlich, woran sich ihr Unterricht orientiert: »Einzige Autorität und Richtschnur für Leben und Lehre ist die Bibel, das zuverlässige und wahrhaftige Wort Gottes. Sie ist Wahrheit (Joh. 17,17) und zuverlässig (1. Tim. 4, 9 + 10). Wir halten an der durch den Heiligen Geist gegebenen Inspiration des Urtextes der Bibel fest (2. Tim. 3, 16). Von liberaler Theologie und der Betrachtungsweise der historisch-kritischen Methode grenzen wir uns deutlich ab. Wir sind davon überzeugt, dass die Bibel die vollständige Botschaft Gottes an uns Menschen ist, so dass keine weiteren Prophetien notwendig sind.«
    Derzeit wird das Schöpfungsmodell parallel zur Evolutionsbiologie an etwa siebzig christlichen Bekenntnisschulen in Deutschland unterrichtet, wie ein Beitrag des Kulturjournal 2009 herausfand. »Mir tun die Kinder leid, denn sie müssen ja eine Art von Schizophrenie lernen«, sagt Evolutionsbiologe Thomas Junker. »Sie müssen im Biologieunterricht etwas lernen über biologische Grundprinzipien, und gleichzeitig müssen sie etwas lernen, was dem vollkommen widerspricht.«

    Auch eine öffentliche Schule in Gießen, die Liebigschule, beherbergt mit Wolfgang Meyer einen Biologielehrer, der dem Schöpfungsmodell anhängt. In dem Beitrag sagt er, dass er seinen Schülern beide »Modelle« vorstellt, sowohl Schöpfung als auch Evolution. »Die Schüler lernen sehr schnell, dass die Aussagen, wie sie in den Schulbüchern drinstehen, durchaus hinterfragt werden können.«
    Weitere Verbreitung finden die kreationistischen Gedanken durch Bibelschulen wie das Martin-Bucer-Seminar. Ron Kubsch, Dozent am mbs , sagt offen: »Ich bin gegenüber einigen Ansprüchen der Evolutionstheorie skeptisch. Immerhin gibt es missing links , und die Schwächen der Theorie sind offensichtlich.« Er ist überzeugt, dass der Mensch unfrei ist, aus sich selbst heraus das Gute zu tun und meint, dass wir ohne Religion nicht leben können, weil wir immer nach Transzendenz streben werden. Die Evangelien sind für ihn »lebensbejahend und freimachend«. Auch der mbs -Schüler Daniel Dangendorf sagt, dass »ein empirischer Beweis für die Entstehung des Lebens bis dato fehlt. Eine atheistisch verabsolutierte Evolutionslehre, die auf den Schöpfer verzichtet, widerspricht der christlichen Lehre.« Für Wissenschaftler wie Thomas Junker mögen die kreationistischen Ideen einfach »haarsträubender Unsinn« sein. Doch auch das Intelligent Design gehorcht dem Gesetz der Gebetsmühle – oft genug wiederholt, zeigen auch solche Worte Wirkung: Der Dortmunder Biologiedidaktiker Dittmar Graf stellte in einer Befragung unter Studienanfängern, an der über eintausendzweihundert Studierende teilnahmen, fest, dass 7,7 Prozent der ehemaligen

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