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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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das Glas. »Also auf eine sichere Rückkehr.«
    »Das soll Unglück bringen.« Sie hob ihr Glas nicht. »Sie waren wirklich lange weg, nicht wahr?«
    »Eine ganze Weile.«
    »Macht es Ihnen was aus, darüber zu reden?«
    »Nicht, wenn wir uns setzen.«
    Die Möbel waren billig und passten sich nicht mal automatisch den Körperformen an. Ich ließ mich vorsichtig in einen Sessel sinken. Die Wunde in meiner Seite schien langsam abzuheilen, soweit Synthetikfleisch das überhaupt tat.
    »Also.« Sie setzte sich mir gegenüber und strich sich das Haar aus dem Gesicht. Ein paar dickere Strähnen wanden sich und knisterten leise zwischen ihren Fingern. »Wie lange waren Sie weg?«
    »Etwa dreißig Jahre.«
    »Schon vor den Bärten, was?«
    Plötzliche Verbitterung. »Vor diesem richtigen Mist, ja. Aber ich habe das Gleiche an vielen anderen Orten gesehen. Sharya. Latimer. Teile von Adoracion.«
    »Oh. Man höre sich diese Namen an!«
    Ich zuckte die Achseln. »Dort bin ich nun mal gewesen.«
    Hinter Sylvia faltete sich eine Innentür quietschend auf, und eine zierliche Frau in einem leichten schwarzen, hautengen und halb offenen Polmetall-Overall betrat gähnend das Zimmer. Als sie mich bemerkte, legte sie den Kopf schief, trat näher, stützte sich auf Sylvies Rückenlehne und musterte mich mit unverhohlener Neugier. In ihr stoppelkurzes Haar waren Kanji-Zeichen rasiert.
    »Gesellschaft?«
    »Schön, dass du dir endlich diese Sichtverstärkung besorgt hast.«
    »Halt die Klappe.« Gedankenverloren spielte sie mit dick lackierten Fingernägeln in Sylvies Haar und grinste, als die Strähnen ihrer Berührung knisternd auswichen.
    »Wer ist das? Ein bisschen spät für Landurlaubsromanzen, oder?«
    »Das ist Micky. Micky, darf ich dir Jadwiga vorstellen?« Die zierliche Frau verzog das Gesicht, als ihr Name erklang und formte mit den Lippen die Silbe Jad. »Jad. Wir ficken nicht. Er übernachtet hier nur.«
    Jadwiga nickte und wandte sich ab – offenbar hatte sie auf einen Schlag jegliches Interesse an mir verloren. Die Kanji-Zeichen auf ihrer Schädelrückseite verkündeten: Schieß bloß nicht daneben. »Haben wir noch Schauder übrig?«
    »Ich dachte, du und Las hätten gestern Abend den Rest eingeschmissen.«
    »Du meinst alles?«
    »Gott im Himmel! Es war nicht meine Party, Jad. Schau mal in der Schachtel am Fenster nach.«
    Jadwiga tänzelte mit klappernden Absätzen zum Fenster und drehte die Schachtel um. Ein kleines Glasröhrchen fiel ihr in die geöffnete Hand. Sie hielt es gegen das Licht und schüttelte es, sodass die Pfütze blassroter Flüssigkeit darin umherschwappte.
    »Nun ja«, sagte sie nachdenklich, »genug für ein paar Blinzler. Normalerweise würde ich euch auch was anbieten, aber…«
    »Aber stattdessen haust du dir lieber alles selbst rein«, prophezeite Sylvie. »Die gute alte Newpest-Gastfreundschaft. Immer wieder verblüffend.«
    »Du Schlampe musst grad reden«, erwiderte Jadwiga gelangweilt. »Wie oft lässt du uns denn in deine Mähne einklinken, wenn es nicht gerade für einen Auftrag ist?«
    »Das ist nicht das Gl…«
    »Nein, es ist besser. Für ein Kind von Entsagenden bist du verdammt knauserig mit deinen Kapazitäten. Kiyoka sagt…«
    »Kiyoka hat kein…«
    »Leute, Leute.« Meine Versuche, ihre Aufmerksamkeit zu erregen, zerrissen schließlich das immer straffer werdende Band der Feindseligkeit, das Jadwiga quer durch den Raum Richtung Sylvie zerrte, immer ein paar angespannte Schritte auf einmal. »Ist schon in Ordnung. Ich vertrage im Moment sowieso keine Drogen.«
    Jads Miene hellte sich auf. »Na bitte«, sagte sie zu Sylvie.
    »Aber ich wäre verdammt dankbar, wenn Orr mir ein paar von seinen Endorphinen abgibt, sobald er raufkommt.«
    Sylvie nickte, ohne den Blick von ihrer Kollegin abzuwenden. Offensichtlich war sie immer noch verärgert, entweder über Jadwigas Bruch der Etikette oder darüber, dass ihre Entsagenden-Familiengeschichte zur Sprache gekommen war. Ich konnte nicht sagen, was von beidem zutraf.
    »Orr hat Endorphine?«, wollte Jadwiga wissen.
    »Ja«, antwortete Sylvie. »Er ist unten. Lässt sich aufschneiden.«
    Jad lachte abfällig. »Ein abgekacktes Modeopfer. Der lernt es nie.« Sie ließ eine Hand in ihren halboffenen Overall gleiten und holte eine Augenspritze hervor. Mit offenbar geübten Fingern schraubte sie das Gerät auf das Ende des Röhrchens, legte den Kopf in den Nacken, zog mit dem gleichen automatischen Geschick die Lider eines Auges auseinander

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